Eine neue Roadmap des Fraunhofer ISI befasst sich mit alternativen Batterietechnologien für den Zeitraum bis 2045. Deren technologiespezifische Vorteile, zukünftige Anwendungsgebiete, Märkte und Lieferketten werden darin genauso analysiert wie die Position Europas, die Kosten sowie die industrielle Skalierbarkeit. Auch zeigt die Roadmap Handlungsfelder für die EU und Deutschland im Hinblick auf Technologiesouveränität auf.
Aufgrund ihres breiten Einsatzspektrums in Elektro-Pkw oder Elektro-Lkw sowie in stationären und mobilen Endgeräten stellen Lithium-Ionen-Batterien (kurz LIB) aktuell die auf dem Markt dominierende Batterietechnologie dar. Im Jahr 2023 wird die globale Marktnachfrage voraussichtlich eine Kapazität von fast einer TWh erreicht haben, schätzt das Fraunhofer Institut ISI. Aufgrund der zunehmenden Marktdurchdringung von Elektrofahrzeugen werde die Batterie-Nachfrage weiterhin deutlich steigen und sich vervielfachen.
Bei den derzeit international entstehenden Batterie-Ökosystemen spielen neben der Wettbewerbsfähigkeit besonders Fragen der geopolitischen Abhängigkeiten und damit der Produktionsstandorte, Lieferbeziehungen und schließlich der technologischen Souveränität eine zentrale Rolle. In Deutschland und Europa bestehen laut der Roadmap noch etliche Herausforderungen, wie die Verringerung von Rohstoffabhängigkeiten, die Sicherung des Zugangs zu Batteriezellen und vorgelagerten Lieferketten sowie Anstrengungen zur Senkung des Ressourcenverbrauchs bis hin zum Aufbau einer Recyclingwirtschaft. Dabei stellt sich auch die Frage, ob und welche alternativen Batterietechnologien helfen könnten, die genannten Abhängigkeiten im Kontext der zukünftig steigenden Bedarfe zu verringern und zugleich ökonomische, ökologische oder technologische Vorteile gegenüber den dominierenden LIBs zu erzielen.

Alternative Batterietechnologien bieten hohes Potenzial
Die Roadmap beantwortet eine Reihe von Fragen, die sich aktuell mit Blick auf alternative Batterietechnologien stellen – etwa, welche technologischen Vorteile alternative Batterietechnologien haben. Viele alternative Batterietypen wie Metall-Ionen- (zum Beispiel Natrium-Ionen- oder Zink-Ionen-Batterien) oder Metall-Luft-Batterien (zum Beispiel Zink-Luft-Batterien) böten hohes Potenzial für mehr Nachhaltigkeit, geringere Kosten oder weniger Ressourcenverbrauch, weisen aber teilweise auch Nachteile wie eine geringere Energiedichte oder eine geringe Technologiereife auf, so die Studienautoren. Metall-Schwefel-Batterien können laut der Roadmap eine höhere Energiedichte besitzen und ihre Kosten dürften aufgrund der niedrigen Schwefel-Kosten pro kWh voraussichtlich deutlich geringer als die der LIBs ausfallen. Redox-Flow-Batterien, allgemeiner auch Flüssigbatterie oder Nasszelle genannt, sind bereits auf dem Markt verfügbar, müssen sich aber in Punkto Kosten und CO2-Fußabdruck noch verbessern.
Für mobile Anwendungen stehen Natrium-Ionen-Batterien kurz vor der weitreichenden Kommerzialisierung, erste Natrium-Ionen-Batterien werden bereits bei elektrischen Zweirädern und Kleinwagen eingesetzt. Lithium-Schwefel-Batterien könnten ab 2035 in größeren Drohnen und ab 2040 sogar in weiteren elektrischen Fluggeräten zum Einsatz kommen, heißt es in der Roadmap. Bei stationären Anwendungen seien die Anforderungen zum Beispiel an die Energiedichte geringer, hier könnten teilweise schon auf dem Markt verfügbare Speichersysteme wie Redox-Flow-Batterien, Salzwasser- oder Natrium-Schwefel-Hochtemperatur-Batterien in naher Zukunft relevanter werden – genau wie Natrium-Ionen-Batterien, die sich durch eine gute Ressourcenverfügbarkeit, Sicherheit und Tiefentladefähigkeit auszeichnen oder auch Zink- oder Aluminium-Ionen-Batterien.
Aufgrund ihrer geringeren Energiedichte gegenüber LIB benötigen einige vielversprechende alternative Batterietechnologien zwar größere Mengen an Rohstoffen, um die gleiche Speicherkapazität zu erzielen. Viele der nicht auf Lithium basierenden Technologien brauchen dafür jedoch weniger kritische Rohstoffe als LIBs, so das Ergebnis der Studie. Mangels großer Anwendungsgebiete und Märkte werde die Produktion und Versorgung mit Lithium, Nickel und Kobalt dennoch vorerst kritisch bleiben – „insbesondere in den nächsten fünf bis zehn Jahren“, heißt es weiter.

„LIBs werden auch weiterhin den Markt dominieren“
Weiter stellt sich die Frage: Sind alternative Batterietechnologien absehbar, die ähnlich wie LIBs produzier- und skalierbar sind? Metall-Ionen Batterien, die nicht zu den LIB zählen, seien hier im kommenden Jahrzehnt vielversprechend, weil ihre Produktionsschritte denen von LIB sehr ähnlich sind. Bestehende Produktionstechnologien und -umgebungen könnten direkt genutzt (Drop-in-Technologien) oder müssten nur begrenzt angepasst werden. Obwohl alternative Batterietechnologien potenziell niedrigere Materialkosten als LIBs aufweisen, dürften ihre Zellkosten aufgrund des geringen Produktionsumfangs anfangs höher liegen. Eine Skalierung der Produktion bringe erhebliche Kostenvorteile mit sich, wofür aber ausreichend große Märkte und Anwendungen im GWh-Maßstab notwendig sind.
