Ratgeber: Vorteile, Nachteile und FAQ zum One Pedal Driving

Cover Image for Ratgeber: Vorteile, Nachteile und FAQ zum One Pedal Driving
Copyright ©

Florenc.Elezi / Shutterstock / 2395072507

Maria Glaser
Maria Glaser
  —  Lesedauer 5 min

Nur zu gut erinnern sich wohl die meisten an ihre ersten Fahrstunden: Das linke Pedal voll durchtreten, den Gang einlegen und dann den Fuß leicht zurücknehmen, bis die Kupplung kommt, während man gleichzeitig ein wenig Gas gibt. Bis sich für dieses Zusammenspiel der Füße ein gutes Gefühl entwickelt, kann ziemlich viel Zeit ins Land gehen. Stattdessen hört man zu Beginn oft nur das Geräusch des abwürgenden Motors, auch das kennt wohl kaum jemand nicht.

Mit der Einführung von Automatikgetrieben und damit dem Wegfall des Kupplungspedals hat sich das Leben vieler Autofahrer:innen stark vereinfacht, reichte fortan ein Fuß für zwei Pedale. Und selbst das ändert sich zunehmend, denn es gibt dank Elektroautos eine weitere Entwicklung: das One Pedal Driving. Dieser Artikel beleuchtet, wie One Pedal Driving funktioniert, welche Vorteile es bietet und welche Herausforderungen es mit sich bringt.

Wie funktioniert One Pedal Driving?

Schon 2010 hat der japanische Erfinder Masuyuki Naruse ein Pedal erfunden, mit dem beschleunigt und durch einen seitlichen Hebel gebremst werden konnte. Die Idee dahinter: Durch die Nutzung eines einzigen Pedals kann das Fahren einfacher und bequemer gemacht werden.

Bei Hybridautos und Elektroautos kommt bei der Technologie des One Pedal Driving noch eine weitere Komponente dazu, das regenerative Bremsen, das jedes Elektroauto beherrscht, auch ohne One-Pedal-Funktion. Die Bewegungsenergie beim Verzögern wird dabei in elektrische Energie umgewandelt und in die Fahrzeugbatterie zurück gespeist. Dieser Prozess wird auch als Rekuperation bezeichnet und sorgt für längere Reichweiten von Elektroautos. Je nach Fahrzeugmodell kann die Bremswirkung des regenerativen Systems so stark sein, dass die eigentlichen Bremsen nur noch selten betätigt werden müssen.

Die Funktion des One Pedal Drivings kann in den meisten Autos mit einem Schalter aktiviert und deaktiviert werden, da manche Elektroauto-Fahrer das starke Verzögern auf Landstraßen- und Autobahn-Etappen als störend und unpraktisch empfinden. Bei aktivem One Pedal Driving ist vorausschauendes Fahren gefragt. Wer beispielsweise vor einer Ampel oder einem Stoppschild anhalten muss oder abbiegen will, nimmt den Fuß am besten frühzeitig vom Gaspedal. Das Fahrzeug beginnt dann mit einer Verzögerungskraft von ca. 20 Prozent der vollen Bremskraft zu verzögern und verlangsamt das Fahrzeug allmählich. Sobald das Auto vollständig zum Stillstand gekommen ist, werden die hydraulischen Bremsen aktiviert, um weiter zu stehen. Anschließend wird über dasselbe Pedal wieder beschleunigt.

In diesem Prozess funktionieren die Bremslichter so wie bei herkömmlichen hydraulischen Bremsen. Sie leuchten also auf, wenn das Pedal losgelassen wird und informieren dadurch die nachfolgenden Verkehrsteilnehmenden.

Vorteile von One Pedal Driving

Das Fahren mit nur einem Pedal hat einige Vorteile für Nutzer:innen. Beispielsweise trägt es zu einem erhöhten Fahrkomfort bei, denn mit nur einem Pedal zu fahren, verringert die Notwendigkeit, ständig zwischen Gas- und Bremspedal zu wechseln. Obwohl das One Pedal Driving eine Gewöhnungsphase mit sich bringt und Feingefühl benötigt, ist es langfristig für viele die bequemere und entspanntere Art zu fahren. Durch die langsame Verzögerung ist der Bremsprozess zudem sanft und angenehm.

Außerdem sorgt die Technologie bei Elektroautos für Energieeffizienz, da durch das regenerative Bremsen ein Teil der Energie zurückgewonnen und die Reichweite signifikant erhöht wird, je nach Fahrweise können im Schnitt 10 bis 30 Prozent der eingesetzten Energie wieder zurück in den Akku fließen.

Neben der Reichweite verlängert das regenerative Verzögern auch die Lebensdauer der herkömmlichen Bremsen. Da sie seltener betätigt werden, kommt es zu einem geringeren Verschleiß, wodurch sich die Intervalle zwischen der Wartung und dem Austausch des Bremssystems deutlich verlängern. Ebenfalls nimmt durch den geringeren Einsatz der üblichen Bremsen auch der Bremsstaub in der Luft ab, was durch die geringere Feinstaubbelastung einen Vorteil für die Umwelt darstellt.

