Deutschlandnetz an der Autobahn: „Es entstehen Ladeplätze zweiter Klasse“

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Es regt sich harsche Kritik an den Ausschreibungsformalitäten zum „Deutschlandnetz“, konkret den Standorten entlang der Autobahnen und hier im speziellen den unbewirtschafteten Rastanlagen des Bundes, an denen – wenn überhaupt – meist nur ein Toilettenhaus und ansonsten keinerlei aufwertende Infrastruktur vorhanden ist.

Ladesäulenbetreiber, welche sich im Rahmen der Ausschreibung für einige dieser insgesamt gut 200 unbewirtschafteten Rastanlagen beworben haben, stehen nun vor einem Dilemma: Sie würden diese Standorte gerne aufwerten, mit Shops, Gastronomie und weiteren Annehmlichkeiten, damit sich E-Fahrer während des Ladevorgangs dort aufhalten und etwas zu sich nehmen können. Den Aufbau würden die Unternehmen auf eigene Kosten durchführen. Das Problem: Sie dürfen nicht.

Die Autobahn GmbH, die für den Bund die Ausschreibung durchführt, schließt eine Bewirtschaftung dieser Rastplätze explizit aus, wie das Handelsblatt berichtet. Das Skurrile daran: An den anderen Ladesäulen des Deutschlandnetzes abseits der Autobahnen gelten komplett gegensätzliche Bedingungen. Dort sei die Standortgestaltung ein Vergabevorteil und maßgebliches Auswahlkriterium: Unternehmen müssen für die ländlichen Standorte abseits der Fernstraßen sogar Konzepte entwerfen, wie sie auf eigene Kosten für Toiletten, Gastronomie oder Shops sorgen wollen.

„Hier wird eine Chance verpasst“

Ulf Schulte, der Deutschlandchef des Ladesäulenbetreibers Allego, sagt, dass so „Ladeplätze zweiter Klasse“ entstehen. „Hier wird die Chance verpasst, die Rastanlagen richtig aufzuwerten und Aufenthaltsqualität zu schaffen.“ Auch der ADAC sagt, dass die unbewirtschafteten Rastanlagen attraktiver werden müssen. Der Automobilclub stuft nach Tests der vergangenen Jahre mehr als jede fünfte derartige Anlage als „mangelhaft“ oder sogar „sehr mangelhaft“ ein.

Ganz anders sieht es bei den bundesweit etwa 400 bewirtschafteten Rastanlagen aus, bei denen das Unternehmen Tank & Rast gut 90 Prozent aller Konzessionen hält. Größtenteils ist an diesen Standorten Ladeinfrastruktur für Elektroautos sogar bereits aufgebaut und in Betrieb, es gibt Toiletten, Shops und meist auch Restaurants bzw. Cafés. Tank & Rast betont auf Anfrage des Handelsblatts, dass es „seitens des Gesetzgebers aus gutem Grund eine grundsätzliche systematische Unterscheidung zwischen bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen“ gebe, welche angemessen zu gewichten sei.

Und die Autobahn GmbH lässt wissen, dass die Attraktivität des Standorts „nicht allein der ausschlaggebende Punkt“ sei. Wichtiger seien eine „steigende Verkehrssicherheit, eine schnelle Bedarfserfüllung des ‚Masterplans Ladeinfrastruktur‘ sowie das wachsende Angebot an E-Mobilität.“

„Zwischen bewirtschafteten Autobahnrastplätzen gibt es in Deutschland bisher wenig Wettbewerb“

Somit schauen zwei Gruppen in die Röhre: Unternehmen, die sich für die unbewirtschafteten Rastplätze beworben haben, bekommen vergleichsweise unattraktive Standorte mit wenig Aufenthaltsqualität und werden zudem um zusätzliche mögliche Einnahmequellen gebracht. Und E-Fahrer dürften diese Standorte in Zukunft nur widerwillig anfahren. Selbst an Schnellladesäulen hält man sich bis zu 40 Minuten lang auf. Wie schön es wäre, in der direkten Umgebung etwas zu Essen oder Trinken zu bekommen. In diesem Fall aber: Leider nicht.

Ein Missstand, den auch der Regierungsberater der Monopolkommission erkannt hat und bemängelt. Der Vorsitzende Jürgen Kühling empfiehlt dem Bund, die Vergabe weiterer Bewirtschaftungskonzessionen an neue Betreiber zu überdenken. „Zwischen bewirtschafteten Autobahnrastplätzen gibt es in Deutschland bisher wenig Wettbewerb“, sagt er.

