Mit dem Wasserstoff-Lkw über den Brenner

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Daimler Trucks / Mercedes

Wolfgang Gomoll
Wolfgang Gomoll
  —  Lesedauer 5 min

Daimler Truck setzt nicht alles auf die Karte batterieelektrische Trucks, da Wasserstoff in Verbindung mit der Brennstoffzelle ebenfalls gute Chancen eingeräumt werden. Aber auch da fahren die Schwaben zweigleisig. Wir waren bei einem Hitze-Härtetest auf der Brennerautobahn dabei.

Auf der Brennerautobahn herrscht Aufregung. Eine riesige weiße Wolke umhüllt einen mächtigen 40-Tonner. Ist Gefahr im Verzug? Könnte man meinen. Manche der Autofahrer sehen sich vermutlich schon in einem Megastau stecken, mit Decken und Gulaschkanone. Doch der Schein trügt. Die vermeintliche Rauchwolke ist nichts anderes als Wasserdampf, der entsteht, wenn die Brennstoffzelle unter Last arbeitet. „Mich fragen schon des Öfteren Autofahrer, ob bei dem Lkw etwas kaputt sei“, erzählt Software-Entwickler Felix Kauffmann lachend.

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Dass sich die Brennstoffzelle so müht, verwundert nicht. Der Brenner stellt eine große Herausforderung für alle Brummis dar, egal ob Diesel, batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle. Schließlich klettern die Laster bis auf eine Höhe von 1560 Meter, überwinden dabei rund 760 Höhenmeter bei Steigungen von bis zu 6,1 Prozent. Auch die Effizienz leidet in den Alpen. „1000 Höhenmeter kostet bei voller Beladung schon mal fünf Kilogramm Wasserstoff“, rechnet der Techniker vor. Die Daimler-Truck-Truppe wagt sich aus gutem Grund auf die bekannte Nord-Süd-Verkehrsader: Das Klettern stresst die Brennstoffzelle. Deswegen gibt es bei dem Mercedes-Benz GenH2 Truck vier Kühlkreisläufe: Drei mit Wasser und einen aus Öl für die 70-Kilowattstunden-Batterie (50 kWh netto). So umspült die Flüssigkeit einzelnen Energiezellen.

Das Brennstoffzellensystem des GenH2 Truck liefert 2 x 150 kW, die Akkus temporär bis zu 400 kW. Bei der Batterie kommen andere Zellen als beim eActros zum Einsatz, die schnell Energie speichern und abgeben können. Das ist nötig, da die Akkus ähnlich wie bei einem Hybridantrieb beim Verbrennungsmotor einspringen müssen, wenn die Leistung der Brennstoffzelle aufgrund der Hitzeentwicklung reduziert werden muss. Die Kühlung ist ohnehin ein großes Thema. Wenn die beiden großen seitlichen Lüfter ihre Arbeit aufnehmen, dringt ein deutliches wahrnehmbares Brummen in die Fahrkabine, untermalt vom hochfrequenten Surren des Turboladers, der die Luft für die Brennstoffzelle verdichtet.

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Der Antrieb hat angemessen Power für den 40-Tonner. Zwei E-Achsen schaffen jeweils 230 kW / 313 PS Dauerleistung (330 kW / 449 PS maximal), dazu kommen zwei Brennstoffzellen mit je 150 kW / 210 PS. Das maximale Drehmoment der beiden Elektro-Motoren beläuft sich auf maximal 2071 Newtonmeter pro E-Maschine. „Die 380 kW / 517 PS eines klassischen Diesel-Trucks schaffen wir locker“, grinst Felix Kauffmann, während der Wasserstoff-Laster die Passhöhe erklimmt. Wie groß die Kraft des Brennstoffzellen-Trucks ist, merken wir später, als wir ohne Anhänger unterwegs sind – und auf regennasser Fahrbahn die Räder durchdrehen.

