Einen Rechtsanspruch auf den Einbau eines Ladepunkts haben künftig sowohl Immobilieneigentümer als auch private und gewerbliche Mieter. Das sieht die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und des Mietrechts vor. Die Kosten, um bestehende Gebäude entsprechend auszustatten, sind jedoch hoch – und werden von aktuellen Förderprogrammen zum Großteil übersehen. Allerdings wird nur eine skalierbare und intelligent steuerbare Ladeinfrastruktur im privaten Bereich die Elektromobilität spürbar voranbringen.
Wer ein Elektrofahrzeug besitzt, versorgt es meist zu Hause oder am Arbeitsplatz mit Strom: 80 Prozent aller Ladevorgänge erfolgen dort, jeweils etwa hälftig. Nur in 20 Prozent der Fälle nutzen Autobesitzer öffentliche Ladesäulen – das zeigen die Erfahrungen von ChargePoint, einem Anbieter von Ladeinfrastruktur und Mobilitätsdiensten. Damit sich Elektromobilität weiter durchsetzt, braucht es also ausreichend Ladestationen auf Privat- und Gewerbegrundstücken, und nicht nur auf der Autobahn oder auf öffentlichen Parkplätzen. Die Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) und des Mietrechts soll die Umrüstung unterstützen – wahrscheinlich ab Herbst. Der vorläufige Referentenentwurf sieht einen Rechtsanspruch zur Einrichtung einer Lademöglichkeit für Wohnungseigentümer und Mieter vor.
Dieser gilt dann auch für Mieter von Gewerbeimmobilien. Für Unternehmen ist die Elektrifizierung ihrer Fahrzeugflotte erst sinnvoll, wenn sie die Autos auf dem Betriebsgelände aufladen können. Auch beim Dienstwagen dürften sich dann mehr Arbeitnehmer für eine elektrische Variante entscheiden, wenn sie das Fahrzeug aufladen können, während sie im Büro sitzen.
Zudem macht ChargePoint in Berlin und Hamburg mit Immobiliengesellschaften die Erfahrung: Vermieter sind sehr geneigt, in Netzanschluss oder Ladeinfrastruktur zu investieren, wenn sie die Kosten sozialisieren können – wenn es also ein Ladepunkt-Sharing gibt und Stellplätze nicht einzelnen Fahrzeugen zugeordnet sind.
Hohe Kosten für den Einbau
Es gibt aber einen Haken. Denn egal ob Privatpersonen oder Unternehmen: Die Kosten für den Einbau von Ladepunkten müssen sie selbst übernehmen. Insbesondere Installation von Wallbox sowie der passende Stromanschluss kann teuer werden – und dafür gibt es bislang zu wenig Zuschüsse. Die Bundesregierung hat bisher nur 50 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Bei öffentlich zugänglichen Ladestationen ist das anders – es stehen mehr als drei Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung.
Insbesondere bei Unternehmen und Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage summieren sich die Ausgaben, denn der Gebäudebestand ist nicht für E-Mobilität gerüstet. Womöglich müssen Kabel durch Brandschutzwände oder über mehrere Etagen gezogen, Schaltschränke installiert und der Netzanschluss verstärkt werden. Bei einer Gewerbeimmobilie sollten außerdem das Nachrüsten weiterer Wallboxen und ein Lastmanagement möglich sein. In der Regel reichen Normalladepunkte aus, die 3,7 kW oder maximal 11 kW leisten.
Die Kosten für das Retrofitting können für Bauherren um den Faktor 3 höher sein als bei einem Neubau. Hinzukommen noch die Ausgaben für Datenkabel. Neubauten sollten idealerweise direkt mit Leerrohren, besser noch mit Strom- und Datenkabeln ausgestattet werden.
Die Lösung: Ein intelligentes Lastmanagement
Aber die Investition in Ladestationen steigert auch den Gebrauchswert von Gewerbeimmobilien. Mithilfe eines intelligenten Lastmanagements können mehrere Ladepunkte mit begrenzter Anschlussleistung betrieben werden. Die Ladestationen werden mit anderen geteilt. Firmenparkplätze können dann beispielsweise nachts für Dritte geöffnet werden, die dort ihre E-Autos aufladen. Das können Carsharing-Anbieter sein, mit denen das Unternehmen eine garantierte kW-Abnahmemenge zu bestimmten Uhrzeiten vereinbart.
Diese Lösung funktioniert mit einer skalierbaren, intelligenten und Cloud-basierten Ladeinfrastruktur, wie sie ChargePoint, beruhend auf einer integrierten Plattform, zur Verfügung stellt. Damit ist ein statisches und ein dynamisches Lastmanagement möglich. Netzbetreiber senden beispielsweise Signale, worauf das Lademanagement die Ladepunkte bei Bedarf reduziert. Das Registrieren neuer Fahrer und die Vergabe von Zugangsberechtigungen zu Stationen erfolgen automatisiert. Per Datenanalyse lassen sich unterschiedliche Tarifmodelle vergleichen. Anwender nutzen eine App mit Wartelisten-Funktion: Sobald eine Ladesäule frei ist, wird der Nutzer darüber informiert.
Fazit: Mehr Elektroautos mit weiteren Förderprogrammen
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur wird mehr Elektroautos auf die Straße bringen, und die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes ebnet den Weg dafür. Für Mieter sind allerdings die Kosten häufig zu hoch. Das Problem können Bund und Länder mit weiteren Förderprogrammen lösen – für Netzanschlüsse und die Modernisierung von Gebäuden, einschließlich der Installation eines intelligenten Lastmanagements.
Über die Autorin
Tina Zierul ist Senior Director Public Policy in Europa bei ChargePoint, dem mit über 111.000 Ladestationen größten Ladenetzwerk für Elektrofahrzeuge. Sie verantwortet den Bereich politische Beziehungen für ChargePoint in Deutschland. Dazu gehört neben der Beratung von Gesetzen auch das Einwerben von Fördermitteln für ChargePoints Kunden und ChargePoints Forschungsgebiete. Sie begann ihr Engagement für Elektromobilität im Jahr 2011 also Mitglied der Nationalen Plattform Elektromobilität, einem Beratungsgremium der Bundesregierung.
Von 2011 bis 2017 war die Volkswirtin und Journalistin bei E.ON zuständig für strategische Partnerschaften, Förderprojekte und Stakeholder Management im Bereich Elektromobilität. Seit ihrem Einstieg in die Energiebranche in 2002 arbeitet sie an energiepolitischen Themen in Berlin und Brüssel, vor allem rund um erneuerbare Energien und Klimaschutz. Zuvor hat sie in Köln und Dublin VWL und Energiewirtschaftslehre studiert und als Journalistin gearbeitet.