Hyundai Nexo: Ohne Zukunft in Deutschland

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Dirk Kunde

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  —  Lesedauer 6 min

Der Hyundai Nexo ist ein besonderes Elektroauto. In seiner Brennstoffzelle wird während der Fahrt elektrische Energie erzeugt. Dazu benötigt man Wasserstoff und Sauerstoff. Eine vielversprechende, saubere Antriebstechnik, die in Deutschland leider keine Zukunft hat – zumindest nicht im Pkw.

Leichter, mehr Reichweite und schnell wieder vollgetankt. Es gibt gute Gründe, die für die Kombination von Brennstoffzelle und Wasserstoff im Auto sprechen. Leider reichen gute Gründe nicht für einen Markterfolg. In meinem Kanal Drehmoment teste ich Elektroautos. Auf einen Kommentar kann ich bei jedem Video bauen: „Wasserstoff ist viel besser, das ist die Zukunft“. So oder ähnlich schreibt es stets einer der Zuschauer.

Mich hat das nicht losgelassen. Darum habe ich mir eines der wenigen Serienfahrzeuge auf dem Markt für einen zweiwöchigen Test besorgt. Neben dem Toyota Mirai gibt es im Pkw-Bereich nur den Hyundai Nexo zu kaufen. Mit einem Startpreis von 79.000 Euro wahrlich kein Schnäppchen. Aber der SUV mit 666 km Reichweite (WLTP) bietet Oberklasse-Ausstattung und mit dem Premium-Paket (3.500 Euro) viel Assistenz. Neben Abstandstempomat und Spurhalte-Assistent weiß ich besonders den Einpark-Assistenzen zu schätzen. Der Wagen setzt auf Knopfdruck allein in Parklücken längs und quer zur Fahrbahn. Falls eine Lücke besonders eng ist, stellt man sich mit dem Funkschlüssel neben den Nexo und parkt den Wagen vorwärts oder rückwärts aus, ohne dass jemand am Lenkrad sitzt. Der Funkschlüssel wird zur Fernsteuerung.

Ebenfalls beeindruckend ist der Tote-Winkel-Warner. Sobald ich den Blinker aktiviere, erscheint auf dem Fahrer-Display das Kamerabild meines toten Winkels. Das Bild liefern Linsen unter den beiden Außenspiegeln. Beim Abbiegen in der Stadt übersehe ich so keinen Radfahrer oder Fußgänger, der eventuell von der B- oder C-Säule verdeckt wird. Auf der Autobahn gibt das Kamerabild einem beim Überholen ein sicheres Gefühl.

Voll getankt in fünfeinhalb Minuten

Ansonsten fährt sich der Nexo wie jedes andere elektrische Auto. Sanftes Anfahren, leises dahinrollen. Einziger Unterschied ist die Beschleunigungsleistung. Der SUV aus koreanischer Produktion ist mehr sanftes Familienauto statt rassiger Sportwagen. Er benötigt 9,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Die 440 Elemente der Brennstoffzelle können dem Elektromotor (120 kW/ 163 PS) an der Frontachse nur eine begrenzte Menge elektrische Energie zur Verfügung stellen.

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Dabei werden Beschleunigung als auch Überholvorgänge von einer Lithium-Ionen-Batterie unterstützt. Die ist mit 1,56 kWh recht klein, da man den Gewichtsvorteil des Wasserstofffahrzeugs nicht verlieren will. Der Nexo wiegt 1.948 kg bei 4,67 m Länge, 2,11 m Breite und einer Höhe von 1,64 m. Batterie-elektrische Autos in der Größe, die über 600 km weit kommen, wiegen in der Regel deutlich über zwei Tonnen. In diesem Fall genügen dafür 6,33 kg Wasserstoff in drei zylindrischen Tankbehältern, die deutlich leichter sind als eine Batterie. Voll getankt habe ich übrigens in fünfeinhalb Minuten.

Tanken nach Kilogramm statt Litern

Der Verbrauch des Nexos liegt auf meinen 1.500 Autobahn-Kilometern bei 1,1 kg pro 100 km (0,95 kg WLTP). Bei einem Kilopreis von 9,50 Euro kosten mich 100 km also 10,45 Euro. Noch ist Wasserstoff so teuer, weil die Absatzmenge so gering ist. Laut BAFA wurden seit Mitte 2016 gerade mal für 118 Brennstoffzellen-Fahrzeuge Umwelt-Boni ausgezahlt. Es gibt lediglich 83 Wasserstoff-Tankstellen in ganz Deutschland. Eigentlich müssten sich die Fahrer namentlich kennen. Treffen sie sich doch regelmäßig an den wenigen Zapfsäulen. Es ist ein Nischenmarkt.

