Studie zeigt: Klimaschutz mit HVO nicht möglich

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Daniel Krenzer
Daniel Krenzer
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Anders als von den Befürwortern dieser Methode des „technologieoffenen“ Beharrens auf den Verbrennungsmotor behauptet, ist der Einsatz von Altspeiseöl in HVO100 und „Bio“-Diesel mindestens genauso schädlich wie der von fossilem Diesel, häufig sogar noch klimaschädlicher. Zu diesem Ergebnis kamen schon mehrere Studien, nun eine weitere des Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu). Dabei wurde untersucht, ob die versprochene CO2-Einsparung von fast 90 Prozent tatsächlich erzielt wird, wenn man die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet. Über die Ergebnisse berichtet die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die die Studie in Auftrag gegeben hatte.

Besonders relevant in diesem Zusammenhang sind demnach Klimaschäden durch Palmölproduktion. Palmöl für Kraftstoffe wird in Deutschland zwar seit 2023 nicht mehr staatlich gefördert. Wird Altspeiseöl wegen einer erhöhten Nachfrage im Verkehr beispielsweise aus Indonesien und Malaysia importiert, fehlt es dort und führt ersatzweise zu mehr Palmölnachfrage in den Exportländern. Die Folge sind massive Klima- und Umweltschäden durch Landnutzungsänderungen und Regenwaldrodungen.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, erklärt hierzu: „Der vermeintlich grüne HVO100-Diesel ist eine Mogelpackung. HVO100 aus Altspeiseöl ist mindestens so klimaschädlich wie fossiler Diesel. Die Behauptung, Diesel aus Frittenfett könne nahezu 90 Prozent CO2 einsparen im Vergleich zu fossilem Diesel, hat nichts mit der Realität zu tun. Anstatt CO2 zu sparen, sorgen HVO100 und Co. durch steigende Palmölnachfrage für zusätzliche Emissionen und Naturzerstörung. Wir fordern die Bundesregierung auf, den Einsatz von HVO100 aus Altspeiseöl sofort zu stoppen und die Förderung zu beenden. Statt Scheinlösungen wie Altspeiseöl im Tank braucht es einen klaren Fokus auf Elektromobilität im Straßenverkehr und eine echte Verkehrswende.“

Altes Frittenfett als begehrte Ware?

Selbst wenn man außer Betracht lässt, dass die Verlagerung von Altspeiseölen in den Verkehr zu einer erhöhten Palmölnachfrage führen kann, trifft die Aussage von fast 90 Prozent CO2-Einsparung nur unter der unrealistischen Annahme zu, dass das Altspeiseöl zusätzlich neu gesammelt würde, heißt es in der Pressemitteilung der DUH weiter. Tatsächlich werde Altspeiseöl fast immer bereits genutzt, zum Beispiel statt fossilem Heizöl als Brennstoff für die Energieerzeugung. Dort spare der Einsatz von Altspeiseöl bereits CO2. „Wenn es stattdessen zu Kraftstoff verarbeitet wird, fehlt es in der bisherigen Verwendung und es erfolgt keine zusätzliche Einsparung. Die CO2-Einsparung wandert dann einfach von einer Verwendung in die andere, sprich von der linken in die rechte Tasche“, führt die DUH aus.

Der Verkehrsexperte Axel Friedrich sagte: „In den letzten zwei Berichtsjahren der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ist der Anteil von Palmölabfällen, sogenannte POME, an der HVO-Produktion erheblich angestiegen. Bei der Gewinnung von POME werden enorme Methan-Emissionen freigesetzt. Da Methan über 20 Jahre hinweg eine 82-mal stärkere Klimaerhitzung verursacht als CO2, muss das Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung dringend die Klimagasemissionen ermitteln und die Zertifikate zurückziehen.“

Immer wieder gibt es der DUH zufolge zudem Hinweise auf Betrug: Frisches Palmöl werde als Altspeiseöl deklariert, um als angeblicher „Abfallstoff“ für den EU-Markt zugelassen zu werden. Auch andere Rohstoffe für Kraftstoffe wie Industrieabfälle oder Palmölmühlenabwässer, die offiziell als fortschrittliche Biokraftstoffe gelten, seien betroffen.

Kritik an der Kritik kommt prompt

Seit Mai 2024 ist der Verkauf von HVO100 in Deutschland erlaubt. Aktuell stammen der Mitteilung nach in Deutschland zwei Drittel des HVO aus Palmöl-Reststoffen – deren Einsatz soll jedoch aufgrund erheblicher Nachhaltigkeitsbedenken ab 2026 von der staatlichen Förderung ausgeschlossen werden. Besonders HVO100 aus gebrauchtem Speiseöl werde von Industrie und Teilen der Politik mit absurden Heilsversprechen als nachhaltige Zukunftslösung beworben. Altspeiseöl mache europaweit ein Viertel der Ausgangsstoffe für HVO100 aus. Herkömmlicher „Bio“-Diesel (sogenanntes Fettsäuremethylester) werde schon heute zu großen Teilen aus importiertem Altspeiseöl produziert. „Altspeiseöl wird in vielen Bereichen genutzt, etwa als Heiz- oder Schmierstoff oder für Reinigungsmittel. Wird es stattdessen zur Herstellung von HVO100 oder anderem biogenen Diesel verwendet, muss es an anderer Stelle ersetzt werden – meist durch fossile Rohstoffe oder frisches Pflanzenöl wie Palmöl“, schreibt die DUH.

Schon in der Vergangenheit hat die DUH Bio-Kraftstoffe wie HVO scharf kritisiert. Nachdem die Methodik im vergangenen Jahr infrage gestellt worden war, wurde offenbar diese neue Studie in Auftrag gegeben, um die Vorwürfe zu untermauern. Auch dieses Mal gibt es von denen scharfe Kritik, die wohl unter anderem mit HVO ihr wirtschaftliches Überleben retten wollen. So sagte Daniel Kaddik, Geschäftsführer des Bundesverbands Freier Tankstellen und unabhängiger deutscher Mineralölhändler (bft): „Die DUH versucht schon länger und erfolglos, HVO zu diskreditieren und E-Mobilität als einzige Antriebsform gelten zu lassen.“ Die Studie basiere lediglich auf Modellannahmen, ist in einer entsprechenden DPA-Meldung beim Münchner Merkur zu lesen. In der Praxis sei alles ganz anders. Und dass derzeit nicht genug Altspeisefett verfügbar sei, zeige nicht, dass HVO nicht funktioniere, sondern dass man mehr davon sammeln und weiterverwenden müsse. Auch der ADAC kam im vergangenen Jahr zu einer anderen Betrachtung.

Quelle: Deutsche Umwelthilfe – Pressemitteilung vom 22. August 2025; Münchner Merkur – Klimafreundlichkeit alternativer Kraftstoffe: Neue Studie entfacht erneut eine Kontroverse

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Daniel Krenzer

Daniel Krenzer

Daniel Krenzer ist als studierter Verkehrsgeograf und gelernter Redakteur seit mehr als zehn Jahren auch als journalistischer Autotester mit Fokus auf alternative Antriebe aktiv und hat sich zudem 2022 zum IHK-zertifizierten Berater für E-Mobilität und alternative Antriebe ausbilden lassen.

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