E-Lkw: Neue Fallstudien zeigen Lösungen für Fernverkehr und Depots

E-Lkw: Neue Fallstudien zeigen Lösungen für Fernverkehr und Depots
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Mercedes-Benz Trucks

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Zwei neue Fallstudien des Öko-Instituts kommen zu dem Ergebnis, dass die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs grundsätzlich technisch machbar ist – sowohl im Fernverkehr als auch bei der vollständigen Elektrifizierung großer Lkw-Depots. Die Analysen stellen zugleich fest, dass dafür die Ladeinfrastruktur und betriebliche Prozesse gezielt weiterentwickelt werden müssen. Auf Basis realer Tourenprofile, modellierter Einsatzszenarien und Daten aus der Logistikpraxis geben die Studien konkrete Einblicke in Herausforderungen und Lösungswege für Unternehmen.

Beide Analysen entstanden im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitforschung ELV-Live und wurden mit den Praxispartnern Rigterink Logistikgruppe und Dachser für realitätsnahe Bedingungen erarbeitet. Sie beleuchten zwei zentrale Aspekte der Transformation: den praktischen Einsatz von Elektro-Lkw im Fernverkehr und die umfassende Elektrifizierung großer Fuhrparks.

Elektrische Lkw im Fernverkehr: zuverlässiger Einsatz möglich – Ladeinfrastruktur entscheidend

Die Fernverkehrsstudie basiert auf 23 realen Tagestouren der Rigterink Logistikgruppe und drei detailliert analysierten Beispielrouten. Aktuelle E-Lkw mit einer Batteriekapazität von rund 600 Kilowattstunden erreichen Reichweiten von 500 bis 600 Kilometern. Damit lassen sich mehr als die Hälfte der untersuchten Fernverkehrstouren bereits ohne Zwischenladen bewältigen. Rund 40 Prozent der untersuchten Fahrten benötigen unterwegs zusätzliche Energie, jedoch meist nur in geringer Menge. Dieses Zwischenladen kann in der Regel gut in die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen integriert werden, sofern geeignete Lkw-taugliche Ladepunkte zur Verfügung stehen.

Als kritischster Faktor erweist sich demnach das Nachtladen: 87 Prozent der Fahrzeuge erreichen nachts kein Unternehmensdepot, während öffentliche Ladepunkte vielfach zu weit entfernt liegen oder baulich nicht geeignet sind. Dadurch drohen Konflikte mit den gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, wenn lange Umwege zum nächsten verfügbaren Ladepunkt erforderlich werden.

Elektrifizierung großer Depots: technisch machbar – aber mit erheblichen betrieblichen Anpassungen

Die zweite Fallstudie untersucht die potenzielle Vollelektrifizierung einer Dachser-Niederlassung mit rund 250 Fahrzeugen. Ohne Lademanagement würden beim gleichzeitigen Laden der Fahrzeuge nach ihrer Rückkehr ins Depot Lastspitzen von 22 bis 27 Megawatt (MW) auftreten, was einem Vielfachen der am Standort geplanten Netzanschlussleistung entspricht.

Durch zeitversetztes und standzeitbasiertes Laden könnte der Spitzenbedarf allerdings auf 4,3 MW gesenkt werden. Durch den Einsatz eines Batteriespeichers schrumpft er weiter auf 3,8 MW. Unter günstigen Standortvoraussetzungen ist die Elektrifizierung somit technisch grundsätzlich möglich.

Gleichzeitig bleiben betriebliche Herausforderungen bestehen: Viele notwendige Anpassungen – darunter häufiges Umparken, neue Abläufe, Priorisierungslogiken und die Integration in IT-Systeme – sind erforderlich und müssen im Praxischeck im Detail bewertet werden. Zudem hängt die technische und organisatorische Umsetzbarkeit einzelner Maßnahmen stark vom jeweiligen Standort ab. Die Autor:innen betonen, dass vertiefende Analysen notwendig seien, etwa zu den Kosten für die Ladeinfrastruktur, zu den Mehrkosten und der Machbarkeit der Veränderung in betrieblichen Abläufen, dem Netzanschluss, zu stationären Speichern oder Umbauten.

Trotz dieser Einschränkungen zeigt die Analyse einen klaren möglichen Transformationspfad auf. Der stv. Bereichsleiter Ressourcen & Mobilität Florian Hacker fasst zusammen, dass eine vollständige Elektrifizierung großer Depotflotten grundsätzlich technisch möglich sei – jedoch nicht „nebenbei“. Unternehmen benötigen realistische Planungsgrundlagen, deutlich veränderte betriebliche Prozesse, Kostentransparenz und eine enge Zusammenarbeit mit Netzbetreibern sowie die Unterstützung weiterer zentraler Akteure bei der Transformation. „Wenn diese Bausteine zusammenkommen, kann dieser tiefgreifende Wandel gelingen.“

Quelle: Öko-Institut – Pressemitteilung vom 18.12.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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