Eine Glosse von Henning Krogh
„Die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden sind vielseitig, eng und freundschaftlich“, lässt das Auswärtige Amt auf einer seiner Websites wissen. Das ist die offizielle Version.
Inoffiziell prägt das nachbarschaftliche Verhältnis beider Länder auch gut 51 Jahre nach dem Tor von Gerd Müller – dazu später mehr – noch so manches kernige Klischee. In einer dieser abgedroschenen Vorstellungen gelten die Deutschen als „Moffen“ – allzu lautstark, meist übler Laune und immer ganz furchtbar penibel.
Umgekehrt fällt gern die Schmähung „Käseköppe“, wenn eine Karawane niederländischer Wohnwagengespanne mit 79,8 km/h auf der linken Spur der Bundesautobahn 3 gen Österreich zuckelt, weil die Landsleute in den Tomaten-Trucks sie an lang gezogenen Steigungen nicht einscheren lassen.
Vor diesem Hintergrund sorgt eine aktuelle Pressemitteilung der südwestdeutschen Sportwagenmarke des VW-Konzerns für lebhaftes Kopfkino: „Porsche verstärkt sein Individualisierungsangebot in den Niederlanden“, lautet die Überschrift des Kommuniqués. Demnach können „Kunden (…) im Porsche Zentrum in Gelderland (Provinz im Osten der Niederlande, Hauptstadt Arnheim; Anm. d. Red.) künftig ein breites Inspirations- und Beratungsangebot insbesondere für limitierte Fahrzeuge, One-off-Projekte sowie Exclusive-Manufaktur-Optionen in Anspruch nehmen“.
Möglich werde dies „durch einen völlig neu gestalteten Showroom mit interaktivem Konfigurationsbereich, in dem unter anderem sogenannte Inspirationsmodelle erlebbar sind“. Und: „Dank einer der umfangreichsten Sammlungen an Leder- und Farbmustern können hier gemeinsam mit einem spezialisierten Kundenberater nicht nur gänzlich neue Farbentwicklungen angestoßen, sondern auch jedes Detail am Fahrzeug nach eigenem Geschmack gestaltet und bestellt werden. Ein interaktiver Bildschirm im Herzen des Showrooms unterstützt beim kreativen Konfigurieren des Wunschfahrzeugs“.
Egal aus welcher Baureihe, wie ein Porsche-Sprecher auf Anfrage von Elektroauto-News erklärte: „Da gibt es keinerlei Begrenzungen“.

Sehr wohl hingegen gibt es die besagten Klischees. Und mit denen lässt sich prima fantasieren, rund um Porsches Personalisierungsprogramm. Duftspender etwa haben die Schwaben zwar längst im Programm: Die Note „Blossom Experience“ vereint laut Anbieter „den Kontrast von Düften wie Rose, Orangenblüte und Moschus“. Acht Milliliter kosten 18 Euro, mithin beträgt der Literpreis stolze 2250 Euro.
Gegen einen kleinen Aufschlag könnte der lokalpatriotisch gesinnte E-Mobilist seinen Taycan vielleicht ab sofort mit dem Geruch des gelderländischen Rohmilchkäses Remeker Ryp individualisieren lassen. Der Fliegen anziehende Holländer. Nachhaltig in Erinnerung bliebe auch der optionale Odor „Old Amsterdam“, vor allem sommers.
Im nächsten Frühjahr wiederum wirkt der vollelektrische Macan eigentümlich steril auf seinem Stellplatz im liebevoll bepflanzten Vorgarten zu Arnheim? Da wird ein „spezialisierter Kundenberater“ im nahegelegenen Porsche-Zentrum doch gewiss Rat wissen: Seitenfenster runter, Tulpenkübel raus – was die heimischen Balkongeländer schmückt, könnte ebenso die Türblätter kompakter SUV zieren.
Für die Panamera-Mittelkonsole wird eine interaktiv zu konfigurierende Haschkekshalterung angefragt, beledert mit feinporigem Nappa? Abgelehnt! Ein solches Extra brächte Niederländern auf Auslandsdienstreisen nichts als Ärger mit gestrengen deutschen Ordnungshütern ein. Holland in Not. Auch halluzinogene Pilze sind streng tabu im Straßenverkehr. Daher würde in Gelderland jedwede Machbarkeitsstudie rund um eine „Magic-Mushroom-Kofferraumwanne/ Wurzelnuss, poliert“ für den Cayenne spätestens nach Rücksprache mit der Stuttgarter Porsche-Zentrale garantiert ein „absoluut niet“ ergeben. Moffensausen in Zuffenhausen.
Nicht so vermutlich bei einer Idee für den Porsche 911. Die Markenikone ist bekanntlich kein Gepäckraumwunder. Aber – als Coupé – geeignet für gewisse Lasten über den Köpfen der Passagiere. Die herkömmliche „Porsche Performance-Dachbox“ zum Preis von 1369 Euro mag aerodynamisch noch so ausgetüftelt sein. Erheblich schöner jedoch, zumindest in den Augen vieler Niederländer, dürfte sie in Klompen-Form wirken. Der holländische Holzschuh sollte im Zweifel schon mit wenigen KI-Klicks am Bildschirm im Showroom auf fast jeden Carrera zu zaubern sein.
Apropos „Elfer“: Einen solchen treffsicher verwandelt hatte Paul Breitner 18 Minuten vor dem eingangs erwähnten Tor durch Gerd Müller im Münchner Finale der Fußball-WM 1974. Die Niederlande waren früh durch Johan Neeskens in Führung gegangen. Deutschland gewann.
Lamborghini-Eigner lassen sich gern die Zahl „63“ auf ihren Sportwagen sprühen oder kleben, als Reminiszenz an die Gründung des Pkw-Labels mit dem Kampfstier-Logo im Jahre 1963.
Selbst den Kundenwunsch nach Tür- und Haubenfolien mit einer plakativen „74“ würde das Team vom Porsche Zentrum in Gelderland bestimmt erfüllen, wenngleich wohl zähneknirschend. Der Bedarf allerdings dürfte gegen Null gehen. So jedenfalls will es das Klischee.
Dieser Artikel entstammt der Kolumne „Kroghs Kabel-Salat“, in der Nachrichten rund um die Elektromobilität mit einem Augenzwinkern erzählt werden.