China: Künstliche Verkaufszahlen durch Nullkilometer-Autos

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Laura Horst
Laura Horst
  —  Lesedauer 4 min

Die Debatte um sogenannte Nullkilometer-Gebrauchtwagen aus China ist im Mai entfacht, als der Chef von Great Wall Motor die Vorgehensweise kritisierte. Dabei werden Neuwagen direkt vom Fließband registriert und als vermeintliche Gebrauchtwagen nach Übersee verschifft. Die Hersteller können dadurch Wachstum zeigen und Autos absetzen, die im Inland schwer zu verkaufen wären. Die Nachrichtenagentur Reuters hat Details dazu veröffentlicht und herausgefunden, dass lokale Regierungen in China den Export und Verkauf von falschen Gebrauchtwagen gefördert und für ihr Wirtschaftswachstum genutzt haben.

Bei dem chinesischen Exportgeschäft mit Nullkilometer-Autos kauft ein Exporteur das Auto entweder direkt vom Hersteller oder von einem Händler. Nach der Anmeldung mit einem chinesischen Nummernschild kennzeichnet er es direkt als Gebrauchtwagen für den Export in Auslandsmärkte wie Russland, Zentralasien oder den Nahen Osten. Der Hersteller selbst verbucht in der Zwischenzeit das Auto als verkauft und verbucht die Einnahmen.

In dem Bericht bezieht sich Reuters auf Regierungsdokumente, Berichte staatlicher Medien und Interviews mit fünf Autohändlern. In öffentlichen Dokumenten haben insgesamt zwanzig chinesische Lokalregierungen ihre Unterstützung für die Nullkilometer-Gebrauchtwagen beschrieben. Ein Dutzend dieser Regierungen fördert den Export von falschen Gebrauchtwagen sogar aktiv als Teil der Wachstumsstrategie, um die von Peking gesetzten Wirtschaftsziele zu erreichen.

Der Transaktionswert ist bei den Nullkilometer-Autos doppelt so hoch wie beim Kauf von Neuwagen oder echten Gebrauchtwagen, da ein einziges Auto sowohl gekauft als auch verkauft wird. Für die Lokalregierungen bietet das Geschäft die Chance, die BIP-Statistiken künstlich in die Höhe zu treiben, wie zwei Führungskräfte der chinesischen Autoindustrie anmerken. Daher würden sie um darum werben, dass sich Exporteure in ihrer Region niederlassen.

Schnelles Wachstum von Umsatz und Beschäftigung kann in China zu weiteren Förderungen und Finanzmitteln verhelfen, weshalb sich der Einsatz der Lokalregierungen lohnen kann. Die Regierungen haben das Geschäft mit Nullkilometer-Gebrauchtwagen daher mit zahlreichen Maßnahmen unterstützt, zu denen etwa die Investition in die Exportinfrastruktur durch kostenlose Lager in Nähe der Land- und Seeregionen, die Zuteilung zusätzlicher Quoten für lokale Zulassungen und die beschleunigte Bearbeitung von Steuererstattungsanträgen zählen.

Methode treibt den chinesischen Preiskampf voran

Der Generalsekretär der China Passenger Car Association, Cui Dongshu, lobte die Vorgehensweise der Exporteure Anfang des Monats auf einer Online-Podiumsdiskussion. Durch das Exportgeschäft mit falschen Gebrauchtwagen könnten chinesische Autohersteller den Zugang zu Auslandsmärkten aufrechterhalten, zu denen sie wegen der zunehmenden Handelsschranken nicht in der Lage wären.

Die Zeitung People’s Daily, die häufig Positionen der führenden Kommunistischen Partei Chinas wiedergibt, kritisierte die Methode in einem Anfang des Monats veröffentlichten Bericht. Der Exporthandel mit falschen Gebrauchtwagen treibe den inländischen Preiskampf weiter voran und führe zu einem Preisverfall. Die Zeitung forderte „strenge Regulierungsmaßnahmen“.

Wang Meng, ein Berater der China Automobile Dealers Association, geht davon aus, dass von den 436.000 gebrauchten Pkw und Nutzfahrzeugen, die im Jahr 2024 exportiert wurden, etwa 90 Prozent Nullkilometer-Autos waren. Händler und Branchenexperten schätzen, dass die meisten der vermeintlichen Gebrauchtwagen benzinbetrieben und auf dem chinesischen Automarkt weniger beliebt sind. Die von der Regierung großzügig subventionierten Elektroautos machten aber ebenfalls einen erheblichen Anteil aus.

Sorge um das Image chinesischer Hersteller im Ausland

Reuters bezeichnet den Handel mit falschen Gebrauchtwagen als ein weiteres Anzeichen für die Überproduktion in China, die die Nachfrage deutlich übersteigt. Vonseiten einiger Autohersteller wird die Praxis scharf kritisiert. Zhu Huarong, der Vorsitzende von Changan, forderte auf einer Autokonferenz ein hartes Durchgreifen, denn der Export von Nullkilometer-Gebrauchtwagen könne dem Image der chinesischen Marken im Ausland enorm schaden.

Xing Lei, Gründer des Beratungsunternehmens AutoXing, ist der Ansicht, dass ausländische Investoren die Verkaufszahlen chinesischer Autohersteller skeptisch betrachten könnten. Es sei nicht nachvollziehbar, welche Zahlen echt und welche aufgeblasen seien.

