Immer mehr Verkehrsunternehmen setzen auf batterieelektrische Busse, um ihre Flotten klimaneutral auszurichten. Doch hohe Anschaffungskosten, begrenzte Reichweiten und Einschränkungen bei den Ladezeiten stellen die ÖPNV-Anbieter vor neue Herausforderungen. In einer aktuellen Studie hat das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI den Energieverbrauch und das Ladeverhalten einer städtischen Elektrobusflotte über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren ausgewertet. Die Untersuchung zeigt: Mit gezielten Anpassungen in Betrieb und Lademanagement lassen sich Energieverbrauch verringern, Batterien länger nutzen und CO2-Emissionen deutlich senken – und das ohne tiefgreifende Änderungen im Betriebsablauf.
Auf der Basis von realen Betriebsdaten präsentiert die Studie eine Analyse des Energieverbrauchs von Elektrobussen in Abhängigkeit von der Außentemperatur und der durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit. Für typische urbane Umläufe konnten klare Referenzwerte abgeleitet werden. Diese Kennzahlen bieten Verkehrsunternehmen eine zuverlässige Grundlage, um Reichweiten zuverlässig zu prognostizieren, Umläufe realistisch zu planen und Ladefenster besser zu timen, so das Fraunhofer IVI.
Um darüber hinaus Empfehlungen für eine batteriefreundliche Nutzung abzuleiten, standen das State-of-Charge-Fenster (SOC) während des Betriebs und in Stillstandsphasen sowie die Ladeleistung im Fokus. Das Lade- und Batteriemanagement bietet entscheidendes Optimierungspotenzial: Werden die Busse nicht permanent im Bereich von 95 bis 100 Prozent Ladezustand (State of Charge, SOC) gehalten, sondern in einem um rund 20 Prozentpunkten abgesenkten SOC-Fenster betrieben, lasse sich die Alterung der Batterie erheblich verlangsamen.
Ein noch größerer Effekt entstehe, wenn intelligentes Depotladen umgesetzt wird: Die Busse sollten erst kurz vor ihrem nächsten Einsatz auf volle Kapazität geladen werden, statt lange im vollgeladenen Zustand abgestellt zu sein. Simulationen zeigen, dass sich die Batterielebensdauer dadurch von etwa elf auf bis zu 16 Jahre verlängern lässt – ohne nennenswerte Verzögerungen im Betrieb.
Für eine praxisgerechte Umsetzung empfiehlt das Forschungsteam den Einsatz von 90-Prozent-Perzentil-Verbrauchskurven. Diese bilden nicht nur Durchschnittswerte ab, sondern berücksichtigen auch Spitzenlasten bei ungünstigen Bedingungen. Damit lassen sich Lade- und Einsatzpläne temperatur- und geschwindigkeitsabhängig anpassen und so Energieeffizienz, Zuverlässigkeit und Batterielebensdauer gezielt steuern.
Praxisnahe Forschung für den Betrieb von Elektrobussen
Besonders relevant: Alle Ergebnisse basieren auf Langzeit-Monitoringdaten einer städtischen E-Busflotte im Realbetrieb. Verkehrsunternehmen erhalten damit keine theoretischen Modellierungen, sondern belastbare, feldgetestete Handlungsempfehlungen. Das macht die Resultate direkt anwendbar – sowohl bei der Optimierung bestehender Flotten als auch bei der Planung neuer Infrastruktur.
Da die angegebenen Werte als umlaufspezifische Energieverbräuche für städtische Fahrzyklen zu verstehen sind, ergeben sich weitere Untersuchungs- und Validierungsmöglichkeiten mit unterschiedlichen Einsatzprofilen – z. B. bei Überlandlinien oder in der Logistik. Die vollständigen Ergebnisse sind im World Electric Vehicle Journal als Open Access Paper erschienen.
Quelle: Fraunhofer IVI – Pressemitteilung vom 09.10.2025