Sicherheitsmängel: Droht Wallbox-Hersteller Easee ein Verkaufsverbot?

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Felix Katz
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Ein schwedisches Prüfinstitut hat verschiedene Wallboxen genauer unter die Lupe genommen. Nach dem Test habe man an Ladegeräten des norwegischen Unternehmens Easee „schwerwiegende Fehler und Mängel“ gefunden. Nun soll ein Verkaufsverbot drohen, wenn der Wallbox-Hersteller nicht Stellung nimmt.

„Elsäkerhetsverket“ hat die Ladeboxen „Home“, „Charge“ und „Ready“ des norwegischen Herstellers Easee untersucht. Die schwedische Aufsichtsbehörde kommt zu dem Schluss, dass die Produkte die grundlegenden Sicherheitsanforderungen für den Verkauf auf dem Markt nicht erfüllen. Sie hat daher dem norwegischen Hersteller mitgeteilt, dass sie ein Vermarktungsverbot erwägt für die Modelle Easee Home, Charge und Ready, die alle baugleich sind. Aufgrund der EU-Vorschriften könnte ein Handelsverbot in Schweden auch hierzulande Folgen haben. Nun hat der norwegische Hersteller Easee bis Mitte Februar Zeit, zu den von der schwedischen Behörde behaupteten Fehlern und Auslassungen Stellung zu nehmen.

Sicherheitsmängel können für erhöhte Brandgefahr sorgen

Eigentlich lief es für den norwegischen Wallbox-Hersteller Easee bisher gar nicht so schlecht. Zumal die Produkte bei Tests ganz gut abschnitten. Bei einem Test des ADAC vom Oktober 2022 lautete das positive Fazit: „Ebenfalls auf Platz drei mit der Note 1,9 landet die Wallbox Home von der Firma Easee. Die Wallbox kostet nur 850 Euro und gefällt durch das unkomplizierte Handling sowie sicheres Laden“. Und auch bei der Stiftung Warentest konnte das Easee-Produkte überzeugen. Weit und breit nichts zu finden von Sicherheitsmängeln. Doch laut zehnseitigem Schreiben der schwedischen Aufsichtsbehörde Elsälerhetverket an Easee, die dem Onlineportal electrive.net vorliegt, sei bei den Wallboxen „entgegen der Deklaration offenbar kein FI-Schalter verbaut“ – und dies erhöhe die Brandgefahr. Zudem sollen einige EU-Deklarationen nicht erfüllt worden sein, was auch Auswirkungen in anderen Ländern haben könnte. Dabei gibt es mehrere Vorwürfe, die sich auf die Sicherheit des Produkts auswirken. Der zentrale Vorwurf: „In der Bedienungsanleitung steht, dass das Produkt über einen eingebauten FI-Schutzschalter verfügt. Das Produkt ist nicht mit einem FI-Schutzschalter (30mA AC/6mA DC) ausgestattet, wie in der Gebrauchsanweisung angegeben“. Außerdem: „In der Anleitung wird nicht erwähnt, dass dem Produkt ein Fehlerstromschutzschalter vorgeschaltet werden muss, wenn es an das Festnetz angeschlossen werden soll.“

In einer Bedienungsanleitung des Herstellers zur Wallbox „Easee Home“ steht folgendes geschrieben: Im Ladegerät ist gemäß EN 61008-1 und IEC 62955 eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) integriert. Diese schaltet den Strom zum Elektrofahrzeug ab, wenn ein Fehlerstrom von 4-6 mA DC bzw. 20-30 mA AC auftritt. Der RCD wird durch Abziehen des Ladekabels und erneutes Einstecken zurückgesetzt. Der integrierte RCD wird in regelmäßigen Abständen automatisch vom Laderoboter getestet und kalibriert. Der integrierte Fehlerstromschutz hat keinen Einfluss auf die Funktion externer Schutzeinrichtungen. In einem dedizierten Stromkreis, wo ein Kabel der Klasse II (doppelt isoliertes Kabel) den/die Laderoboter versorgt, ist keine externe RCD erforderlich. Für andere Installationsszenarien können die örtlichen Vorschriften abweichen und müssen erfragt werden.“

Mit dem angeblich integrierten FI-Schalter (Typ B) soll sich die Easee Home von anderen Wallboxen abheben. Manche Konkurrenzprodukte haben einen, manche nicht. Ist dies nicht der Fall, so muss dieser Fehlerstromschutzschalter vom Elektriker gesondert verbaut werden – und das kostet eben extra. Verlassen sich Kunden und der Elektriker auf die Information, dass ein FI-Schalter ab Werk verbaut ist, kann im Falle eines Fehlers oder Kurzschlusses der Strom nicht automatisch getrennt werden. „Bei Erd- oder Gleichstromfehlern besteht Verletzungs- und Brandgefahr“, heißt es auf electrive.net.

