Plug-In-Hybride und E-Autos waren 2021 die Gewinner der Halbleiter-Krise. Für 2022 ging Matthias Schmidt, Automobil-Analyst aus Berlin, im Frühjahr davon aus, dass Elektroautos weiterhin an Beliebtheit gewinnen und sich gegen PHEV durchsetzen. Am Ende des 3. Quartals präsentiert Schmidt ein erneuten Blick auf den E-Automarkt 2022 in Europa und führt seine Gedanken aus, was uns die letzten drei Monate in 2022 erwartet.
Wir erinnern uns der Ausblick von Anfang des Jahres für 2022 war gerade einmal wenige Monate später schon wieder veraltet. Was auf eine Vielzahl von Gründen zurückzuführen ist. Die anhaltende Halbleiterknappheit, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sowie die daraus resultierenden Störungen bei der Beschaffung von Kabelsträngen, die Rückkehr von Covid in China sowie die Preissteigerungen bei den Rohstoffen, die zum Teil an die Verbraucher weitergegeben werden sorgen für stürmischen Gegenwind.
Viertes Quartal 2022 wird in Europa durch Krisen bestimmt
Auch im vierten Quartal wird Europas Automarkt von diesen Herausforderungen geprägt sein. Wobei sich Schmidt sicher ist, dass die Energiepreisthematik (Strom und Gas) sowie weitere makroökonomische Stürme auch 2023 weiter wüten werden. All dies zeigt seine Auswirkungen auf Europas Automarkt, welcher 2022 mit voraussichtlich 10,1 Millionen verkaufter Fahrzeuge das Jahr auf dem niedrigsten Stand seit 1984 beenden wird.
Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 4,9 Prozent. Erschreckender ist jedoch der Blick auf die vergangenen zwölf Monate, da man in diesem Zeitraum, mit 9,8 Millionen abgesetzter Fahrzeuge nochmals deutlich unter der Gesamtjahresprognose liegt. Ende des ersten Quartals schienen noch 11,25 Millionen abgesetzter Fahrzeuge greifbar, ausgehend von einem sonst eher “normalen” Absatzjahr mit um die 14 Millionen Fahrzeuge in Europa. Unverändert ist sein Blick auf den Anteil Elektro-Fahrzeuge am Markt.
Der Analyst geht davon aus, dass wir 2022 einen Anteil von 14,5 Prozent Elektroautos am Gesamtmarkt sehen werden. Hauptsächlich getrieben durch den Markteintritt neuer Automobilhersteller aus China. Sowie den Bemühungen der dort schon aktiven Hersteller, welche versuchen werden 2022 noch so viele Fahrzeuge wie möglich auf die Straße zu bringen, um insbesondere in Deutschland von den höheren Subventionen zu profitieren. Bevor diese 2023 sinken und eventuell die Kaufbereitschaft ebenso zurückgehen lassen.
E-Auto-Flut auf Europas Pkw-Markt Ende 2022 durchaus möglich
Es ist somit fast mit einer Flut an E-Autos auf dem Markt zu rechnen. Da neben auslaufenden Subventionen auch das Jahresendziel zum Erreichen der CO2-Flottenwerte noch stärker in den Fokus gerückt wird. Sprich, mit steigender Stabilität in der Versorgungskette wandelt sich der Markt nun wieder. Statt fehlendem Angebot wird im kommenden Jahr, getrieben durch all die eingangs erwähnten Themen, gepaart mit entsprechender Inflation, die Nachfrageseite an Volumen verlieren. Inflationsdruck, hohe Energiepreise und ein nervöser Hochzinsmarkt dämpfen dabei die Hoffnung auf eine schnelle Erholung.
Zur Einordung: In Deutschland wurden im Oktober insgesamt 208.600 Pkw neu zugelassen und damit 17 Prozent mehr als im Oktober des vergangenen Jahres. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres waren es somit insgesamt knapp 2,1 Millionen Neufahrzeuge und damit 5 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Vergleich zum ohnehin eher schwachen Vorkrisenjahr 2019 besteht im aktuellen Jahresverlauf weiterhin ein Absatzdefizit in Höhe von 31 Prozent, so der Verband der Automobilindustrie (VDA) in einer aktuellen Mitteilung.
Letzten Monat wurde die Prognose für das gesamte Jahr in Europa auf -4 Prozent gesenkt, nachdem zuvor kein Wachstum zu verzeichnen war. Chinesische Elektroauto-Hersteller, die im letzten Quartal dieses Jahres nach Europa expandieren wollen, werden ihr kombiniertes im Jahr 2022 auf etwa 90.000 E-Auto-Einheiten verdoppeln, was einem Anteil von etwa 6 Prozent am regionalen E-Automarkt entspricht.
Gleichzeitig wird erwartet, dass die Stückzahlen der traditionellen Automobilhersteller im Jahr 2022 nur geringfügig steigen werden. Hyundai/Kia tanze hierbei jedoch aus der Reihe. Diesen werden aufgrund der weiteren Einführung ihrer E-GMP-basierten Modelle größere Chance eingeräumt.
Quelle: Matthias Schmidt – European Electric Car Study September/Q3 2022 edition