Erst am gestrigen Tag gab Mercedes-Benz zu verstehen, dass man zeitnah den ersten Bus mit Festkörperbatterie auf die Straße bringt. Mitte der Woche stellt das Tochterunternehmen Lkw-Hersteller Daimler Trucks seine seine Technologiestrategie für die Elektrifizierung seiner Fahrzeuge vom urbanen Verteiler- bis hin zum internationalen Fernverkehr vor. Im Fokus des Strategieausblicks steht der wasserstoffbasierte Brennstoffzellen-Lkw für das Fernverkehrssegment.
Als Konzeptfahrzeug vorgestellt wird der Mercedes-Benz GenH2 Truck ab 2023 in Kundenerprobung unter Beweis stellen, dass die Brennstoffzelle ideal für den Fernlast- und Nutzfahrzeugverkehr ist. Bis zu 1.000 km Reichweite sollen mit einer Tankfüllung möglich sein. Nach der erfolgreich absolvierten Kundenerprobung soll der GenH2 Truck dann ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts in Serie starten. Im Vergleich zu einem konventionellen Diesel-LKW wird das Konzeptfahrzeug gleichauf sein.
Daimler Trucks setzt auf Synergieeffekte zwischen batterieelektrischem oder wasserstoffbasiertem Antrieb
Interessant zu erwähnen ist die Tatsache, dass das Unternehmen ähnliche Fahrzeug- und Zeitpläne wie für Europa auch für die Märkte Nordamerika und Japan verfolgt. Bis zum Jahr 2022 soll das Portfolio von Daimler Trucks in den Hauptabsatzregionen Europa, USA und Japan Serienfahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb umfassen. Das Unternehmen hat überdies die Ambition, bis zum Jahr 2039 in Europa, Japan und Nordamerika nur noch Neufahrzeuge anzubieten, die im Fahrbetrieb („tank-to-wheel“) CO2-neutral sind.
Dabei gibt das Unternehmen zu verstehen, dass der sogenannte ePowertrain als neue weltweite modulare Plattformarchitektur die technologische Grundlage aller mittelschweren und schweren lokal CO2-neutralen, vollelektrischen Serien-Lkw von Daimler Trucks sein wird. Dabei ist es gänzlich egal, ob es sich um ein rein batterieelektrisch angetrieben oder per wasserstoffbasierter Brennstoffzelle angetriebenen LKW handelt. Er wird sich durch hohe Leistung, Effizienz und Langlebigkeit auszeichnen. Durch ihn sei geplant über alle entsprechenden Fahrzeuge und Märkte hinweg Synergie- und Skaleneffekte zu erzielen.
“Wir verfolgen konsequent unsere Vision eines CO2-neutralen Transports. Dabei konzentrieren wir uns auf die wirklich lokal CO2-neutralen Technologien Batterie und wasserstoffbasierte Brennstoffzelle, die auch auf lange Sicht das Potenzial bieten, sich am Markt durchzusetzen. Mit dieser Kombination können wir unseren Kunden je nach Anwendungsfall die besten Fahrzeug-Optionen anbieten.” – Martin Daum, Vorsitzender des Vorstands der Daimler Truck AG und Mitglied des Vorstands der Daimler AG
Daimler Trucks sieht Politik als wichtigen Treiber für Brennstoffzellen-LKWs
Daum führt des weiteren aus, dass “je leichter die Ladung und je kürzer die Distanz, desto eher wird die Batterie zum Einsatz kommen. Je schwerer die Ladung und je länger die Distanz, desto eher wird die Brennstoffzelle das Mittel der Wahl sein.” Der Vorstand von Daimler Trucks gibt aber auch zu verstehen, dass es jetzt an der “Politik sowie weiteren Akteuren und der Gesellschaft insgesamt liegt, die richtigen Rahmenbedingungen auf den Weg zu bringen. Um CO2-neutrale vollelektrische Fahrzeuge wettbewerbsfähig zu machen, bedarf es regulatorischer und staatlicher Steuerungsmaßnahmen einschließlich der nötigen Infrastruktur für das Laden von Ökostrom sowie für die Erzeugung, Speicherung und den Transport von grünem, flüssigem Wasserstoff.”