Daimler Truck setzt aufgrund des höheren Energiegehalts von etwa 70 kg/m³ hauptsächlich auf flüssigen Wasserstoff, entwickelt aber auch Trucks mit gasförmigem Wasserstoff weiter, um für jeden Markt die passende Lösung parat zu haben. Die Nutzfahrzeugsparte von Great Wall Motor in China tut es den deutschen Nutzfahrzeugspezialisten gleich. Der chinesische Autobauer nimmt rund eine Milliarde Euro in die Hand und testet bereits 200 Brennstoffzellen-Trucks, die mit flüssigem Wasserstoff betankt werden.

Die Konzentration auf flüssigen Wasserstoff hat gute Gründe: Neben der deutlich größeren Reichweite, ist das chemische Element im flüssigen Zustand leichter zu transportieren, auch wenn die Temperatur in den Tanks rund minus 250 Grad betragen muss. Im Endeffekt ist die Energiebilanz laut Daimler Truck beim gasförmigen und beim flüssigen Wasserstoff identisch, da das Gas immer wieder umgetankt und unter Druck gesetzt werden muss. Zwei Tanks mit je 40 Kilogramm Inhalt bringen den Brummi rund 1000 Kilometer weit.

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Bis die Wasserstoff-Lkws mit dem Stern in der zweiten Hälfte der Dekade auf den Straßen rollen, ist noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten. Die Isolierung der Tanks muss noch besser werden. Durch die Temperaturunterschiede erwärmt sich noch zu viel flüssiger Wasserstoff zu Dampf, der dann verbraucht oder abgelassen werden muss, damit der Druck in den Behältern nicht zu groß wird. Auch bei der Infrastruktur schaut es beim flüssigen Wasserstoff noch ziemlich mau aus. Bis zur Serienreife müssen zudem die Prozesse bei der Herstellung optimiert werden.

Dass der flüssige Wasserstoff aufgrund der aufwendigen Herstellung im Vergleich zur batterieelektrischen Variante eine schlechtere energetische Bilanz hat, wissen auch die Daimler-Truck-Strategen. Doch das Comeback des chemischen Elements gründet sich auf die Tatsache, dass es als Energieträger geeignet ist und dann hergestellt werden kann, wenn der Strom im Überfluss vorhanden ist. Für Daimler Truck ist die maßgeschneiderte Transportlösung die oberste Maxime. Batterieelektrisch, wenn möglich, aber eben auch Wasserstoff als mögliche Alternative für den Langstreckenverkehr. Aufgrund der von Haus aus größeren Reichweite haben die H2-Trucks ein Plus an spontaner Flexibilität. Doch entscheidend wird sein, was die Kunden wünschen. Wichtig wird auch sein, dass sich das Fahrzeug in maximal fünf Jahren amortisiert, damit das Geschäftsmodell der Logistiker aufgeht.

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Wolfgang Gomoll

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Wolfgang Gomoll beschäftigt sich mit dem Thema Elektromobilität und Elektroautos und verfasst für press:inform spannende Einblicke aus der E-Szene. Auf Elektroauto-News.net teilt er diese mit uns. Teils exklusiv!

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Georg Laackman:

In der Schweiz laufen seit drei Jahren teilweise steil bergauf und bergab einige Hyundai Wasserstoff-LKW völlig problemlos.
Auch in Deutschland klettern die Zulassungszahlen langsam aber unaufhörlich.
Hyundai hat lediglich 350 bar Drucktanks, was natürlich deutlich kostengünstiger ist als den Wasserstoff eiskalt zu verwenden.

Max Dornach:

Hydrogen works best with Trucks. Austria Had a Lot of hydroelectric Power to make Hydrogen. Beides that those Trucks are very quiet and can be driven wegen Others aren’t allowed.

Chris:

sie haben den Vorteil für die Hersteller bereits genannt, es sind die extrem hohen Wartungs- und Teilekosten, beim Service wird das Geld verdient, das war schon immer so und der Zustand soll auch erhalten werden

Daniel W.:

Die Angaben schwanken von etwa 45 bis 55, so dass ich von 50 kWh/kg H2 ausgehe.

