Audi setzt voll auf Elektromobilität: Ab 2026 wollen die Ingolstädter nur noch rein elektrische Modelle neu auf den Weltmarkt bringen. Bis zum Jahr 2033 will der Premiumhersteller die Produktion seiner Verbrennermodelle sukzessive auslaufen lassen. Auf Basis dieser klaren Entscheidung im Rahmen der bereits 2021 vorgestellten Unternehmensstrategie „Vorsprung 2030“ bereitet Audi nun alle Standorte Schritt für Schritt für die Produktion von Elektroautos vor und spricht in einer aktuellen Pressemitteilung einige Details hierzu an.
Anders als mancher Wettbewerber baut Audi dabei auf das bestehende weltweite Audi Produktionsnetzwerk. „Wir führen alle Standorte Schritt für Schritt in die Zukunft“, sagt Audi Produktionsvorstand Gerd Walker. „Wir wollen keine singulären Leuchtturmprojekte auf der grünen Wiese. Wir investieren vielmehr in unsere existierenden Werke, so dass sie am Ende ebenso effizient und flexibel sind wie neu gebaute Produktionsstandorte, so genannte Greenfield-Werke.“ Das sei gelebte Nachhaltigkeit – in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht. „Dieser Audi Weg schont Ressourcen und beschleunigt unsere Transformation zum Anbieter nachhaltiger Premiummobilität“, betont Walker.
Der Audi Produktionsvorstand will die Fertigung langfristig flexibel, resilient und damit zukunftssicher gestalten. Aus diesem Grund entwickelte Audi die Strategie ganzheitlich und aus verschiedenen Perspektiven heraus. Walker und sein Team nahmen dafür folgende Fragen in den Blick: „Was erwartet die Gesellschaft von uns? Was verlangen die Kund:innen? Welche Erwartungen haben die Stakeholder und was brauchen unsere Mitarbeitenden in Zukunft?“ Audi nennt die Produktion der Zukunft deshalb 360factory. Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Flexibilität und Attraktivität seien darin gleichberechtigte Ziele.
Ambitionierte Roadmap auf dem Weg zur E-Mobilität
Bis zum Ende dieses Jahrzehnts will Audi an allen Produktionsstandorten weltweit elektrisch angetriebene Modelle fertigen. „Dafür setzen wir auf unsere hochqualifizierte Belegschaft und machen alle Mitarbeitenden bis 2025 mit einem Weiterbildungsbudget von rund 500 Millionen Euro fit für die Zukunft“, sagt Walker. Schon heute produzieren zwei Standorte vollelektrische Fahrzeuge in Serie: die Böllinger Höfe und Brüssel. Auch im Stammwerk Ingolstadt fährt ab dem kommenden Jahr mit dem Audi Q6 e-tron erstmals ein reines Elektromodell vom Band. In Neckarsulm, San José Chiapa und Győr startet in den Jahren darauf ebenfalls sukzessive die Produktion reiner Elektroautos. Im Jahr 2029 sollen alle Produktionsstandorte mindestens ein vollelektrisches Fahrzeug fertigen. Die Produktion der verbleibenden Verbrennermodelle soll, angepasst an die örtlichen Gegebenheiten, bis Anfang des kommenden Jahrzehnts nach und nach auslaufen.
Neue Werke sollen ausschließlich dort entstehen, wo zusätzliche Kapazitäten benötigt werden: So baut Audi derzeit im Rahmen eines Kooperationsunternehmens im chinesischen Changchun eine Produktionsstätte für die lokale Fertigung von Modellen auf Basis der Technologieplattform PPE (Premium Platform Electric). Bis Ende 2024 entsteht dort das erste Automobilwerk in China, in dem ausschließlich vollelektrische Audi Modelle vom Band fahren.
Transformation als Auslöser für Produktivitätssprünge
Auf dem Weg zur Produktion der Zukunft ist die Elektrifizierung der Werke aber nur ein Aspekt. „Wir werden den Umstieg in die E-Mobilität nutzen, um über die notwendigen Umrüstungen auch große Produktivitäts- und Optimierungssprünge zu machen“, sagt Walker. Das für die Zukunft gewappnete Produktionsnetzwerk von Audi soll wirtschaftlich, nachhaltig, attraktiv und flexibel sein. Vier zentrale Ziele mit ambitionierten Kennzahlen: Um auch in Zukunft wirtschaftlich fertigen zu können, will Audi die jährlichen Fabrikkosten bis 2033 um die Hälfte reduzieren. Hierfür soll Komplexität in den Fahrzeugen verringert werden, wo sie der Kundschaft keinen Vorteil bringt – zu diesem Zweck werde ein möglichst schlanker Produktionsprozess künftig schon ganz früh in der Entwicklung der Fahrzeuge bedacht.