Sicherheitsmängel: Droht Wallbox-Hersteller Easee wirklich ein Verkaufsverbot?
Die Wallbox „Home“ von Easee | Bild: Easee

Mängel sind schon länger bekannt

Doch scheinbar ist hier die Mängelliste noch nicht zu Ende: Laut electrive.net gäbe es „zusätzliche Mängel auf, die über die bei den vorangegangenen Prüfungen und Untersuchungen durch die Behörde für elektrische Sicherheit festgestellten Mängel hinausgehen. Zusätzlich zum fehlenden Nachweis der Funktion des Fehlerstromschutzschalters und des Gleichstromschutzes versagt das Produkt bei der Überspannungsprüfung LLLN->CP, was einen schweren Mangel darstellt.“ Auch soll die schwedische Prüfeinrichtung die fehlende Kennzeichnung des Herstellungsdatums, schlecht oder gar nicht lesbare Kennzeichnungen hinter einer Abdeckung und auch eine „lückenhafte Gebrauchsanweisung“ bemängelt haben.

In Ihrer EU-Konformitätserklärung habe das Unternehmen laut Elsäkerhetsverket zwar erklärt, dass das Produkt mit den Normen übereinstimme, jedoch sei das Gegenteil der Fall. Das Produkt müsse alle Anforderungen der Normen erfüllen und nicht nur ausgewählte Teile. Außerdem sei bei der Prüfung aufgefallen, dass jetzt aufgeführte Kennzeichnungsmängel bereits Juni 2021 bemängelt worden sind. Dies kann böse Folgen haben. Kann das Unternehmen die Vorwürfe nicht entkräften oder beseitigen, so droht schlimmstenfalls ein Verkaufsverbot. 

„Easee steht der Sicherheitsprüfung positiv gegenüber“

In einer aktuellen Stellungnahme von Easee zu Fragen der schwedischen Behörde für elektrische Sicherheit heißt es: „Wir können bestätigen, dass wir im Dialog mit der schwedischen Agentur für elektrische Sicherheit stehen. Dies ist Teil eines Prozesses, bei dem Elsäkerhetsverket im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit mehrere Hersteller von Ladegeräten für Elektroautos (Wallboxen) in Schweden untersucht. Easee steht Elsäkerhetsverket in Bezug auf die Sicherheitsprüfung sehr positiv gegenüber, begrüßt den Dialog und wird die Fragen innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens beantworten.“

Da Hersteller Easee Zeit hat, zu der laufenden Studie Stellung zu nehmen, steht ein finales Ergebnis des Prüfinstitutes noch nicht fest. Elsäkerhetsverket erklärte Anfang Februar: „Ein Fall ist noch anhängig, in dem die Partei die Möglichkeit hatte, zu der laufenden Studie Stellung zu nehmen. Wenn die Antwortfrist nächste Woche abläuft, wird die Untersuchung abgeschlossen sein. Die schwedische Behörde für elektrische und elektronische Sicherheit wird dann eine Entscheidung in dieser Sache treffen.“

Insgesamt wurden sechs Modelle von verschiedenen Herstellern ausgewählt. Gemeinsam ist ihnen, dass sie auf dem Markt erhältlich sind und dass die Hersteller in Europa ansässig sind. Die Produkte wurden getestet, um sicherzustellen, dass sie die erforderlichen Sicherheitsstandards erfüllen – einschließlich der Gefahr von Überhitzung und Feuer, dass die Abstände zwischen den verschiedenen Komponenten ausreichend sind und dass kein Risiko eines elektrischen Schlags oder Stromflusses besteht. Das Produkt muss sicher in der Anwendung sein. Alle von der schwedischen Agentur für elektrische Sicherheit geprüften Produkte wurden an unabhängige Prüfstellen geschickt. Neben den technischen Prüfungen wurden auch die administrativen Anforderungen wie Kennzeichnung, Dokumentation und EU-Erklärung kontrolliert.

Quellen: electrive.net, ADAC, Stiftung Warentest, Easee

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Felix Katz

Felix Katz

Felix Katz liebt alles, was vier Räder und einen oder gleich mehrere Motoren hat. Nicht nur Verbrenner, sondern vor allem Elektroautos haben es ihm angetan. Als freiberuflicher Autojournalist stromert er nicht nur fast jeden Tag umher, sondern arbeitet seit über zehn Jahren für viele renommierte (Fach-)Medien und begleitet den Mobilitätswandel seit Tag eins mit.

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