„Ende von Streetscooter ein Armutszeugnis für Deutschland“

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Michael Neißendorfer
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Günther Schuh, einer der beiden Gründerväter des StreetScooter-Projekts, sieht im Produktions-Aus des Elektrotransporters ein grundsätzlicheres Problem für den Standort Deutschland. In einem im Handelsblatt veröffentlichten Gastkommentar erläutert er ausführlich, warum er dieser Meinung ist. Er habe nach dem Einstieg der Deutschen Post eine „Inkarnation der Langsamkeit“ erlebt: „Der externe Vertrieb wurde drei Jahre gestoppt, die Internationalisierung auch, das geplante Re-Engineering-Programm ebenso“, schreibt Schuh.

Aber das ist noch lange nicht alles: „Normale Beschaffungen wurden verschleppt, das Management wurde rausgeschmissen, Amateure wurden eingesetzt, die Bestellungen der eigenen Post-Flotte minimiert, jegliche Verbesserung wurde verboten – und auf eine Gelegenheit gewartet, das Geschäft unter einem Vorwand einzustellen“, so das vernichtende Urteil.

Ihm tue es nun „leid um die 500 tollen Mitarbeiter, die an das Unmögliche geglaubt haben“. Sie seien während des Projekts „an die Grenzen des Möglichen gekommen“. Seiner grundsätzlichen Kritik am Scheitern des StreetScooters knüpft er einige Fragen an, die den Wirtschaftsstandort Deutschland betreffen: „Warum schaffen wir das Unmögliche nicht mehr wie früher? Was ist aus Erfinder-Deutschland geworden? Wir sind immer noch vorn dabei bei Patenten und tausenden inkrementellen Innovationen, gerade aus dem Mittelstand. Aber warum überlassen wir die großen Disruptionen anderen?

„Silicon Valley ist haushoch überlegen“

Deutschland schaffe „das Unmögliche nicht, weil wir es gar nicht erst versuchen“. Das sei mit ein Grund, warum der Tech-Standort Silicon Valley in den USA „so haushoch überlegen“ sei: „Weil dort ein ganzes Ökosystem tagtäglich nach dem Unmöglichen sucht, das Kunden begeistern und die Welt verbessern könnte. Wir suchen eher nach kleinen, machbaren Ideen.“

Schuh zieht Tesla als Analogie heran. In Kalifornien ein Autounternehmen aufzubauen sei ungefähr so schwer gewesen „wie eine Brauerei in der Wüste hochzuziehen“. Dort gab es „keine anderen Autohersteller, keine Zulieferer, keine Engineering-Dienstleister, keine Anlagenbauer“. Das „perfekt trainierte Möglichmacher-Ökosystem um Elon Musk“ habe es trotzdem geschafft, einen mittlerweile an der Börse höchst dotierten Autohersteller aus dem Boden zu stampfen, der mit dem Model 3 das aktuell weltweit meistverkaufte Elektroauto herstellt.

Auch Streetscooter hätte „Unmögliches geschafft“, so Schuh, schließlich „gab es acht Jahre danach immer noch keinen adäquaten Wettbewerber“ im Segment der Elektrotransporter. Anders als Tesla allerdings hatte Streetscooter „weder eine ausreichende Finanzierung“ noch einen „realistischen Zugang zum Kapitalmarkt“.

Schade für Deutschland“, resümiert Schuh, der mit dem Wunsch, dass durch die StreetScooter-Pleite andere ähnliche Projekte hoffentlich nicht entmutigt werden, seinen Gastbeitrag beendet.

Quelle: Handelsblatt — Das Ende von Streetscooter ist ein Armutszeugnis für Deutschland

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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