Nicht erst seit der Corona-Krise geraten bestehende oder geplante staatliche Prämien für Elektrautos in den Fokus, um noch immer skeptische Verbraucher von umweltfreundlichen Antriebstechnologien zu überzeugen. Doch bei deutschen E-Auto-Interessierten spielen entsprechende Zuschüsse bei den Kaufüberlegungen lediglich eine untergeordnete Rolle, wie die aktuelle „eReadiness“-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PricewaterhouseCoopers (PwC), zeigt: Nur 8 Prozent der potentiellen deutschen E-Auto-Käufer geben an, dass staatliche Förderungen ihre Kaufentscheidung massiv beeinflussen.
Deutlich größere Bedeutung für die Überlegungen haben dagegen der Kraftstoffverbrauch bzw. die Kilometerkosten eines Elektroautos (22 Prozent), Umweltaspekte (19 Prozent) und die Möglichkeit, das Auto zuhause zu laden (16 Prozent). Für die Studie wurden mehr als 1000 Endverbraucher aus Deutschland befragt und gesondert in den Kategorien E-Auto-Besitzer, E-Auto-Interessierte und E-Auto-Skeptiker betrachtet. Zusätzlich wurden Konsumenten aus Frankreich, Italien und Spanien interviewt. Die deutschen Elektroauto-Skeptiker kritisieren vor allem die begrenzte Reichweite (23 Prozent), die lange Ladezeit (19 Prozent) und die höheren Anschaffungskosten im Vergleich zu Verbrennern (15 Prozent).
Zwischen den E-Auto-Besitzern und den E-Auto-Interessierten zeigen sich dabei länderübergreifend deutliche Unterschiede im Konsumentenprofil. Von den 2 Prozent der europäischen Befragten, die bereits ein Elektroauto besitzen, liegt das durchschnittliche individuelle Jahresbruttoeinkommen bei 90.000 Euro. Die E-Auto-Besitzer sind im Schnitt 45 Jahre alt und verfügen zu 83 Prozent über einen privaten Parkplatz zuhause. 56 Prozent von ihnen wohnen in Stadtzentren. Bei den knapp zwei Dritteln (68 Prozent) der europäischen Befragten, die Interesse am Kauf eines elektrischen Fahrzeugs bekunden, liegt das durchschnittliche individuelle Jahresbruttoeinkommen dagegen mit 48.000 Euro deutlich unter dem Schnitt der E-Auto-Besitzer. Die Interessentengruppe ist mit 40 Jahren zudem etwas jünger und verfügt nur in 70 Prozent der Fälle über einen eigenen Parkplatz zuhause, 54 Prozent von ihnen wohnen in Stadtzentren.
„Unsere Befragung zeigt, dass bestehende staatliche Zuschüsse zum Kaufpreis allein weder die E-Auto-Enthusiasten noch die Skeptiker in Deutschland überzeugen. Im Privatkundensegment müssen sich die Autohersteller deutlich detaillierter mit den verschiedenen Kundengruppen und ihren Wünschen sowie Vorbehalten auseinandersetzen, um spezifische Angebote über das Fahrzeug hinaus zusammenzustellen. Dazu zählen beispielsweise eine Erweiterung des Service-Portfolios mit Blick auf integrierte Ladelösungen oder flexible Haltedauern. Daneben ist auch eine gesonderte Strategie für Flottenbetreiber erforderlich, die 2023 bereits 60 Prozent des gesamten E-Auto-Marktes ausmachen werden: Deren Argumente für die E-Mobilität unterscheiden sich mit Fokus auf Nachhaltigkeit oder die Verbesserung des Corporate Images grundlegend von privaten Käufern.“ — Jörg Krings, Partner bei Strategy& Deutschland und Co-Autor der Studie
Bislang schätzen noch viele Autohersteller die kaufentscheidenden Faktoren seitens der Endverbraucher falsch ein, wie eine ergänzende Befragung von 13 Autoherstellern zeigt. Der Zugang mit dem Elektroauto zu Umweltzonen in Stadtzentren (17 Prozent) oder das Fahrerlebnis (14 Prozent) stufen die Hersteller im Vergleich zu den Konsumenten deutlich wichtiger ein, während sie die Kilometerkosten (6 Prozent) und Umweltaspekte (8 Prozent) im Gegensatz zu den Verbrauchern als wenig relevant einstufen.
„Zwar verfügt die Mehrheit der Hersteller mittlerweile über ein dezidiertes Elektro-Team pro Marke auf C-Level, doch die Unsicherheiten mit Blick auf die treibenden Kauffaktoren zeigt, dass bei der Entwicklung maßgeschneiderter Angebote noch erheblicher Nachholbedarf besteht“, sagt Andreas Schlegel, Director bei Strategy& Schweiz und Co-Autor der Studie. Die ambitionierten Verkaufsziele für Elektroautos und die damit verbundenen CO2-Flottenziele seien nur zu erreichen, „wenn es zu einer Veränderung in der Kundenansprache am Point of Sale kommt.“ Denn die Händler müssen Elektroauto-Interessenten grundlegend andere Verkaufsargumente bieten als im traditionellen Geschäft mit Verbrennungsmotoren, so Schlegel. Hersteller und Händler sollten daher „auch über andere kommerzielle Anreize des Verkaufspersonals für E-Autos nachdenken, um dem damit verbundenen höheren Vertriebsaufwand gerecht zu werden und sicherzustellen, dass eine professionelle Vermarktung der Fahrzeuge im Handel stattfindet“.
Quelle: PricewaterhouseCoopers — Pressemitteilung vom 04.06.2020