Deutsche Batterieindustrie: Agora fordert neue Kooperationen

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Tobias Stahl
Tobias Stahl
  —  Lesedauer 4 min

Die Denkfabrik Agora Verkehrswende empfiehlt der Bundesregierung in einem aktuellen Diskussionspapier, den Ausbau der Batterieindustrie in Deutschland und Europa zu forcieren. Ziel müsse sein, bei der Zellfertigung, der Rohstoffverarbeitung und der Komponentenherstellung schnell krisenfester und anschlussfähig an die Weltmarktspitze zu werden. Dafür braucht es Agora zufolge ein Bündel von Maßnahmen, darunter etwa strategische Partnerschaften mit Rohstoffländern, Mindestvorgaben für in Europa gefertigte Batteriebestandteile und Kooperationen mit asiatischen Technologieführern, zum Beispiel in Form von Joint-Ventures. Zudem sei eine deutlich bessere Förderung aller Wertschöpfungsschritte für Fahrzeugbatterien inklusive eines hochwertigen Batterierecyclings in Europa nötig.

„Die Automobilindustrie befindet sich im größten Strukturwandel ihrer Geschichte. Die Elektromobilität wird in den kommenden Jahren zur dominanten Antriebsform“, so Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „In diesem Transformationsprozess spielt die Batterietechnologie eine Schlüsselrolle. Der globale Wettlauf um die Weltmarktführerschaft der Batterieproduktion scheint für Europa fast schon verloren. Will Deutschland den Anschluss an die Weltmärkte finden, sollte die Industriepolitik der Bundesregierung den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Batterieindustrie in der EU und hierzulande beschleunigen. Ein führender Automobilstandort Deutschland braucht eine starke heimische Batterieindustrie.“

Batterienachfrage dürfte bis 2035 deutlich zunehmen

Laut einer Prognose der Internationalen Energieagentur (IEA) soll die weltweite Nachfrage nach E-Auto-Batterien mit den bereits beschlossenen politischen Maßnahmen bis zum Jahr 2035 etwa auf das Siebenfache des heutigen Werts ansteigen. In der Batterieproduktion habe Asien sowohl technologisch als auch mit Blick auf die Produktionsmengen bereits einen beträchtlichen Vorsprung. Laut aktuellen Zahlen der IEA beträgt die chinesische Batteriezellfertigungskapazität etwa das Vierzehnfache der europäischen, obwohl der chinesische Markt für Elektroautobatterien im Vergleich nur etwa dreimal so groß ist. Allerdings hielten laut Daten des südkoreanischen Analyseunternehmens SNE Research allein die beiden chinesischen Marktführer CATL und BYD im vergangenen Jahr gut 55 Prozent Marktanteil bei Antriebsbatterien für E-Autos und Plug-in-Hybride.

Die EU habe sich zwar das Ziel gesetzt, eine weltweit führende Region in der nachhaltigen Batterieproduktion zu werden, gibt Agora Verkehrswende zu bedenken. Sie könne aber aktuell gegenüber China in vielen Bereichen der Batterieherstellung und -technologie nicht Schritt halten, konstatiert die Denkfabrik in ihrem Diskussionspapier.

Agora schlägt Gründung von Gemeinschaftsunternehmen und Mindestanteile für EU-Batteriebestandteile vor

Um den Entwicklungsrückstand zu Asien aufzuholen, brauche es auf EU-Ebene eine industriepolitische Strategie für die Ansiedlung asiatischer Unternehmen nach europäischen Regeln, so der Thinktank. Innovationen könnten beispielsweise durch Joint-Ventures von asiatischen Technologieführern mit deutschen oder europäischen Partnern entstehen. Wichtig dabei sei, dass einheitliche Regeln für die Bereiche Umweltschutz und Arbeitnehmerrechte gelten.

Die Bundesregierung solle die Einführung von Mindestanteilen für in der EU produzierte Batteriebestandteile unterstützen, so Agora Verkehrswende. Eine Ansiedlungspolitik der für die Batterieproduktion notwendigen Wertschöpfungsketten bewirke eine größere europäische Resilienz angesichts komplexer und instabiler weltweiter Lieferketten und schaffe zukunftsfähige Arbeitsplätze. Neben der Zellfertigung seien insbesondere die Rohstoffverarbeitung wie beispielsweise die Raffination von Lithium sowie die Komponentenherstellung in Europa notwendig. Die Vorhaben der EU zur Lokalisierung wiesen laut Agora zwar in die richtige Richtung – allerdings seien sie bislang nicht substanziell mit Fördermitteln unterlegt.

Technisch hochwertiges Batterierecycling soll den Rohstoffbedarf reduzieren

Für den Aufbau einer Batterieindustrie werde die EU überwiegend auf den Import von Batterierohstoffen angewiesen sein. Dafür brauche es nach Einschätzung von Agora Verkehrswende strategische Partnerschaften mit rohstoffreichen Ländern aus allen Teilen der Welt – auch, um unabhängiger von China zu werden. Angesichts des weltweiten Wettlaufs um Rohstoffe sei die EU gefragt, attraktive Verträge zum beiderseitigen Nutzen anzubieten.

Vor allem bei Partnerschaften mit Ländern des Globalen Südens ginge es auch darum, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und Wertschöpfung vor Ort zu fördern. Darüber hinaus brauche es ein technisch hochwertiges Batterierecycling, um den Bedarf an Primärrohstoffen zu senken und für stabilere Wertschöpfungsketten zu sorgen. Deutschland habe für den Ausbau der Recyclingwirtschaft im europäischen Vergleich gute Voraussetzungen.

„Es ist gut, dass die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Förderung der Batteriezellfertigung inklusive der Rohstoffgewinnung, des Recyclings und des Maschinen- und Anlagenbaus angekündigt haben“, so Kerstin Meyer, Projektleiterin Elektromobilität bei Agora Verkehrswende. „Wichtig ist, dass die Bundesregierung dieses Vorhaben jetzt entschlossen voranbringt und eine ausreichende Finanzierung sicherstellt.“

Quellen: Agora Verkehrswende – Pressemitteilung vom 24.06.2025 / SNE Research – Pressemitteilung vom 11.02.2025

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Tobias Stahl

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Tobias Stahl kann sich für alle Formen der Fortbewegung begeistern, aber nachhaltige Mobilität begeistert ihn besonders. Da ist es kein Wunder, dass er schon seit 2019 über E-Autos, erneuerbare Energien und die Verkehrswende berichtet.

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Birger:

Wir sehen grade ganz gespannt in Schleswig Holstein, was aus Northvolt wird!

Daniel W.:

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Die Denkfabrik Agora Verkehrswende empfiehlt der Bundesregierung in einem aktuellen Diskussionspapier, den Ausbau der Batterieindustrie in Deutschland und Europa zu forcieren.
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Nachdem die Bundesregierung die PV- und Windkraft-Industrie in Deutschlnad „den Bach runter gehen“ ließ, erwarte ich bei Batterien ein ähnliches Verhalten.

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