Der Export der Nullkilometer-Gebrauchtwagen verstärkt außerdem die Befürchtung, dass China subventionierte Autos zu Dumpingpreisen ins Ausland verkauft. „Wir sehen definitiv Reibungen und Spannungen in Märkten, in denen es bereits Hersteller vor Ort gibt“, sagte Michael Dunne, ein Berater, der die chinesische Automobilindustrie beobachtet.

Einige Länder ergreifen bereits Maßnahmen, um sich vor den Exporten der falschen Gebrauchten zu schützen. Russland verbietet etwa den Verkauf von Nullkilometer-Gebrauchtwagen von Marken, die bereits offizielle Händler im Land haben. In anderen Ländern haben die Marktaufsichtsbehörden ihre Definition von Gebrauchtwagen konkretisiert und schreiben einen längeren Zeitraum nach der Zulassung oder Produktion eines Autos vor, bevor es als Gebrauchtwagen eingestuft werden kann.

Quelle: Reuters – Exclusive: China auto industry inflates sales by exporting new cars as ‚used‘

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Pedro G.:

Es wird einmal ein großer Crash in China geben im mehr Produktion und Keiner kauft Diese ⁉️

MMM:

Hat mit der EU nur wenig zu tun, wenn es um Autos geht, die ich China verkauft werden sollen.
In der Menge setzt man die in der EU sowieso nicht ab.
Es ist allerdings bekannt, dass man in China inzwischen eine deutliche Überproduktion hat, weil man massive Kapazitäten für die Übernahme des Weltmarktes aufgebaut hatte. Und das bei sehr vielen Herstellern.
Die werden nicht alle überleben, die Werke sind aber da. Wann wird in China daher weiterhin alles daran setzen, diese Werke irgendwann man auszulasten.

Dalan:

Ach Tageszulassungen sind noch human. Der ganze PKW Markt ist zurzeit erlahmt. Da gibt’s Händlerzulassungen wie bei Ford und Stellantis wo 25 Prozent und mehr direkt vom Händler zugelassen werde. Phantomzulassungen bei Mercedes-Benz Mini und BMW, wo die eigenen Mietwagenfirmen oder Car Sharing Anbieter die Autos einbuchen.

Dalan:

Stimmt gab’s früher in Deutschland bei BMW auch. Da wurden 0 Kilometer Autos als Reimporte wieder zurück aua Skandinavien nach Deutschland verfrachtet.

Robert:

sie lernen halt schnell vom Westen dafür sind doch Chinesen bekannt, das sie alles perfekt kopieren können

Tom:

In anderen Teilen der Welt werden viele „Tageszulassungen“ gemacht. So frisiert man die Statistik und umgeht die Rabatt-Gesetze!

Marc:

Die Planwirtschaft muss nach Plan laufen. Die Chinesen sind so falsch (genauso wie das permanente Lächeln) und die Kommunisten wie immer hinterlistig. Es muss doch langsam klick machen bei einigen…..

Name*:

Ich denke nicht. Die Fahrzeuge gehen nicht in die EU und außerdem ist das ganze auch bei uns gängige Praxis (Tageszulassungen werden bei uns genutzt um Zulassungsstatistiken zu beeinflussen, Zulassungen in bestimmte Zeitfenster zu legen oder Rabatte zu gewähren ohne den Listenpreis zu verändern). Ja, bei uns gibt es das sicher nicht in diesem Ausmaß aber jetzt so zu tun als hätte die Chinesen damit angefangen ist auch quatsch. Zusätzlich ist für einen Käufer der Wert auch tatsächlich geringer da es eben nicht mehr als 1.Hand verkauft werden kann. (Ich habe ein Tageszulassungswagen des VW-Konzerns und bin mit der Entscheidung sehr zufrieden). Macht euch mal keine Illusionen, wären die CO2 Grenzwerte so strikt geblieben wie geplant, würden in Europa viele Autohersteller auf genau diese Taktik setzen um ihre Grenzwerte einzuhalten…

Steven B.:

Die Praxis, fabrikneue Autos als Gebrauchtwagen zu exportieren, ist mehr als ein kreativer Buchungstrick – sie ist ein Symptom tieferliegender struktureller Probleme in Chinas Automobilindustrie. Was kurzfristig als wirtschaftlicher Erfolg erscheint, birgt langfristig erhebliche Risiken: für das Vertrauen in chinesische Marken, für die Stabilität internationaler Märkte und für die Glaubwürdigkeit von Handelsstatistiken. Wenn Wachstum nur durch statistische Tricks und staatliche Subventionen erzeugt wird, ist es weder nachhaltig noch ehrlich. Es braucht klare Regeln und internationale Standards, um fairen Wettbewerb zu sichern – und um zu verhindern, dass wirtschaftliche Ziele auf Kosten von Transparenz und Vertrauen erreicht werden.

Robert:

„Reuters bezeichnet den Handel mit falschen Gebrauchtwagen als ein weiteres Anzeichen für die Überproduktion in China, die die Nachfrage deutlich übersteigt“ Das liegt meiner Meinung nach nicht an einer Überproduktion sondern vielmehr an den Strafzöllen der EU, weil soweit ich es weiss für Gebrauchtwagen es keine Strafzölle gibt sondern nur für die Neuwagen aus China deshalb ist es doch verständlich dass man die Neuwagen anmeldet und dann gleich wieder abmeldet um die Strafzölle zu umgehen

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