“Wir brauchen CO2-freie Lkw auf unseren Straßen. Dazu gehört der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. In Wasserstoff steckt ein Riesen-Potenzial für den Schutz unserer Umwelt und eine starke Wirtschaft. Deshalb fördern wir schon seit über zehn Jahren Wasserstoff im Verkehr – aktuell zum Beispiel das heute präsentierte Konzeptfahrzeug. Auch in Zukunft unterstützen wir kräftig die Entwicklung klimafreundlicher Antriebe und Innovationen in und für Deutschland. Dafür wollen wir unter anderem die Fahrzeugförderung noch deutlich ausweiten.” – Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
Mit dem GenH2 Truck bringt Daimler Trucks einen LKW auf die Straße, welcher auf die Eigenschaften des konventionellen Mercedes-Benz Actros Fernverkehrs-Lkw hinsichtlich Zugkraft, Reichweite und Leistungsfähigkeit setzt. So soll der GenH2 Truck in seiner Serienvariante bei 40 Tonnen Gesamtgewicht eine Zuladung von 25 Tonnen bieten. Zwei spezielle Flüssigwasserstofftanks sowie ein besonders leistungsfähiges Brennstoffzellensystem werden diese hohe Zuladung und die große Reichweite ermöglichen.
In Bezug auf die Brennstoffzelle profitiert der Hersteller sowohl in Sachen Technologie als auch hinsichtlich der Fertigungsverfahren und -prozesse von der jahrzehntelangen Erfahrung seiner Experten. Dies stellt einen enormen Vorteil dar. Die Daimler Truck AG hat erst im April dieses Jahres gemeinsam mit der Volvo Group eine vorläufige, nicht bindende Vereinbarung zur Gründung eines neuen Joint Ventures zur serienreifen Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Brennstoffzellensystemen für den Einsatz in schweren Nutzfahrzeugen und anderen Anwendungsfeldern geschlossen.
Flüssigwasserstoff ermöglicht Einsätze mit hohem Energiedurchsatz
Daimler Trucks setzt für seinen Brennstoffzellen-LKW auf flüssigen Wasserstoff (LH2), da der Energieträger in diesem Aggregatzustand im Gegensatz zu gasförmigem Wasserstoff eine deutlich höhere Energiedichte in Bezug auf das Volumen aufweist. Dadurch kommt ein mit Flüssigwasserstoff betankter Brennstoffzellen-Lkw mit wesentlich kleineren und aufgrund des geringeren Drucks auch erheblich leichteren Tanks aus.
Durch diese Tatsache profitiert der GenH2 Truck von einem größeren Laderaum und einem höheren Zuladungsgewicht. Des Weiteren könne mehr Wasserstoff getankt werden, was die Reichweite deutlich vergrößert. Aktuell treibe man die Entwicklung der erforderlichen Tanksystem-Technologien voran, um Flüssigwasserstoff auch für den mobilen Gebrauch als Energieträger für Brennstoffzellen-Serien-Lkw nutzbar zu machen. Die beiden für die Serienversion des GenH2 Truck vorgesehenen Flüssigwasserstoff-Edelstahltanks werden sich mit 80 kg (je 40 kg) Fassungsvermögen durch eine besonders hohe Speicherkapazität für das Zurücklegen weiter Distanzen auszeichnen.
Angedacht ist, dass das Brennstoffzellensystem dem Serien-Brennstoffzellen-LKW eine Leistung von 2 x 150 kW liefern wird. Die Batterie zusätzlich zeitlich begrenzt bis zu 400 kW. Allerdings muss man anmerken, dass das Speichervermögen der Batterie mit 70 kWh relativ gering ist, da die Batterie nicht für den Energiebedarf, sondern hauptsächlich zur situativen Leistungsunterstützung der Brennstoffzelle hinzugeschaltet werden soll. Die beiden Elektromotoren sind in einer Vorserienversion auf insgesamt 2 x 230 kW Dauer- und 2 x 330 kW Maximalleistung ausgelegt. Das Drehmoment liegt bei 2 x 1577 Nm bzw. 2 x 2071 Nm.
Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 16. September 2020