Patent- und Publikationsanalysen zeigen, dass die EU-Länder zum Beispiel bei Redox-Flow-Batterien, Lithium-Luft- oder Aluminium-Ionen-Batterien besser aufgestellt sind als derzeit bei LIB – Japan und China bleiben hier aber führend. Bei einigen alternativen Batterietechnologien weisen die EU-Länder eine hohe Dynamik mit jährlichen Wachstumsraten zwischen zehn und 50 Prozent auf, bei LIB betrage das Wachstum etwa 10 Prozent, so die Fraunhofer-Experten.
Dr. Annegret Stephan, wissenschaftliche Koordinatorin der Roadmap am Fraunhofer ISI, weist zudem auf den Unterstützungsbedarf seitens der Politik hin, um das Potenzial alternativer Batterietechnologien zu erschließen: „Gerade in der Anfangsphase, in der die zukünftige Marktentwicklung noch ungewiss ist, können Anreize für die Industrie hilfreich sein. Ein ganzheitlicher politischer Ansatz, der die gesamte Lieferkette, die Grundlagenforschung zu technologiespezifischen Fragen, Patenten, Produktionsprozessen, die Sicherung von Ressourcen und die Perspektiven von Endnutzenden berücksichtigt, ist hier essentiell. Dieser Ansatz sollte neben großen Unternehmen auch KMU und Start-ups einbeziehen.“
Laut den Studienautoren sei ein solch ganzheitlicher Ansatz jedoch mit hohen Kosten und Risiken verbunden und kann daher nur auf eine begrenzte Anzahl von Technologien angewendet werden. Systematische und regelmäßige Screening-Prozesse für die Auswahl von Schlüsseltechnologien sowie Kriterien für eine mögliche Beendigung der Förderung seien dabei besonders wichtig.
Das Autorenteam der Roadmap zieht folgendes Fazit: „LIB werden auch weiterhin den Markt dominieren, ausgewählte alternative Batterietechnologien können aber in bestimmten Märkten und Anwendungen eine Entlastung von Rohstoff-, Produktions- und Lieferabhängigkeiten schaffen und damit zur Technologiesouveränität beitragen – dafür sind aber weitere Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung in Deutschland sowie der EU notwendig und lohnenswert.“
Quelle: Fraunhofer ISI – Gibt es Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie? Neue Roadmap skizziert Einsatzfelder, Märkte, Kosten und Herausforderungen für alternative Batterietechnologien
LIB hätte man einmal am Anfang des Artikels erklären müssen. Zumal es verwirrt, wenn im Plural ein s angehängt wird. Lithium Ionen Battery ist eine amerikanische Abkürzung, die man nicht verdeutschen sollte. Aber selbst wenn, kommt kein s daran. Auch wenn man deutsche Abkürzungen wie KMU wählt, ist der Plural nicht KMUs. Unternehmens. Ja, ich weiß, das hat die Dame von Fraunhofer gesagt.
In der Sache selber erfährt man keine Neuigkeiten. Das liegt aber daran, dass es keine gibt. Die Entwicklung z.B. der Natrium-Ionen Zelle ist aktuell keinesfalls so vielversprechend wie einige das gerne hätten.
Das Thema ist für die Energiewende, bzw. für unsere Zukunft sehr wichtig, insbesondere weil die Versorgung mit gewissen Materialien (u.a. Lithium, Kobalt, Nickel) der kritische Pfad für die komplette Dekarbonisierung des Verkehrs ist. Daher:
Task 1: Ausweitung der Lieferbeziehungen auf viele und auch weniger riskante Lieferanten, auch wenn es mal 10% mehr kostet. Vielleicht muss der Staat diese 10% Aufpreis bezahlen.
Task 2: In stationären Anwendungen auf Technologien mit weniger kritischen Materialien umsteigen, auch wenn diese etwas schwerer sind. Hausspeicher im Keller und grössere Batteriespeicher zur Regulierung des Stromnetzes müssen nicht mit LIB oder anderen Technologien mit raren Materialien ausgerüstet werden. Mittelfristig sind hier wohl verschiedene Redox-Flow-Technologien am sinnvollsten.
Task 3: Elektrischer Langstrecken-Verkehr (nebst der elektrifizierten Eisenbahn) braucht nur für ca. 100km Batterien, der Rest kann effizienter und ressourcen-schonender mit H2-Brennstoffzellen geliefert werden. So können mit der gleichen Menge Akkus mindestens viermal so viele Elektro-Fahrzeuge auf die Strasse gebracht werden.
In diesem Artikel wird leider immer nur das Kriterium der Energiedichte erwähnt. Es gibt da aber noch viele andere Kriterien die ebenso oder sogar noch wichtiger sind. Besonders wenn man von Fahrzeugakkus spricht. Eine ganz wichtige Sache ist die Langlebigkeit. Eine weitere die Ladefähigkeit. Und nicht zuletzt das Temperaturverhalten. Dann wie lässt sich so ein Akku recyceln. Oder wie ist es mit der Umweltverträglichkeit. Sich nur auf die Energiedichte zu konzentrieren ist grundfalsch finde ich.