An deutschen Ladesäulen herrscht weiterhin ein Preiswirrwarr: Wer sein Elektroauto unterwegs laden möchte, muss oft mehrere Kundenkarten oder Apps bereithalten – und zahlt je nach Anbieter, Vertrag und Standort teils deutlich unterschiedliche Beträge. Einheitliche Regelungen oder transparente Preisstrukturen fehlen bislang, was teilweise selbst geübte Elektromobilisten vor Herausforderungen stellt.
Die Unterschiede beginnen schon an der Ladesäule. Während Autofahrer:innen an Tankstellen sofort erkennen, was ein Liter Kraftstoff kostet, ist der Preis pro Kilowattstunde beim Stromladen oft nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Er hängt davon ab, ob man Kunde des jeweiligen Betreibers ist, einen Vertrag mit Grundgebühr nutzt oder spontan per EC- oder Kreditkarte bezahlt. Letzteres war lange Zeit gar nicht möglich – viele Betreiber sperrten sich gegen die Einführung solcher Bezahlsysteme. Erst mit neuen gesetzlichen Vorgaben sind sie verpflichtet, bis Ende 2026 entsprechende Terminals nachzurüsten.
Für Fahrer:innen, die ohne festen Vertrag laden, kann das teuer werden. Eine Analyse des ADAC aus dem Juli zeigt Preisaufschläge von bis zu 62 Prozent für spontane Ladevorgänge, vor allem an Autobahnraststätten. Damit wird das Laden auf Reisen zu einem kostspieligen Unterfangen. Verbraucherschützer raten daher, mehrere Karten verschiedener Anbieter zu besitzen, um flexibel auf unterschiedliche Tarife reagieren zu können.
Winfried Hermann: Aufschläge auf Ladepreis müssen begrenzt werden
Die unübersichtliche Preisgestaltung ruft auch politische Akteure auf den Plan, wie etwa der SWR berichtet. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hält demnach die Situation für untragbar. „Auf einen Blick muss erkennbar sein, was das Laden kostet – wie beim Tanken“, fordert der Grünen-Politiker. Sein Ministerium will auf der Verkehrsministerkonferenz einen Antrag stellen, der Ladepunktbetreiber zur Offenlegung ihrer Preisdaten verpflichtet. Aufschläge von mehr als 20 Cent pro Kilowattstunde für Fremdkunden seien nicht akzeptabel. „Es kann nicht sein, dass man für dieselbe Kilowattstunde das Doppelte bezahlt. Das ist nicht zu rechtfertigen“, so Hermann.
Die fehlende Transparenz trifft eine Branche, die ohnehin mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat. Trotz steigender Zulassungszahlen liegt der Anteil reiner Elektroautos in Baden-Württemberg bei nur rund vier Prozent. Für viele potenzielle Käufer bleibt das Ladenetz zu undurchsichtig, die Preisgestaltung zu unberechenbar. Dabei setzt die Politik große Hoffnungen in den Ausbau der Elektromobilität – auch, um die heimische Autoindustrie auf dem Weg zur Klimaneutralität zu stützen.
Gleichzeitig verschärfen sich die wirtschaftlichen Spannungen im Autoland Baden-Württemberg. Mehrere Hersteller und Zulieferer haben angekündigt, Stellen zu streichen oder umzustrukturieren, um sich auf die Transformation vorzubereiten. Entsprechend groß ist der politische Druck, die Bedingungen für Elektroautos attraktiver zu gestalten – auch durch nachvollziehbare Kostenstrukturen.
Europäische AFIR-Verordnung soll Klarheit schaffen
Ein Stück weit soll hier die europäische AFIR-Verordnung Abhilfe schaffen. Sie schreibt vor, dass die Ladepreise direkt an der Säule klar ausgewiesen werden müssen, notfalls mit einem nachträglich angebrachten Schild. Die Betreiber haben bis Ende 2026 Zeit, diese Vorschrift umzusetzen. Doch bisher ist sie vielerorts nicht erfüllt. Hermann fordert deshalb, dass die Preisangaben künftig auch in den Navigationssystemen der Autos angezeigt werden. Das würde nicht nur Transparenz schaffen, sondern auch den Vergleich zwischen Anbietern erleichtern.
Mit der geplanten Initiative will Baden-Württemberg nun den Bund in die Pflicht nehmen, stärker auf eine einheitliche Umsetzung der Vorgaben zu drängen. Es ist bereits der zweite Vorstoß der Landesregierung in kurzer Zeit: Erst kürzlich hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Initiative zu Tankstellenpreisen in den Bundesrat eingebracht. Beide Projekte zeigen, wie eng die Fragen rund um Energiepreise und Mobilität inzwischen miteinander verknüpft sind – und dass der Wandel zur Elektromobilität nicht allein eine technische, sondern auch eine politische Aufgabe bleibt.
Quelle: SWR.de – Preis-Wirrwarr an der Ladesäule: BW will mehr Transparenz beim Laden von E-Autos







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