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Zumindest im Bereich der Pkw wird das auch so bleiben. Die deutschen Autohersteller winken alle bei der Technologie ab. Zuletzt hat Daimler seinen GLC Fuel Cell in ein Joint Venture mit Volvo eingebracht. Allerdings soll da am Ende ein Wasserstoff-Lkw bei herauskommen. Für Nutzfahrzeuge geben die Auto-Manager der Brennstoffzelle in Europa eine Chance. Hier ist der Gewichtsvorteil entscheidend. In Japan und Korea glauben die Hersteller an das Elektroauto. Insgesamt soll die Brennstoffzellentechnik Energie für Züge, Schiffe, Drohnen als auch Wohnhäuser liefern. Wasserstoff ist ein geeigneter Speicher für grünen Strom.

Ein perfektes Familienauto

Der Nexo nutzt Hyundais Datenverbindung Bluelink. Mit der gleichnamigen App kann man den Wagen aus der Ferne orten, öffnen oder vorheizen. Routenplanungen lassen sich vom Smartphone an das Auto senden und die Restreichweite abrufen. Etwas aus der Zeit gefallen wirkt dagegen die „Brücke“. So nennt Hyundai die Mittelkonsole über einem Staufach. Hier oben habe ich sage und schreibe 40 Knöpfe und Drehräder zur Auswahl. Da bleibt nur Platz für einen Getränkehalter in der Mittelkonsole. Der Beifahrer hat dafür einen ausfahrbaren Becherhalter in der Nähe des Außenspiegels.

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Unter der Brücke wird es wieder zeitgemäß: Teil des Stauraums ist eine induktive Ladematte. Sie versorgt das Smartphone kabellos mit Energie (Qi Standard). Überhaupt bietet der Nexo drei USB- und zwei Zigarettenanzünder-Stromanschlüsse. Das Lenkrad und vier Sitze lassen sich beheizen. Die beiden Vordersitze kann man durch einen Luftstrom kühlen.

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Neben Komfort setzt Hyundai auf Nachhaltigkeit. In den Fußmatten sind Zuckerrohrfaser verarbeitet. Mais dient als Grundstoff für die Sitze, die Dachsäulen- und Türinnenverkleidungen. Die Farben im Innenraum basieren auf Ölen aus Raps und Soja.

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Dinge, auf die umweltbewusste Familien beim Autokauf Wert legen. Stauraum unter der Motorhaube bietet das E-Auto nicht. Hier nehmen Elektromotor und Brennstoffzelle sämtlichen Raum ein. In den Kofferraum passen 461 Liter. Legt man die geteilte Rückbank um, entstehen 1.466 Liter Stauraum.

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Der Nexo sorgt für bessere Luft

Noch kann man das AVAS, dass im Nexo VESS heißt, deaktivieren. So rollt man leise davon, nach wenigen Metern hört man lediglich, wie die vier Türgriffe einfahren. Der Nexo ist auf der Autobahn so ruhig wie ein batterie-elektrisches Auto. Der Innenraum ist gut gedämmt, so dass man kaum Wind- und Rollgeräusche wahrnimmt. Der Cw-Wert liegt bei 0,32, was an der massiven Fahrzeugfront liegen dürfte. Hier befinden sich die Lufteinlässe für den benötigten Sauerstoff. Die Außenluft wird von Feinstaubpartikeln gereinigt und in die Brennstoffzelle geleitet.

Der Nexo benötigt aber nicht sämtliche angesaugt Luft. Die überschüssige Menge entweicht gesäubert. Somit verbessert der Nexo die Luft in unseren Städten. Die Anzeige im Display sagt mir, ich hätte auf meiner letzten Fahrt die Menge Luft gereinigt, die 17 Menschen täglich zum Atmen benötigen. Ich fühle mich gleich besser. Schade nur, dass so wenig Wasserstoff-Autos auf unseren Straßen unterwegs sind, so dass der Reinigungseffekt vollkommen verpufft.

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Dirk Kunde beschäftigt sich mit dem Wandel der Mobilitäts- und Energiebranche. Neben neuer Antriebstechnik und Vernetzung im Fahrzeug, bringt die Verknüpfung mit dem Energiesektor große Umbrüche. Bei seinen Praxistests hat der Diplom-Volkswirt stets ein Auge auf die wirtschaftlichen Aspekte. Ein Lächeln ins Gesicht zaubert dem technikverliebten Journalisten jede vernetzte Anwendung im Auto oder als App, die Mobilität komfortabler macht.

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