Es ist wie im Leben auch: Ein Image hat man schnell, aber gerade, wenn es ein schlechtes ist, kriegt man es nur sehr schwer wieder los. Chinesische Autobauer kennen das nur allzu gut. Reihenweise kollabierten in den 2000er-Jahren Autos wie Ambitionen an diversen Barrieren. Crashtests deckten gnadenlos auf, dass sich zwar eine Silhouette gut kopieren lässt, Sicherheit aber eben nicht. Modellen wie dem X5-Aufguss Shuanghuan CEO oder dem SUV Jiangling Landwind attestierten die ADAC-Prüfer seinerzeit einen Rückstand auf gängige Standards, der sich in Jahrzehnten bemaß.
Fortan war die Angst vor Autos aus dem Reich der Mitte greifbar. Nahezu einhellige Meinung: Was brächte ein noch so verlockendes Schnäppchen, wenn einem der Billigheimer bei einem Unfall kaum Überlebenschancen lässt? Es sollte Zwei Jahrzehnte dauern, bis dieser Makel aus dem Gedächtnis geraten würde. Ganz besonders in Deutschland. Dort schätzt man schließlich Sicherheit seit jeher ganz besonders.
E-Autos aus China auf Top-Niveau
Mittlerweile haben sich die Verhältnisse beinahe umgekehrt. Chinesische Autos sind in Sachen Sicherheit auf absolutem Top-Niveau unterwegs. Beim EuroNCAP 2022 siegte der vollelektrische Funky Cat souverän bei den Kompaktwagen. Dabei profitiert Ora selbstverständlich von der Konzernmutter Great Wall Motor (GWM). Dort pflegt man insgesamt fünf Automarken – vor allem aber ein weltweites Netzwerk in Sachen Forschung und Entwicklung. Mit Erfolg. Der ebenfalls bei GWM produzierte Wey Coffee 01 entschied die EuroNCAP-Wertung der großen SUV für sich.
Doch Sicherheit ist nicht alles. Ora will auch bei der Bedienung punkten. Noch gar nicht lange her ist es, da gab es in jedem Auto Schalter für alles Erdenkliche. Druckschalter, Kippschalter, Drehschalter. Große und kleine, ein- und mehrstufig, mit und ohne Kontrollleuchte. Die Steuerung schien vollendet.
Irgendwann kamen die ersten Cockpit-Displays – und kluge Menschen auf die Idee, den einen oder anderen Schalter ins Lenkrad zu verlegen. Damit man der Verkehrssicherheit wegen die Finger nicht mehr vom Volant zu nehmen brauchte. Sich fortan beidhändig durch diverse Ansichten drücken und rädeln zu können, machte die Sache aber nicht wirklich besser, weil noch immer der Blick nicht stetig dort bleiben konnte, wo er hingehört.
Das änderte sich auch nicht grundlegend, als der Touchscreen die Armaturentafeln eroberte und handelsübliche Mittelkonsolen plötzlich aussahen wie Smartphones. Nur waren die Augen jetzt eher auf den Bildschirm gerichtet als auf die Fahrbahn. Und zwei Sekunden Ablenkung bedeuten nun mal bereits bei Tempo 50 fast 30 Meter Blindfahrt, bei 130 auf der Autobahn sind es schon mehr als 70.
Noch nicht mal die zwischenzeitlich erfundene Gesten-Steuerung funktioniert ablenkungsfrei. Und erstaunlicherweise darf man während der Fahrt zwar nicht mit dem Handy telefonieren, aber ohne Ende einigermaßen dämlich anmutende Bewegungen vollführen.
Sprache statt Touchscreen und Gesten-Steuerung
Mittlerweile allerdings sieht es tatsächlich nach dem ganz großen Umbruch aus. Dank moderner Technik kann man mit vielen Autos bereits auf die vernünftigste aller Arten kommunizieren: per Sprache. Ora will mit dem ausgefeilten Dialog im Kompaktsegment punkten. Auf Zuruf öffnet der Funky Cat Schiebedach, Kofferraum und Fenster, startet die Sitzheizung oder weist den Weg zur nächsten Cafeteria. Glaubt man dem Hersteller, hat die Stimme aus dem Off sogar Quizfragen für Langeweilstunden im Stau parat.
Bei so viel Technik werde klar, dass die Autos keine Billigprodukte sein könnten, sagt Ora-Deutschland-Chef Jens Schulz. Dazu komme noch die reichhaltige Ausstattung. Um diese bereinigt sei der Funky Cat aber immer noch günstiger als die direkte Konkurrenz. Wichtig sei am Ende, dass die monatliche Belastung – sei es Finanzierung oder Leasing – ins Budget passt. Leider seien die Preise für E-Autos durch Corona und Kriegsfolgen generell gestiegen. „Das ist eine Herausforderung für die gesamte Branche.“