Zudem will der Hersteller beispielsweise die Digitalisierung der Produktion weiter vorantreiben, unter anderem mit der auf lokalen Servern basierten produktionsnahen Lösung EdgeCloud4Production. Teure Industrie-PCs lassen sich so ersetzen. Das reduziert IT-Aufwände wie Software-Rollouts und Betriebssystemwechsel. Eine ebenfalls neu entwickelte Lösung, die taktungebundene Modulare Montage, setzt Audi künftig für den einfacheren Umgang mit hoher Produktvarianz ein. Die virtuelle Montageplanung schone nicht nur materielle Ressourcen, sondern erlaube bereits heute eine neuartige, flexible und standortübergreifende Zusammenarbeit.
Flexible und nachhaltige Produktion
Um flexibler auf Schwankungen in Kundennachfrage oder Produktionsprogramm reagieren zu können, will Audi die Produktionsprozesse weiter flexibilisieren. „Wir wollen sowohl Produkt als auch Fertigung so aufbauen, dass wir das Optimum für unsere Kund:innen herausholen“, sagt Walker. Zu diesem Zweck werde beispielsweise der neue Audi Q6 e-tron in Ingolstadt zunächst zusammen auf einer Linie mit dem A4 und dem A5 gefertigt. Sukzessive lösen dann die Elektromodelle die Verbrenner auf den Linien ab.
Um den ökologischen Fußabdruck in Produktion und Logistik zu reduzieren, verfolgt Audi seit 2019 das Umweltprogramm Mission:Zero. Zentrales Ziel: Bereits 2025 sollen alle Audi Produktionsstandorte weltweit bilanziell CO2-neutral produzieren. Die Werke in Brüssel und Győr sowie die Böllinger Höfe in Neckarsulm wurden bereits erfolgreich umgestellt.
Darüber hinaus adressiert das Umweltprogramm die Handlungsfelder Ressourcen- und Wassereffizienz sowie den Schutz und Erhalt biologischer Vielfalt. So soll etwa der ökologisch gewichtete Wasserverbrauch in der Produktion bis 2035 im Vergleich zum heutigen Wert halbiert werden. Am Standort Neckarsulm wurde in einem Pilotprojekt ein Wasserkreislauf zwischen dem Werk und der benachbarten kommunalen Kläranlage etabliert. Dieser soll zukünftig den Frischwasserverbrauch um mehr als 70 Prozent reduzieren.
Auf dem Weg zur 360factory setzt sich die Audi Produktion nun laut eigener Aussage noch ambitioniertere Nachhaltigkeitsziele: Bis 2030 will das Unternehmen seine absoluten Umweltauswirkungen in den Bereichen Primärenergieverbrauch, Kraftwerksemissionen, CO2-Äquivalente, Luftschadstoffe, lokales Wasserrisiko sowie Abwasser- und Abfallmenge um die Hälfte im Vergleich zu den Werten in 2018 reduziert haben. Wichtige Stellhebel seien dabei die Eigenerzeugung von erneuerbarer Energie und der Einsatz innovativer Technologien für eine zunehmend zirkuläre Wertschöpfung, bei der eingesetzte Ressourcen in geschlossenen Kreisläufen genutzt werden.
Attraktiv nach innen und nach außen
Zur Audi 360factory gehört außerdem, sich sowohl nach innen als auch nach außen als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren – auch und gerade in der Produktion. So arbeitet der Hersteller aktuell an Konzepten, wie sich Arbeitszeiten selbst in taktgebundenen Bereichen flexibler gestalten lassen. Auch die Arbeitsumgebung und Pausenräume will Audi komfortabler für seine Mitarbeitenden gestalten. Die Audi Produktion versteht sich nicht als reiner Fahrzeugfertiger, sondern auch als Prozesstechnologie-Entwickler. „Wir wollen der beste Arbeitgeber sein – für unsere Mitarbeitenden an Bord genauso wie für alle Interessierten, Studierenden und Professionals“, sagt Walker. „Wir brauchen für die Transformation in die 360factory die besten Köpfe, auch in für die Produktion eher ungewöhnlichen Disziplinen wie Elektronik und Softwareentwicklung.“
Das Werk Ingolstadt soll als Blaupause dienen für die Transformation der Großserien-Produktionsstätten weltweit – und damit zur ersten vollumfänglichen Audi 360factory werden. Die weiteren Standorte sollen den Wandel Schritt für Schritt angehen. „Noch liegt ein ganzes Stück Weg vor uns“, sagt Walker. „Aber die Zielrichtung und die Schritte bis dahin sind klar definiert.“
Quelle: Audi – Pressemitteilung vom 20.12.2022