Gesamtsystem im Blick: Von der Zellchemie zum Batteriesystem

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Bei der Entwicklung eines Antriebs- und Batteriesystems sowie seiner Unterkomponenten – Zellchemie, Batteriezelle, Modul, Gehäuse, Verbindungstechnik und Software – sollten OEM und Zulieferer nicht nur die einzelnen Komponenten kontinuierlich verbessern. Für die Sicherheit, die Leistung und den Fahrkomfort eines Elektrofahrzeugs ist es gleichermaßen entscheidend, das gesamte Batteriesystem für die jeweilige Fahrzeugarchitektur zu optimieren. Ideal ist hierfür ein systemischer Entwicklungsansatz. Dieser ermöglicht maßgeschneiderte und aufeinander abgestimmte Lösungen auf der Ebene der Batteriezelle, des Moduls und des Packsystems mit innovativen und nachhaltigen Produkten.

Elektromobilität ist nur dann zukunftsfähig, wenn sie sich für Endverbraucher sicher und wirtschaftlich realisieren lässt. Zentral hierfür ist ein innovatives und nachhaltiges Autobatteriesystem. Um dies zu gewährleisten, sollten Hersteller ein stimmiges Gesamtkonzept aus Zellchemie, Batteriezelldesign, Packsystem und Software im Auge behalten. Dabei sind hinsichtlich des Zelldesigns einige wichtige Anforderungen zu beachten: So muss beispielsweise das thermische Durchgehen und Propagation auf andere Zellen vermieden werden. Gleichzeitig sollten die Batteriezellen für Cell-2-Pack- und Cell-2-Vehicle-Konzepte geeignet sein, um optimale Packungsdichten im Gesamtsystem zu gewährleisten. Und schließlich sind wettbewerbsfähige Kostenstrukturen wichtig. Diese lassen sich durch den richtigen Mix aus Flexibilität im Zelldesign für verschiedene Fahrzeugplattformen auf der einen Seite und Standardisierung der Zell-Geometrien auf der anderen Seite erreichen.

Unterschiedliche Zellformate für bestimmte Anwendungen

Dabei lassen sich verschiedene Zellformate unterscheiden: Zu den hauptsächlich am Markt erhältlichen Varianten zählen prismatische, zylindrische und Pouch-Zellen. Prismatische Zellen erfreuen sich aufgrund ihrer großen Kapazität, ihrer hohen Sicherheit und der effektiven Volumenausnutzung in rechteckiger Form bei den Herstellern immer größerer Beliebtheit. Durch ihre Form lassen sich mehrere Zellen leicht miteinander verbinden, wodurch ein größerer Akku entsteht.

Zylindrische Zellen wiederum werden seit langem in hohen Stückzahlen hergestellt und dominieren bestimmte Anwendungen, unter anderem im Haushalt. Zudem kommen sie in gängigen Elektrofahrzeugmodellen zum Einsatz. Diese Zellen verfügen über eine hohe mechanische Stabilität und lassen sich vergleichsweise leicht automatisiert fertigen, was die Kosten pro Einheit senkt. Aufgrund ihrer zylindrischen Form lässt sich jedoch das im Batteriepack verfügbare Volumen nicht optimal ausnutzen. Dies hat eine geringere Packungsdichte, also das Verhältnis des Volumens von Aktivmaterial gegenüber dem Volumen des Gesamtsystems zur Folge. Pouch-Zellen schließlich verfügen dank ihrer weichen Aluminiumhülle über eine leichtere Struktur und somit über eine höhere gravimetrische Energiedichte. Außerdem lassen sich Größe und Form sehr flexibel an den verfügbaren Bauraum anpassen.

Gesamtes Systemdesign der Batteriezelle ist ausschlaggebend

Wie für die Zelle gilt auch für die Traktionsbatterie: Die Komponente ist entscheidend für alle relevanten Fahrzeugeigenschaften wie Reichweite, Ladezeit, Performance oder Lebensdauer. Bei der Konzeption von Batterielösungen muss stets auf die Bedürfnisse des Kunden und seine Herausforderungen bei der Auslegung des Gesamtfahrzeugs geachtet werden. Die Batteriezellen sind immer nur so gut wie das gesamte Systemdesign. Erforderlich ist hier ein Portfolio unterschiedlicher Lösungen wie etwa Systeme mit 400V- und 800V-Spannungsniveau. Weitere wichtige Designaspekte sind die Crash-Festigkeit oder die Möglichkeit, Bestandteile innerhalb der Batterie (insbesondere Elektronik-Komponenten) zu warten. Mit fortschrittlichen Sensoren, Isolierungen und Ventilen wird zudem die übermäßige Wärmeentwicklung auf Packebene verhindert.

