Mehr als 2000 europäische Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler fordern vor der anstehenden Weltklimakonferenz in einem offenen Brief ein klares und ambitioniertes Klimaziel der EU für das Jahr 2040. Wie unter anderem der Spiegel berichtet, appellieren die Forschenden an die Staats- und Regierungschefs Europas, die Treibhausgas-Emissionen bis dahin um mindestens 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Der Appell: Europa müsse endlich wieder „wissenschaftlich fundiert“ handeln und dürfe das Pariser Klimaabkommen nicht verwässern. Das ist eine klare Absage an wachsende populistische Tendenzen, wie sie auch in der deutschen Politik zunehmend vernehmbar sind – wie rund um das vermeintliche „Verbrennervebot“ 2035.
„Die politische Diskussion bewegt sich von den wissenschaftlichen Erkenntnissen weg“, heißt es in dem Brief. Das Schreiben bezeichnet das Ziel einer drastischen Reduktion bis 2040 nicht als rein politische Entscheidung, sondern als „existenzielle Notwendigkeit, um Europas Zukunft zu sichern“. Der Spiegel zitiert weiter, die Unterzeichnenden mahnten, Europa dürfe „nicht zögern, sondern müsse handeln – entschlossen, gerecht und vorausschauend“.
Während die EU für 2030 bereits eine Senkung der Emissionen um 55 Prozent und für 2050 die Klimaneutralität beschlossen hat, fehlt bisher ein verbindliches Zwischenziel für 2040. Die EU-Kommission hatte im Sommer vorgeschlagen, 90 Prozent weniger CO₂-Ausstoß festzuschreiben – jedoch unter Einbeziehung von Kompensationsmaßnahmen außerhalb der EU. Genau das kritisieren viele Forschende als Schlupfloch, das die tatsächliche Transformation der europäischen Industrie und Energieversorgung gefährde.
Verspielt Europa gerade seine Zukunft?
Bundesumweltminister Carsten Schneider erklärte, Deutschland unterstütze den Vorschlag der EU-Kommission und werde sich auf dem kommenden Gipfel dafür einsetzen. Dennoch bleibt die politische Lage kompliziert: Einige Mitgliedstaaten bremsen, weil sie Nachteile für ihre Industrie befürchten oder den Umstieg auf erneuerbare Energien als zu teuer empfinden.
Für die Wissenschaft ist das jedoch der falsche Weg. Der Brief verweist auf die Chancen einer ambitionierten Klimapolitik: geringere Abhängigkeit von fossilen Importen, stabile Energiepreise, mehr Innovation und neue Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen. „Ein klarer Kurs zahlt sich wirtschaftlich und gesellschaftlich aus“, heißt es. „Zögerlichkeit dagegen kostet uns Zeit – und Zeit ist das, was wir am wenigsten haben.“
Der Appell verdeutlicht den wachsenden Druck aus der Forschung auf die EU-Politik. Ob Brüssel und die Mitgliedsstaaten dem folgen, ist jedoch offen – nicht zuletzt, weil sich offenbar in einigen Ländern Regierungen im Spagat zwischen EU-Klimaschutzvorgaben und fossilen Lobbyinteressen befinden. Doch die Botschaft ist eindeutig: Ohne ein mutiges Ziel für 2040 droht Europa, die eigene Klimastrategie aus den Augen zu verlieren – und damit seine Zukunftsfähigkeit.
Quelle: Spiegel.de – 2000 Wissenschaftler drängen EU zu Klimaziel für 2040







