Günther Schuh, ein 65-jähriger Maschinenbauprofessor aus Aachen und ehemaliger Gründer des Streetscooter, hat sich überraschend entschieden, den Elektrovan-Hersteller zu übernehmen. Ursprünglich zögerte Schuh bei der Idee, den insolventen Hersteller zu retten, da er das Projekt als zu komplex und kaum reparierbar ansah. Doch mittlerweile ist er vom Potenzial des von ihm mitentwickelten Lieferwagens überzeugt, wie das Manager-Magazin berichtet. Fraglich ist aber weiterhin, ob Streetscooter überhaupt noch zu retten ist.
Bekannt ist: Schuh plant, den Elektro-Transporter umfassend zu modernisieren und es zu einem kommerziellen Erfolg zu führen. Sein Optimismus stößt jedoch auf Skepsis, da sein Rettungsplan unsichere Finanzierungsquellen und fragwürdige Geschäftspartnerschaften beinhaltet. Zudem ist Schuhs bisherige Laufbahn als Autobauer von gemischtem Erfolg gekennzeichnet. Sein Elektrokleinwagenprojekt Ego musste trotz staatlicher Unterstützung aufgrund technischer Probleme und hoher Produktionskosten eingestellt werden. Mittlerweile hat er hier zwar keine Handhabe mehr. Auf den Markt kommt der E-Kleinwagen dennoch nicht.
Ähnliches könnte beim E-Transporter-Hersteller passieren. Für die Neugestaltung des Streetscooters benötigt Schuh etwa 25 Millionen Euro – die er momentan nicht hat. Die Verhandlungen mit potenziellen Investoren sind kompliziert, da Schuh anscheinend nicht bereit ist, die Kontrolle über das Projekt zu teilen. Angesichts dieser Hürden zeigt er sich entschlossen, notfalls die erforderlichen Mittel durch den Verkauf privater Firmenanteile aufzubringen, so das Manager Magazin.
Die Herausforderung für Schuh besteht darin, die Produktionskosten signifikant zu senken, da derzeit jeder verkaufte Streetscooter einen Verlust von fast 2000 Euro verursacht. Allein für eine effiziente Produktion benötigt das Unternehmen zusätzliche 15 Millionen Euro. Schuh hofft, dank seiner weitreichenden Kontakte in der Automobilindustrie, auf günstige Konditionen bei den Zulieferern.
DHL hat schon weitere Streetscooter bestellt
Spannend ist, dass Schuh den Zuschlag für Streetscooter trotz höherer Angebote von Alternativbietern erhalten hat. Einer der Mitbewerber war Johnny Liu, ein Investor mit US-amerikanischer und singapurischer Staatsbürgerschaft. Lius Dutech-Gruppe ist bekannt für die Übernahme insolventer Unternehmen wie dem Fahrradhersteller Prophete.
Das Manager-Magazin geht davon aus, dass Schuh das Rennen wohl auch wegen guter Verbindungen in die Politik machte. Diese sollte ihrerseits wiederum die DHL Group unter Neu-CEO Tobias Meyer zur Unterstützung der Schuh-Offerte gedrängt haben. Die DHL Group ist weiterhin der Hauptabnehmer der Streetscooter-Flotte. Meyer hat zusätzlich bis zu 1000 neue Elektrotransporter bestellt, um den Neuanfang des Unternehmens zu unterstützen.
Schuh ist überzeugt, dass die früheren Besitzer das einzigartige Konzept des Streetscooters nicht verstanden haben. Er glaubt, dass bereits der Verkauf von 4000 bis 5000 Einheiten pro Jahr ausreichend Gewinn generieren könnte. Dies gilt es nun aber auch zu beweisen.
Quelle: Manager-Magazin – Warum der Streetscooter noch längst nicht gerettet ist