Das Wachstum der Elektromobilität in Deutschland ist ungebremst. In den ersten acht Monaten des Jahres 2021 wurden bereits 203.040 reine Elektroautos neu zugelassen. Damit steigt der Bestand an E-Autos auf deutschen Straßen auf gut 512.000 Fahrzeuge an und wird zum Jahresende bei etwa 600.000 Pkw liegen. Die Monatswerte der Neuzulassungen untermauern den Aufwärtstrend der Elektromobilität in Deutschland, wobei sich der Anteil an Elektro-Pkw an den gesamten Pkw-Neuzulassungen von unter zehn Prozent zum Jahresbeginn auf mittlerweile 15 Prozent kontinuierlich erhöht hat.
Im Auftrag des Speicherspezialisten E3/DC untersuchte das Bonner Beratungshaus EUPD Research die Auswirkungen der Elektrifizierung der Mobilität auf den Strombedarf in den Verteilnetzen und dessen Bereitstellung im Gebäude. Die Zahlenspiele in der Analyse sind durchaus interessant und zeigen, wie der Ausbau von PV-Anlagen mit Stationärspeichern zu einer bedarfsgerechten Versorgung mit erneuerbaren Energien beitragen kann. Denn die Ergebnisse von EUPD Research legen in diesem Zusammenhang eine hohe Bedeutung heimischer Ladeninfrastruktur offen. In einer Befragung von Elektroauto-Besitzern zeigt sich, dass mehr als drei Viertel der Ladevorgänge zuhause stattfinden. Hingegen werden lediglich 15 Prozent der Ladevorgänge an öffentlichen Ladestationen und mit neun Prozent der geringste Anteil an Ladevorgängen am Arbeitsplatz durchgeführt.
Die Klimaschutzwirkung der Elektromobilität entfaltet sich nur dann im höchsten Maße, wenn zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien in die Batterie geladen wird. Analog zu Analysen von Verbrennungsmotoren weicht der Stromverbrauch von E-Autos im realen Betrieb von den Herstellerangaben ab. Als Durchschnittswert der aktuellen E-Autoflotte in Deutschland kann ein Verbrauchswert von 18,9 kWh je 100 km ermittelt werden. Zusätzlich zum Stromverbrauch im Fahrbetrieb entstehen beim Ladevorgang der Fahrzeugbatterie Ladeverluste, die sich erfahrungsgemäß um einen Wert von gut zehn Prozent bewegen. Dies bedeutet, dass zum Ende dieses Jahres die vollelektrische Fahrzeugflotte von 600.000 Pkw in Deutschland einen Stromverbrauch von gut 1,8 TWh aufweist. Unter Verwendung der Befragungsergebnisse mit einem Anteil von 77 Prozent heimischer Ladevorgänge ergibt sich eine Strommenge an 1,3 TWh beim heimischen Laden, so die Analyse von EUPD Research.
Zur rein bilanziellen Deckung dieser Strommenge müssten 187.000 Ein- und Zweifamilienhäuser mit einer 7,5-kW-Photovoltaik-Anlage ausgestattet werden. Die Relation dieses Ausbaupfades zeigt das Rekordjahr 2020, in welchem auf Ein- und Zweifamilienhäusern 152.000 PV-Anlagen errichtet wurden.
Beim heimischen Laden von Solarstrom kommt den stationären Heimspeichern eine wesentliche Funktion zu, da die zeitliche Verfügbarkeit des Solarstroms vergrößert wird und damit der Anteil an solarer Deckung beim Laden des E-Autos deutlich wächst. „Wenn man bedenkt, dass wir in Deutschland zum Ende 2021 gerade einmal 1,2 Prozent des Pkw-Bestandes voll elektrisiert haben werden, wird die Dimension des erforderlichen Strukturwandels durch die Elektromobilität deutlich“, sagt Dr. Martin Ammon, Geschäftsführer von EUPD Research.
„Die Analyseergebnisse stellen klar heraus, dass bereits im Kontext der Elektromobilität ein deutlich stärkerer Ausbau an privaten Photovoltaik-Anlagen notwendig ist, als dieser heute erfolgt. Die zukünftig erforderliche Umrüstung der Heizungssysteme auf strombasierte Lösungen wird den Ökostrom-Bedarf nochmals deutlich erhöhen. Diese Entwicklungen bedingen den analogen Ausbau der Speicherinfrastruktur, um Stromangebot und -nachfrage miteinander in Einklang zu bringen“, ergänzt Dr. Andreas Piepenbrink, Geschäftsführer der HagerEnergy GmbH.