Herausforderungen und Eingewöhnung

Das Fahren mit einem Pedal erfordert etwas Übung, denn das Loslassen des Gaspedals führt direkt zu einem sanften Bremsen. Entsprechend müssen dabei der Bremsweg und das Loslassen des Pedals gut eingeschätzt werden, um sicher zu bremsen. Für eine Notbremsung eignet sich das One Pedal Driving nicht. Dafür müssen weiterhin die normalen Bremsen benutzt werden. Das Fahren mit nur einem Pedal ist also eine Komfortfunktion, die jederzeit außer Kraft gesetzt werden kann und gegebenenfalls muss.

Für Fahrer:innen, die von herkömmlichen Fahrzeugen auf ein Auto mit One Pedal Driving umsteigen, kann die Umstellung zunächst ungewohnt sein. Die mitunter starke Bremswirkung beim Loslassen des Gaspedals erfordert ein gewisses Maß an Übung, um ein gleichmäßiges und angenehmes Fahrerlebnis zu gewährleisten.

Da die normalen Bremsen seltener verwendet werden, ist es ratsam, sie gelegentlich bewusst zu betätigen, um sicherzustellen, dass sie ordnungsgemäß funktionieren und sich nicht festsetzen. Auch eventuell angefallener Rost an den Bremsscheiben kann so entfernt werden. Dies ist bei Autos egal welcher Antriebsart generell wichtig, wenn das Fahrzeug längere Zeit nicht bewegt wurde.

Anwendung und Aussichten der Technologie

One Pedal Driving eignet sich besonders gut für den Stadtverkehr und für Regionen mit häufig stockendem Verkehr. Auf Autobahnen oder bei konstanten Geschwindigkeiten spielt es jedoch eine weniger große Rolle.

Mit der Weiterentwicklung der Technologie und der zunehmenden Verbreitung von Elektroautos wird sich One Pedal Driving wahrscheinlich immer weiter durchsetzen. Verschiedene Hersteller arbeiten daran, die Systeme weiter zu optimieren.

One Pedal Driving verändert und vereinfacht weiterhin die Art und Weise, wie wir fahren. Während die Eingewöhnung etwas Zeit erfordern mag, dürften die Vorteile für viele Nutzer:innen überzeugend genug sein, um sich an das neue System zu wagen.

Quellen: J. D. Power – What is One-Pedal Driving and How Does it Work? / Autoblog – Japanese inventor makes gas and brake one pedal / Motor Biscuit – One-Pedal Driving 101

worthy pixel img
Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.

Artikel teilen:

Kommentare (Wird geladen...)

Ähnliche Artikel

Cover Image for Europastart 2026? Tesla erklärt Full Self Driving-Pläne

Europastart 2026? Tesla erklärt Full Self Driving-Pläne

Sebastian Henßler  —  

Ab Dezember startet Tesla mit Full Self-Driving in Deutschland: Demo-Fahrten zeigen, wie das System Fahrten entspannen und Unfälle verringern kann.

Cover Image for Fuhrparkstudie: Welche Rolle Ladepunkte wirklich spielen

Fuhrparkstudie: Welche Rolle Ladepunkte wirklich spielen

Sebastian Henßler  —  

Fehlende Ladepunkte zu Hause oder am Arbeitsplatz sowie Zweifel an der Wirtschaftlichkeit bremsen viele Unternehmen beim Ausbau ihrer E-Flotten aus.

Cover Image for Ex-Lynk & Co CEO: Mobilität braucht radikales Umdenken

Ex-Lynk & Co CEO: Mobilität braucht radikales Umdenken

Sebastian Henßler  —  

Der Ex-Lynk & Co Chef erwartet bis 2050 einen Mobilitätsmarkt ohne stehende Autos und betont, dass Besitz an Bedeutung verliert, während Sharing wächst.

Cover Image for VW: Markenübergreifende Produktion gewinnt an Bedeutung

VW: Markenübergreifende Produktion gewinnt an Bedeutung

Sebastian Henßler  —  

Volkswagen richtet sein Produktionsnetz neu aus und setzt auf regionale Verbünde, um Abläufe zu vereinfachen und Kosten zu senken. Fünf Regionen sind geplant.

Cover Image for Volkswagen will aus China nach Asien exportieren

Volkswagen will aus China nach Asien exportieren

Maria Glaser  —  

Volkswagen plant, seine in China hergestellten Autos von dort aus nach Südost- und Zentralasien zu exportieren, nicht aber nach Europa.

Cover Image for Spanien: CATL baut Batterie-Gigafactory – und bringt eigene Arbeiter mit

Spanien: CATL baut Batterie-Gigafactory – und bringt eigene Arbeiter mit

Tobias Stahl  —  

Der Batterie-Gigant CATL hat mit dem Bau seiner Gigafactory im spanischen Figueruelas begonnen. Schon 2026 sollen dort die ersten Batterien entstehen.