In der am 20. Dezember gestarteten Ausschreibung wird die Errichtung und der Betrieb der insgesamt 200 neuen Schnellladestandorte in sechs bundesweiten Losen mit jeweils 32 bis 34 Standorten vergeben. Im Rahmen der sechs Lose entstehen jeweils 140 bis 166 neue hochleistungsfähige Schnellladepunkte an unbewirtschafteten Rastanlagen entlang der Bundesautobahnen. Interessierte Unternehmen können bis zum 25.01.2022 Teilnahmeanträge einreichen.

Quelle: Handelsblatt – „Es entstehen Ladeplätze zweiter Klasse“ – So trist plant der Bund die Ladesäulen an der Autobahn

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Nick8888:

2ten klasse?
es gibt genug Bedarf nach unbewirtschaften Raststätten. Einfach kurz raus, 10 Minuten nachladen und weiter ohne Rummel und mit kostenlosen Toiletten

und wer lange Laden und Kaffee will nimmt halt die Raststätte oder den Autohof

Juergen:

Ich will da einfach nur laden – zu Preisen, die nicht auf Allego-Niveau sind. Die Verpflegung bringe ich mir selber mit, da weiß ich wenigstens, dass da nicht nur Spurenelemente von Nährstoffen drin sind.

Daniel W.:

Politiker wird man bei uns aber nur, wenn man „sein“ Stimmvieh mit Futter versorgt.

Politiker sind wie die Plaudertaschen der Homeshoppingsender, gerne auf dem Bildschirm und sie erzählen „schöne Lügen“, um die Kassen ihre „Geldgeber“ und die eigenen Taschen zu füllen.

Zu E-Autos (BEV – je kleiner, desto besser) und der Energiewende von unten (PV- und Windkraftanlage sowie eine überwiegend dezentrale Strom- und Energieversorgung) habe ich hier schon genug geschrieben – das wiederhole ich jetzt nicht noch einmal, einfach meine älteren Kommentare lesen.

Raymond:

Cool, Oldies wie der Ford Transit oder Citroën HY!

Matthias Geiger:

Tank & Rast wurde durch die bisherige Verkehrspolitik (langjährige CSU-Politik) systematisch aufgebaut und der Wettbewerb systematisch ausgeschlossen. Da hilft nur eins. Diese Raststätten nicht anfahren.

Helmuth Meixner:

Warum immmer diese Politiker kritsiert werden? Denen gibt man die Schuld an allen Missständen die man SELBST als solche sieht. Politiker wird man bei uns aber nur, wenn man „sein“ Stimmvieh mit Futter versorgt. Da heißt Leute bedent, die genau das tun, was diese wollen.

Nun sthet die Politik vor einem gigantischen Problem und dass kommt von keiner Stimmvieh-Herde. Die ERDE ist in Streik getraten und genau dass läuft jetzt vor unseren Augen ab. Die „Hühnerschar“ ist aufgewacht. Plötzlich wird an allen Ecken und Ende aufregt hin- und her gerannt und aufgeregt.
Für die E-Autos reicht das „BIO“-Futter mit den Öko-Plakaten auf keinen Fall. Bei der Erdöl- und Erdgasindustrie und auch bei der Kohleindustrie war immer noch genug ENERGIE vorhanden. So unendlich viel, dass ENERGIE-SPAREN auf keinen Fall ein Option darstellen durfte. Um Gottes Willen, wer STROM SPART hat die neuen Zeichen der modernen Zeit nicht erkannt. Das muss ein Idiot sein. Wer spart MUSS ein Idiot sein! Darum ist in allen „westlich orientierten Staaten ja diese Nacht fast vollständig verschwunden, weil man STROM aus Generatoren nicht aufsparen kann. Auch in Akku nicht, weil diese Spielzeugspeicherchen um Welten zu lächerlich sind und bleiben müssen.

Die Hühnerschar ist aufgeschreckt.

Die Branche steht bei der E-Mobilität unter Druck. Zum einen fordert die Politik von ihr eine Senkung des Flottenverbrauchs, zum anderen haben die meisten Hersteller bereits so viel Geld in das E-Auto gesteckt, dass ein Scheitern der Technik am Markt keine Option ist. Die Industrie sieht in dieser Hinsicht die Öffentlichkeit in der Pflicht. Unter anderem fordert der Lobbyverband von der Politik vor diesem Hintergrund einen schnelleren Ausbau des Schnellladenetzes. 

liest man hier: E-Auto-InfrastrukturStand: 17.01.2022

unter:

https://www.welt.de/motor/news/article236301179/Industrie-sieht-hohen-Bedarf-an-Ladesaeulen-E-Auto-Infrastruktur.html

Auf irgend eine Weise muss der Überschuss ja weg.