Zehn Millionen Elektroautos bis 2030
Die aktuellen politischen Debatten im Vorfeld der Bundestagswahl zeigen zwar in vielen Punkten unterschiedliche Positionen der Parteien auf, jedoch sind sich die Kontrahenten einig, dass eine Verkehrswende nur mit der Abkehr vom Verbrennungsmotor möglich ist. Die Elektromobilität wird kurz- und mittelfristig übereinstimmend als wesentliche Technologie angesehen. Der E-Auto-Anteil bei den Neuzulassungen soll der EUPD Research Analyse zufolge bis 2030 auf 57 Prozent ansteigen. Bis zum Jahr 2030 wird deshalb eine Anzahl von zehn Millionen zugelassenen Elektro-Pkw prognostiziert. Der von den Elektro-Pkw verursachte jährliche Stromverbrauch erreicht damit in 2030 einen Wert von 29 Terrawattstunden, was beginnend in 2021 einem jährlichen Wachstum des Stromverbrauches von 36 Prozent entspricht.
Aufgrund noch unzureichend ausgebauter öffentlicher Ladeinfrastruktur und hoher Anschaffungskosten finden sich unter den Elektromobilisten gegenwärtig zumeist Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern, in denen die Installation einer Wallbox relativ einfach ist. Für die zukünftige Entwicklung wird angenommen, dass mit einer größeren Modellpalette an Elektroautos, einer deutlich verbesserten Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum sowie auf den Parkplätzen von Mehrfamilienhäusern, zunehmend Wohnungsmieter und -eigentümer auf die Elektromobilität umsteigen werden.
Trotz dieses Trends wird für 2030 mit einem Anteil von 62 Prozent bzw. 6,2 Millionen Elektro-Pkw die Mehrzahl der Elektromobilisten unter den Bewohnern von Ein- und Zweifamilienhäusern gesehen. Zugleich wird davon ausgegangen, dass im deutschlandweiten Durchschnitt etwa 60 Prozent der bestehenden Dachflächen von Ein- und Zweifamilienhäusern für Photovoltaik-Anlagen geeignet sind. Wird dieses Potential für die solare Elektromobilität konsequent ausgeschöpft, dann müssten im Jahr 2030 3,7 Millionen PV-Anlagen im privaten Segment installiert und mit einer Wallbox gekoppelt sein.
Zum Vergleich der aktuelle Stand: Ende 2021 werden knapp 1,5 Millionen Photovoltaik-Kleinanlagen auf Ein- und Zweifamilienhäusern installiert sein, wobei gut die Hälfte dieser Anlagen mindestens eine installierte Leistung von 7 kWp besitzt. Diese PV-Leistung in Kombination mit einem Heimspeicher ist notwendig, um neben dem Haushaltsverbrauch das Elektroauto mit einem signifikanten Anteil an Solarstrom laden zu können. Abzüglich der PV-Bestandsanlagen mit mehr als 7 kWp ergibt sich damit ein Bedarf an 2,9 Millionen neuen PV-Kleinanlagen über 7 kWp bis 2030.
Jährliche Neuinstallationen müssten sich verfünffachen
Ausgehend von rund 110.000 PV-Speicher-Neuinstallationen mit mehr als 7 kWp Solarleistung in 2021 müssen sich die jährlichen Neuinstallationen mehr als verfünffachen, um das skizzierte Ziel zu erreichen. Ergänzend hierzu ist ein wachsender Bedarf an Speichernachrüstungen für PV-Bestandsanlagen festzustellen, um unabhängig von der Fahrzeugverwendung ausreichend Solarstrom zum Laden der Elektro-Pkw zur Verfügung zu stellen. Zur Abdeckung eines Solarstromanteils von 80 Prozent bei den 3,7 Millionen Elektro-Pkw, die im Jahr 2030 aus einem PV-Speicher-System mit Solarstrom geladen werden können, ist eine Speicherkapazität von 28 GWh erforderlich. Gemessen am aktuellen Ausbaustand von 2 GWh kumulierter Heimspeicher-Kapazität offenbaren sich die Dimensionen des notwendigen Zubaus im laufenden Jahrzehnt.
Im Zeitraum bis 2030 wird analog der historischen Entwicklung auch zukünftig von einer steigenden Anlagenleistung im PV-Kleinanlagensegment ausgegangen. Mit einer Durchschnittsgröße von 8,6 kWp PV-Leistung wird eine durchschnittliche Speicherkapazität von 7,7 kWh ermittelt, die auf 3,7 Millionen Systeme gerechnet der Gesamtkapazität von 28 GWh entspricht.
„Wenngleich der Ausblick auf 2030 bereits ein massives Wachstum offenlegt, so wird der Verkehrssektor auch dann noch zu knapp 80 Prozent von Verbrennungsmotoren dominiert. Dies macht deutlich, dass Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eng zusammenarbeiten müssen, um den Wandel in der Verkehrswende schnellstmöglich zu vollenden“, kommentiert Dr. Martin Ammon, Geschäftsführer der EUPD Research.
Quelle: E3/DC – Pressemitteilungen vom 14.09.2021 und 21.09.2021