Auch zum Energiegehalt gibt es unterschiedliche Angaben von 33,33 bis knapp 40 kWh.

Wasserstoff-Daten

unterer Heizwert 33,33 kWh/kg

oberer Heizwert 39,41 kWh/kg

(Quelle: linde-gas.at

Und die Zukunft wird rosarot ausgemalt, siehe

Die Kollegen der International Renewable Energy Agency (IRENA) waren dennoch zuversichtlich und sagten einzelnen Systemen voraus, dass sie bis zum Jahr 2050 mit weniger als 42 Kilowattstunden (kWh) auskämen, um ein Kilogramm Wasserstoff zu erzeugen.

(Quelle: edison.media)

Oder 27 Jahre warten bis die Wasserstoff-Lobby das Perpeduum Mobile erfunden hat.

Früher haben sich manche Wasserstoffler die Effizienz auf über 100% hochgerechnet.

Jetzt darf sich jeder seine Werte heraus suchen, die ihm ins Konzept passen.

Für mich ist die Zukunft batterie-elektrisch, da hier auch die kleinen Leute günstig fahren.

MMM:

Auf der Erzeugungsseite braucht man 50 kWh (Ökostrom oder Strommix), um 33,33 kWh H2 zu erzeugen

Ich kenne das mit 33 zu 55 kWh, lasse mich aber gerne überzeugen.

Marius:

Zwei Tanks mit je 40 Kilogramm Inhalt bringen den Brummi rund 1000 Kilometer weit.

Kleiner Vergleich zu den Energiekosten…
(Werte variieren natürlich, soll nur der groben Gegenüberstellung dienen)
 
H2
Kosten: 13,00 € / kg
Bedarf: 8 kg / 100 km
= 104 € / 100 km
 
Diesel
Kosten: 1,61 € / l
Bedarf: 30,0 l / 100 km
= 48,30 € / 100 km
 
Strom
Kosten: 0,30 € / kWh
Bedarf: 120 kWh / 100 km
= 36,00 € / 100 km        
 

Djebasch:

Also wir rechnen mal den Verbrauch aus 1 KG Wasserstoff entspricht 6 Liter Kraftstoff oder 30KWh Strom , 6 KG werden auf 100 KM verbraucht.
Das ist nicht anders als bei anderen Elektro LKW , wo ist da jetzt der Vorteil?
Beim Wasserstoff LKW kommen immer noch hohe Wartungskosten und Teilekosten dazu.

Daniel W.:

Eine riesige weiße Wolke umhüllt einen mächtigen 40-Tonner. Ist Gefahr im Verzug? … Doch der Schein trügt. Die vermeintliche Rauchwolke ist nichts anderes als Wasserdampf, der entsteht, wenn die Brennstoffzelle unter Last arbeitet.

Das Klettern stresst die Brennstoffzelle. Deswegen gibt es bei dem Mercedes-Benz GenH2 Truck vier Kühlkreisläufe: Drei mit Wasser und einen aus Öl für die 70-Kilowattstunden-Batterie (50 kWh netto).

Das ist auch der Grund für die schlechte Effizienz von FCEV – viel Wasserdampf aus der Brennstoffzelle bedeutet Energieverlust. Dazu kommt die 3-fach Kühlung der BZ, damit diese nicht überhitzen, denn von 33,33 kWh H2 wird nur rund 20 kWh für den Antrieb genutzt.

Auf der Erzeugungsseite braucht man 50 kWh (Ökostrom oder Strommix), um 33,33 kWh H2 zu erzeugen, das macht unterm Strich eine Reduzierung von 50 kWh auf 20 kWh, wobei ich Transport, Kühlung und Verdichtung von H2 mal mit den Leitungsverlusten bei BEV gegen rechne.

Aber ich lass die Daimler-Leute mal am ihren FCEV-Lkws werkeln, das hat ja bei ihren FCEV-Autos so „gut“ geklappt, dass diese nach Jahrzehnten der Entwicklung aufgegeben wurden.

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