SVOLT verfügt über eine hohe Kompetenz bei der Fahrzeugintegration und kann daher die Fahrzeugentwicklung holistisch unterstützen. Beispielsweise kann durch die LCTP-Integrationstechnologie, also Cell-to-Pack (CTP) mit langen prismatischen Batteriezellen (L-type), die gravimetrische Energiedichte um fast zehn Prozent und die volumetrische Energiedichte um bis zu 20 Prozent gesteigert werden. Zudem wird circa ein Viertel weniger an Komponenten benötigt, was mehr als zehn Prozent der Materialkosten einspart. Der Wegfall der Integrationsstufe Zellmodul reduziert darüber hinaus die Entwicklungszyklen und hebt zusätzlich zur Kostenreduktion auf BOM-Ebene weitere Potenziale.

Vorteile der Cell-to-Pack-Architektur

Das LCTP basiert auf einem Matrix-Layout. Die Anzahl der Zellen und somit der Energieinhalt lässt sich innerhalb des zulässigen Spannungsbereichs frei skalieren und ist nicht durch die Geometrie der traditionellen Modulstränge eingeschränkt. Die Breite des Packs lässt sich über die unterschiedlichen Zellformate (zum Beispiel L300 – L600) variieren. Beim direkten Vergleich zwischen einer auf Modulen (mit gleicher Chemie) basierenden Architektur und dem Matrix-Pack werden die Vorteile klar erkennbar:

  • die Steigerung der gravimetrischen Energiedichte um acht Prozent
  • die Steigerung der volumetrischen Energiedichte um 20 Prozent
  • eine um neun Prozent gesteigerte elektrische Leistung
  • ein Plus an Energieinhalt von 24 Prozent
  • 25 Prozent weniger Bestandteile und
  • eine Kosteneinsparung von elf Prozent.

Dabei liegt der größte Vorteil der Cell-to-Pack-Architektur auf der Hand: Als skalierbares Batteriesystem lässt sich das LCTP-Design präzise an unterschiedliche Radstände und Fahrzeugsegmente anpassen. Damit sind auch der Energiegehalt der Batterie und das Gewicht des Fahrzeugs sehr flexibel variierbar. So lassen sich wichtige Entwicklungsziele erreichen wie etwa eine flexible Anpassungsfähigkeit an neue Zellchemien, eine hohe Kosteneffizienz, ein Maximum an Standardisierung, Skaleneffekte in der gesamten Plattform sowie eine optimale Performance des gesamten Hochvoltsystems in Bezug auf Ladung, Verbrauch und Leistung.

Expertise und Erfahrung entlang der gesamten Wertschöpfungskette

Nur aufgrund des fundierten Verständnisses der Anforderungen auf Gesamtfahrzeugebene kann SVOLT ein durchgängiges Batteriegesamtsystem entwickeln. Auf diese Weise lassen sich optimale und leistungsstarke Batterietechnologien mit allen gängigen, von Anwendern nachgefragten Zellformaten (zylindrisch, prismatisch und pouch) entwickeln und produzieren. Darüber hinaus adressiert SVOLT mit seinen Technologien auch die Herausforderungen der Kunden auf Software-Seite. So benötigen Kunden eine größtmögliche Präzision der SOC (State-of-Charge)- und SOH (State-of-Health)-Algorithmen und eine zuverlässige Erkennung von Sicherheitsproblemen.

Wichtig sind zudem ein kontinuierliches Feedback der Batterie-Performance über die gesamte Lebensdauer sowie eine realistische Restwertvorhersage des Batteriesystems am Ende des Lebenszyklus. Zudem sind mehr als 20 Algorithmen verfügbar, die bereits Monate im Voraus vor Batteriefehlern warnen. Dabei werden große Datenmengen vom frühen Entwicklungsstadium bis zum After-Sales gesammelt, um eine umfassende Fehler-Datenbank zu erstellen und die Lithium-Ionen-Produkte über den gesamten Lebenszyklus zu überwachen. Darüber hinaus verbessern KI-Algorithmen und Funktionen für maschinelles Lernen kontinuierlich die Genauigkeit der Batterieanalysen.

Fazit

Der Trend hin zur Elektromobilität nimmt weiter an Fahrt auf. Das Batteriesystem ist die wichtigste Einzelkomponente im Elektrofahrzeug und muss komplexe Anforderungen erfüllen. Die Ziele lassen sich am besten mit innovativen und nachhaltigen Batteriekonzepten erreichen, die auf einer durchgängigen und ganzheitlichen Entwicklung von Zellchemie, Batteriezelldesign, System und Software basieren.


Über den Autor: Dr. Dominik Lembke, Director Product Development SVOLT Europe

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