Eine Entwicklung aus Chemnitz rückt Wasserstoff erneut ins Blickfeld der Debatte um alternative Antriebe für schwere Arbeitsmaschinen. Während sich batterieelektrische Lösungen im Pkw-Bereich zunehmend durchsetzen, gelten Traktoren und Baumaschinen wegen ihres Gewichts, der Einsatzdauer und des begrenzten Bauraums als besonders anspruchsvoll. Genau an diesem Punkt setzt ein neues technisches Konzept an, das nun erstmals öffentlich vorgestellt und von der Freie Presse Chemnitz am 13. Dezember 2025 aufgegriffen.
Ausgangspunkt ist ein bekanntes Problem: Wasserstoff bietet als Energieträger zwar kurze Betankungszeiten und eine hohe Reichweite, doch herkömmliche Konzepte stoßen bei landwirtschaftlichen Fahrzeugen schnell an physikalische Grenzen. Drucktanks beanspruchen viel Platz, erhöhen das Gewicht und schränken die Nutzbarkeit ein. Bisher blieb Wasserstoff deshalb vor allem ein Thema für Nutzfahrzeuge auf der Straße oder für stationäre Anwendungen. In Chemnitz ist nun eine Lösung entstanden, die diese Einschränkungen umgehen soll.
Ein neuartiger Wasserstoffspeicher nutzt ungenutzten Raum im Hinterrad
Entwickelt wurde das Konzept von Hörmann Vehicle Engineering, einem Engineering-Dienstleister mit Sitz in Chemnitz. Statt den Wasserstoff in klassischen Tanks unterzubringen, wird er in einem ringförmigen Speicher direkt im Hinterrad des Traktors integriert. Der Speicher ist so konstruiert, dass er geschützt im Rad sitzt und dort den sonst ungenutzten Raum verwendet. Nach Angaben des Unternehmens lassen sich pro Rad rund vierzig Kilogramm Wasserstoff aufnehmen, was in Summe eine Reichweite ermöglicht, die für typische landwirtschaftliche Einsätze ausreicht.
Die technische Umsetzung ist Teil eines umfassenderen Antriebskonzepts. Der Traktor folgt einem vollständig elektrischen Aufbau mit einem Achtstunden-Schichtbetrieb. Der im Hinterrad gespeicherte Wasserstoff wird genutzt, um während des Betriebs Strom zu erzeugen. Dieser versorgt einen Elektromotor, der die Räder antreibt. Ergänzt wird das System durch einen sogenannten Reluktanzmotor, der ohne klassische Permanentmagnete auskommt. Nach Angaben der Entwickler reagiert dieser Motortyp besonders effizient auf wechselnde Lasten, wie sie im Feldbetrieb auftreten.
Ein Entwicklungsingenieur von Hörmann beschreibt den Ansatz als Kombination mehrerer Innovationen. Entscheidend sei nicht nur die Art der Speicherung, sondern das Zusammenspiel aus Energieerzeugung, Antrieb und Regelungstechnik. Der Wasserstoffspeicher sei fest im Rad integriert, gegen Steinschlag und Schmutz geschützt und beeinflusse die Außenmaße des Autos nicht. Gleichzeitig werde das Gewicht dort platziert, wo es für die Traktion sogar vorteilhaft sein könne.
Der Prototyp ist Teil eines größeren Forschungsprojekts, das gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft umgesetzt wird. Beteiligt sind unter anderem Einrichtungen aus Chemnitz und Dresden sowie landtechnische Akteure aus Sachsen. Finanziell unterstützt wird das Vorhaben durch Fördermittel aus europäischen Programmen für regionale Entwicklung und durch Mittel des Freistaats Sachsen. Ziel ist es, die Technologie schrittweise weiterzuentwickeln und ihre Praxistauglichkeit nachzuweisen.
Politische Vorgaben erhöhen den Druck auf alternative Antriebskonzepte
Dabei geht es nicht nur um technische Machbarkeit, sondern auch um die Einordnung in politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Ab 2030 sollen die CO₂-Emissionen schwerer Nutzmaschinen deutlich sinken. Für landwirtschaftliche Betriebe bedeutet das einen wachsenden Anpassungsdruck, ohne dass bislang eine eindeutige Antriebslösung vorgegeben ist. Wasserstoff gilt in diesem Zusammenhang als eine mögliche Ergänzung zu batterieelektrischen Konzepten, insbesondere dort, wo lange Einsatzzeiten und hohe Leistungsanforderungen zusammenkommen.
Trotz der Fortschritte bleibt der Weg zur Serienanwendung offen. Die Infrastruktur für Wasserstoff ist bislang lückenhaft, die Kosten sind hoch und der Energieaufwand für die Herstellung bleibt ein zentrales Thema. Vertreter von Hörmann betonen daher, dass es nicht darum gehe, kurzfristig bestehende Lösungen zu ersetzen. Vielmehr solle gezeigt werden, dass sich durch neue Denkansätze bekannte Grenzen verschieben lassen. Ob und wann erste Traktoren mit dieser Technik auf Feldern arbeiten, hängt daher weniger von einem einzelnen Prototyp ab als von der weiteren Entwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Quelle: Freie Presse Chemnitz vom 13. Dezember 2025







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