Wie der Autohersteller GAC aus China seine große Europa-Offensive angeht

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Elektroauto-News

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 5 min

Im Herzen von Guangzhou, China, durfte Elektroauto-News gemeinsam mit anderen Medien das Forschungs- und Entwicklungszentrum der Guangzhou Automobile Group (GAC Group) besuchen, einem vielseitigen Automobilkonzern mit umfassender globaler Reichweite. Seit seiner Gründung 1997 hat sich GAC zu einem der bedeutendsten Automobilhersteller Chinas entwickelt. Im Jahr 2023 erreichte GAC eine Produktions- und Verkaufsmenge von über 2,5 Millionen Einheiten, und ist somit größer als etwa Audi oder BMW, wobei die Exporte mit einem Zuwachs von 130 Prozent auf 75.800 Fahrzeuge einen neuen Höhepunkt erreichten – wohlgemerkt Verbrenner sowie NEVs (Elektroautos & Plug-in-Hybride)

Ein strategischer Fokus auf Europa

Unser Besuch ermöglichte Einblicke in die europäischen Expansionspläne des Unternehmens, die von Wei Haigang (Präsident von GAC International) und Thomas Schemera (Global Chief Operating Officer) näher erläutert wurden. Bereits 2018 hatte GAC auf dem Pariser Autosalon erste Schritte in Richtung europäischer Präsenz unternommen. Wei Haigang erklärte: „Unsere langfristige Vision basiert auf Nachhaltigkeit, intelligenter Technologie und einer tiefen Integration in lokale Märkte.“ Die Eröffnung des Advanced Design Centers in Mailand 2022 sowie des R&D Centers in Europa waren wichtige Meilensteine. Projekte wie der Barchetta, ein Konzeptfahrzeug, das europäisches Design mit innovativer Energietechnologie verbindet, unterstreichen diese Ambitionen.

Blick auf GAC Aion-Portfolio in China

Thomas Schemera stellte die Differenzierungsstrategie für Europa heraus: „Unser Ansatz ‘In Europe, For Europe’ bedeutet, dass wir nicht nur exportieren, sondern uns intensiv mit lokalen Bedürfnissen auseinandersetzen. Wir setzen auf Nachhaltigkeit, Qualität und technologischen Fortschritt.“ Er betonte auch die Bedeutung eines breiten Produktportfolios, um die Sichtbarkeit der Marke zu erhöhen: „Wenn nur ein Modell präsent ist, erreichen wir nicht die kritische Masse. Vielfalt ist entscheidend, um im Markt wahrgenommen zu werden.“

Ein weiteres zentrales Thema war die Preisstrategie von GAC. Schemera erklärte: „Wir müssen uns von vornherein so positionieren, dass unsere Produkte attraktiv und wettbewerbsfähig sind, ohne jedoch als Billiganbieter wahrgenommen zu werden. Ein späteres Repositionieren ist extrem schwierig.“ Dabei zieht GAC Inspiration aus erfolgreichen Strategien anderer Marken wie Hyundai und Kia, die zunächst günstiger in den Markt eingestiegen sind, mittlerweile ihre Preise aber auch angepasst haben.

Globale Expansion und Lokalisierung

Neben Europa setzt GAC auf eine duale Strategie aus Exporten und lokaler Produktion, die durch die Eröffnung mehrerer internationaler Standorte vorangetrieben wird. Zu den jüngsten Projekten zählt eine moderne Produktionsstätte in Thailand mit einer Kapazität von 50.000 Fahrzeugen pro Jahr. Parallel dazu hat das Unternehmen in der Region Bangkok ein Schnellladenetzwerk aufgebaut. „Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer breiteren Akzeptanz von Elektrofahrzeugen“, erklärte Wei Haigang.

Fertigungslinie in der Aion-Produktion in Guangzhou, China

Auch die Pläne für Europa reflektieren diesen Ansatz: GAC möchte gezielt auf die Bedürfnisse europäischer Kunden zugeschnittene After-Sales-Services anbieten. Dabei sollen lokale Kultur und regionale Anforderungen respektiert werden. „Wir wollen ein nahtloses und vertrauenswürdiges Kundenerlebnis schaffen“, betonte Haigang.

In seiner Begrüßungsrede wies Haigang auch auf die Bedeutung von technologischem Fortschritt hin: „Unser globales Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk, das sich über fünf Städte in drei Ländern erstreckt, ermöglicht es uns, innovative Lösungen für energieeffiziente und vernetzte Mobilität zu entwickeln.“ Dies sei ein wichtiger Baustein, um auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben.

