Energieversorger beim Aufbau von Elektroauto-Ladeinfrastruktur zurückhaltend

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Auch Energieversorgungs-Unternehmen (EVU) wollen vom Trend zur Elektromobilität profitieren: Fast drei Viertel sind bereits im Bereich Elektromobilität aktiv, zeigt eine aktuelle Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter 184 deutschen und österreichischen EVU.

Das Engagement steht im Einklang mit einer klaren Prognose: Rund 95 Prozent der Befragten erwarten, dass die Bedeutung für ihr Unternehmen und ihre Branche wächst. Allerdings hat die eindeutige Prognose vielerorts noch nicht zu entsprechend entschlossenem Handeln geführt, so Henry Otto, Partner und Leiter Beratung Energiewirtschaft bei PwC Deutschland:

„Einerseits messen Verantwortliche der Elektromobilität hohe Bedeutung zu – andererseits engagieren sich viele nur verhalten und haben noch keine konsistenten Strategien entwickelt.“ – Henry Otto, Partner und Leiter Beratung Energiewirtschaft bei PwC Deutschland

Entsprechend glaubt etwa die Hälfte der Befragten, dass Wettbewerber einen Vorsprung im Bereich Elektromobilität haben. Klarer Schwerpunkt der Aktivitäten von EVU ist der Aufbau und Betrieb öffentlicher Ladeinfrastruktur: Drei Viertel der Befragten sind in diesem Segment aktiv. Das gilt für Versorger in städtischen und ländlichen Gebieten gleichermaßen – und ist deshalb eine grundsätzlich gute Nachricht für Elektroautokäufer jenseits der Ballungsräume. „Energieversorger investieren auch in Regionen, in denen sich andere Marktteilnehmer bislang eher zurückhalten. Damit tragen sie dazu bei, dass sich die Ladeinfrastruktur flächendeckend verbessert“, so Otto.

Allerdings zeigt die Studie auch, dass sich viele EVU mit ersten Erfahrungen und Imageprojekten zufriedengeben. Etwa die Hälfte der Befragten hat maximal fünf Ladesäulen in Betrieb. Rund 60 Prozent der EVU planen keine weiteren Investitionen oder wollen maximal 100.000 Euro investieren. Diese Zahl muss man laut Henry Otto zwar einordnen: „Für 100.000 Euro Summe bekommt ein EVU immerhin rund 20 Ladesäulen. Für viele kleine Unternehmen kann das aber ein bedeutender Teil der zur Verfügung stehenden Investitionsmittel sein. Das muss sich dann auch rentieren.“ Trotzdem ist die Bereitschaft für weitere Investitionen insgesamt nicht besonders hoch.

Niedrige Gewinnaussichten schrecken ab

Befragte, die der Elektromobilität skeptisch gegenüberstehen, begründen dies häufig mit niedrigen Gewinnaussichten (80 Prozent) oder einem zu geringen Marktvolumen (60 Prozent). Und auch abseits der Ladeinfrastruktur sind Aktivitäten rund um Elektromobilität bislang überschaubar: So beschäftigen sich knapp vier von zehn deutschen EVU mit Datenmanagement und Abrechnungen. Bei sogenannten „Smart Services“ – also zum Beispiel Apps, die Fahrer zur nächsten Ladesäule lotsen – und beim Elektroauto-Sharing sind die Quoten mit 23 beziehungsweise 15 Prozent sogar noch deutlich niedriger.

Aus Sicht der PwC-Experten könnten jedoch EVU als Betreiber der Verteilnetze und durch ihren Kontakt zu vielen Endkunden ein echter Treiber der Elektromobilität sein. Um diese eigentlich gute Ausgangslage zu nutzen, müsste das derzeitige Regulierungsregime aber weiterentwickelt werden. „Der Aufbau von Ladeinfrastruktur in größerem Umfang ist unter den derzeitigen Bedingungen oft nicht rentabel“, so Henry Otto. Durch einen pragmatischeren Einsatz der Fördermittel oder die Übertragung entstehender Kosten auf die Netzentgelte könnten auch die Ziele der Bundesregierung erreichbar werden, denn: Den 100.000 zusätzlichen Ladepunkten, die in Deutschland bis 2020 errichtet werden sollen, stehen aktuell gerade einmal bereits errichtete 7000 Normalladestationen und 1600 Schnellladepunkte gegenüber.

Die Österreicher expandieren entschlossener

Einen Schritt weiter sind die befragten österreichischen Versorger: Sie expandieren deutlich entschlossener ins Geschäft mit der Elektromobilität als ihre deutschen Pendants. So betreiben rund drei Viertel von ihnen bereits mehr als 50 Ladesäulen. Auch bei innovativen Dienstleistungen wie „Smart Services“ oder dem Elektroauto-Sharing sind sie weitaus aktiver.

Quelle: PwC – Pressemeldung vom 13.06.2018

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Gunter:

zum Thema „Lade-Infrastruktur“ möchte ich hier einen Kommentar von einer amerikanischen Webseite wiedergeben :
„My fear is that an ineffective public charging infrastructure will be built in order to try to meet an unrealistic expectation that EV charging has to behave exactly like fueling an ICE. That fundamentally there would be absolutely no change on the part of the drivers‘ behavior before BEVs would be accepted. The problem with this approach is that it’ll require a way overbuilt infrastructure both in terms of charge stations and in terms of batteries for EVs to support that expectation.
So there has to be education in terms of how charging is actually done and when. Of course there needs to be a foundation of long term home/work charging. And I have no issue with a widely deployed fast travel charging network such as Electrify America’s, EVGo, and Tesla SC Network, which are needed to facilitate long distance travel. But it is absolutely essential to inform the public, policy makers, and infrastructure builders that a medium speed DCFC deployment in virtually every situation where people park cars has to be the backbone of an everyday use public EV charging infrastructure. And it simply doesn’t exists. It concerns me greatly because without it, adoption is going to be slowed due to lack of access and excessive cost trying to match gas refilling.“ (ICE = Benzinauto , BEV = Batterie Elektro Fahrzeug)

Gunter:

Ist vielleicht auch verständlich, dass sich die EVU’s bei der Beteiligung beim Aufbau der Ladeinfrastruktur angesichts geringer Gewinnaussichten zurückhalten. Das gilt jedoch auch für andere potentielle Betreiber wie z.B Shopping center, Parkhäuser. Da müssten geeignete Incentive geschaffen werden oder Gesetze.
Ausserdem kommen auf die EVU’s grosse Herausforderungen zu wie z.B. erneuerbare Energien, Energiespeicherung, dezentrale Energieerzeugung.
Zudem ist ja noch nicht einmal richtig klar, wo und wieviele Ladestationen benötigt werden.

Strauss:

Vielen reicht offenbar immer noch nicht das Vorbild von TESLA wie man die flächendeckende Ladestruktur aufbauen muss.

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