Die alten Hasen der Erdölkonzorne brauchen nur zu warten und sie warten und warten so lange, bis der Inhalt iherer SPEICHER und PIPELINES immer wertvoller wird. Stündlich, minütlich wertvoller…..

Wird das Gegacker ausreichend lesie, so wird Kohel gemacht. RICHTIG Kohle. Warum? Weil die Hühner merken, dass sie nur E-Auto fahren wollten. In ein paar Kleinstaaten auf dem Riesen-Globus. Dort wo nachts die Stromlichter Strom verschleudern währen das BEV in der Garage herum lungert, so wie die meiste Zeit. 500 KW Leistung, Akku mit dem Gewicht eines Pottwal-Kalbes zum Preis eine richtigen Autos….

Hoffentlich gibt es noch Plätze und dort sinnlos Ladesäulen subventionieren zu lassen??????

Sicher! Suchen Sie nur einen passenden Politprofi Ihrer Wahl.

Dazu braucht man in aller Regel eine Mann! Quelle: https://youtu.be/AMufdNJTPjE

Dr. Klaus Krüger:

Deutschland ist marode und krank bis auf die Knochen. Am schlimmsten ist: Es sind komplette Ignoranten, die für diese und andere Ausschreibungen rund um die Mobilitätswende in unserem maroden und kranken Land zuständig sind. Ich würde noch nicht einmal so weit wie Daniel W (s.u.) gehen, ihnen Korrumpierbarkeit zu unterstellen. Sie sind einfach nur dumm, ignorant und faul. Sie wissen nicht einmal in Ansätzen, womit sie überhaupt zu tun haben. Diese Faulpelze schieben Akten von einer Ecke ihres Schreibtischs in die andere und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein – und das auch nur, weil sie es dürfen und können und ihnen niemand Pfeffer sonst wohin gibt.
Dass die Betreibergesellschaften vor dieser deutschen Krankheit kuschen und nicht – wie z.B. fastned in den Niederlanden – bis zur letzten Instanz meist erfolgreich vor den Kadi ziehen, ist ebenso wenig nachvollziehbar.
Leider stimmt auch der gestrige Kommentar in der FAZ: Habeck ist der beste Sänger der neuen Regierung, mehr nicht. Bloß: Singen hilft da gar nichts!

Farnsworth:

Deswegen ziehe ich Autohöfe meistens vor. Man muss meistens nur kleine Umwege in Kauf nehmen, aber hat dann eher normale Preise. Mein Lieblingsautohof, wenn man Richtung Süden fährt ist der Autohof Strohofer(oder auch bekannt als Geiselwind). Da gibt es einfach alles. Wer Fastfood mag, McDonald’s, BurgerKing, KFC, Subway…für jeden etwas dabei oder doch lieber was Deftiges? Dann ins Trucker-Restaurant, da gibt’s ordentlich was auf die Gabel. Tankstelle? Obligatorisch, aber gleich 3 Marken? Tesla Supercharger: Vorhanden. Andere Schnellladesäulen: Ebenfalls. Da hat einer begriffen was Service heißt. Ich versuche Pausen dahin zu verlegen, wenn ich mal die Strecke fahre.

Farnsworth

Daniel W.:

Viele Politiker sind korrupt, das muss man einfach so deutlich sagen und das sieht man auch wieder hier.

Statt die neuen Ladestationen aktraktiv zu machen werden hier reiche Investoren von Tank & Rast geschützt.

Bei Krankenhäusern und Pflegeheimen, im Wohnungsbau und bei der Altersvorsorge zeigen sich überdeutlich die negativen Auswirkung der einst hochgelobten Privatisierung. Viele Dinge sollte als Daseinsvorsorge für die Bürger besser in öffentlicher Hand bleiben.

Die Investoren sind einfach zu unersättlich, so dass die „freie“ Marktwirtschaft nur von den Reichen der Welt gefordert wird, aber für die Bürger ist eine „soziale“ Marktwirtschaft besser, wenn sie von den Politikern auch entsprechend umgesetzt wird – aber dafür sind viele der Politiker im Lande zu korrupt.

Peter:

Kaffee gibbet nicht, WC ist Blech, verdreckt und unbeheizt.
Meine Frau weigert sich, solche Dinger zu nutzen. Kann ich verstehen. Mir ist es zwar unangenehm, aber wenn ich alleine fahre muss ich nichts berühren und Geiz ist halt geil.

Ich frage mich nur, warum Tank&Rast von der Politik so dermaßen bevorzugt und protektoriert wird. Tank&Rast ist gemessen am Preis oft eine ziemliche Frechheit.

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