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven

Die Expansion nach Europa birgt nicht nur Chancen, sondern auch Herausforderungen. Strenge Umweltauflagen und eine hohe Marktkonkurrenz erfordern innovative Ansätze und kontinuierliche Anpassung. Schemera zeigte sich jedoch optimistisch: „Unser Engagement für Qualität und technologische Exzellenz wird uns helfen, eine vertrauenswürdige Marke in Europa zu etablieren.“

Ein weiterer Punkt, den Schemera hervorhob, war die Bedeutung von Vertrauen und Markenbildung. „Die Interaktion mit Verbrauchern und Stakeholdern sowie der Aufbau einer glaubwürdigen Marke sind Schlüsselfaktoren für unseren Erfolg in Europa.“ Dabei will GAC Fehler vermeiden, die andere chinesische Hersteller in der Vergangenheit gemacht haben.

Einzelfertigung des GAC Hypetec SSR

Dies wird man daran sehen, dass GAC in Europa als Dachmarke agieren wird und unter sich Submarken wie Aion und Hypertech vereinen wird. In China treten diese Marken in alleiniger Stellung am Markt an. Für Europa wird man dies unter der Dachmarke zusammenführen. Statt dem E-SUV Aion V kommt hier der GAC Aion V auf die Straße. Hierdurch soll es Europäer einfacher gemacht werden eine Bindung zur Marke aufzubauen.

Der Besuch in Guangzhou bot nicht nur wertvolle Einblicke in die strategische Ausrichtung von GAC, sondern verdeutlichte auch das Potenzial des Unternehmens, sich in Europa erfolgreich zu positionieren. Mit einer klaren Strategie, technologischem Know-how und einem Fokus auf Nachhaltigkeit scheint GAC gut gerüstet für die nächsten Schritte auf dem globalen Automobilmarkt. In einem gesonderten Artikel werden wir uns mit dem möglichen Produktportfolio für den europäischen Markt beschäftigen: Fahrbericht GAC Aion UT und Fahrbericht GAC Aion V. Dabei spielen nicht nur Elektroautos eine Rolle.


Disclaimer: GAC hat zum Kennenlernen der Marke nach Guangzhou, China eingeladen und hierfür die Reisekosten übernommen. Dies hat jedoch keinen Einfluss auf unsere hier geschriebene ehrliche Meinung.

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Spiritogre:

Ähm.. der Satz: „„Wir müssen uns von vornherein so positionieren, dass unsere Produkte attraktiv und wettbewerbsfähig sind, ohne jedoch als Billiganbieter wahrgenommen zu werden. Ein späteres Repositionieren ist extrem schwierig.“

Bedeutet genau das, was ich gesagt habe. Sie wollen sich nicht als Billigheimer positionieren, was hohe Preise bedeutet, weil sie Angst haben, sonst ewig als Billiganbieter zu gelten, weil Hyundai / Kia genau da jetzt Probleme haben, die Autos sind qualitativ wertig aber die Leute kaufen sie ungerne, weil sie die Marken als Billigschrott im Kopf haben und nicht bereit sind 50k+ Preise für die besseren Modelle zu zahlen. Aus dem Grund hat z.B. Hyundai ja seit Jahren nicht mal mehr den i40 im Programm, weil den einfach kaum einer haben wollte, die Käufer griffen lieber zum Passat.

Sebastian Henßler:

Gerade falsch gelesen. Hyundai und Kia haben auch mit Preisen unter Premium angefangen und dies wird auch hier verfolgt. Man ist sich bewusst, dass man als eher unbekannte Marke in Europa nicht mit High-End-Preisen den Unterschied machen kann. Es sollen ausgewogene Preis-Leistungsmodelle auf die Straße kommen. Wobei es hier natürlich gilt zu betrachten, was dies in Euro bedeutet. Hierfür fehlen derzeit noch die Indikation

Spiritogre:

Mit anderen Worten, sie wollen wie viele andere Chinesen auch mit hohen Preisen auf Mindestens VW Niveau anfangen, damit sie nicht als Billigmarke wahrgenommen werden, weil das Hyundai und Kia ordentlich geschadet hat. Da müssen sie dann aber mehr bieten, als das, was da an Autos bisher gezeigt wurde, sonst verkaufen die hier noch weniger als Nio…

Gastschreiber:

Ein bisschen von Allem, so liest sich das. Wobei für mich zwischen den Zeilen der Eindruck entsteht, der chinesische Markt reicht den lokalen Anbietern inzwischen nicht mehr um zu überlegen. Zu hart der Wettbewerb, also gehen nur neue Märkte, Amerika ist dicht mit der Zollschranke, Europa also.

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