Fraunhofer und RWTH Aachen erarbeiten Erfolgskriterien für Batteriefabriken

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Die Anlaufphase eines Werks zur Herstellung von Batteriezellen, -modulen und -packs für die Elektromobilität und andere Anwendungen ist entscheidend für ihren späteren Erfolg. Im gemeinsam veröffentlichten Whitepaper „Mastering Ramp-up of Battery Production“ (verlinkt als PDF zum Download) informieren die Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) und der Lehrstuhl Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen über Strategien und Ressourcen für einen effizienten und erfolgreichen Anlauf einer solchen Fabrik.

Die Umstellung auf Elektroautos führt zu einer erhöhten Nachfrage nach Batteriezellen. Der weltweite Batteriebedarf für das Jahr 2030 wird aktuell auf 2500 bis 3500 Gigawattstunden pro Jahr geschätzt. In Europa zählen derzeit Deutschland, Ungarn und Frankreich zu den wichtigsten Produktionsstandorten, wo zur Herstellung der Batteriezellen Fabriken im Gigawattstunden-Maßstab geschaffen werden, um den steigenden Bedarf zu decken und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu sichern.

Trotz umfangreicher Investitionen in den vergangenen Jahren liegt die Menge der produzierten Batteriezellen aber immer noch deutlich hinter den Erwartungen zurück“, sagt Professor Achim Kampker, Mitglied der Institutsleitung der Fraunhofer FFB. Die Ursache: „Produkt- und Prozessunsicherheiten führen bei den Zellherstellern häufig zu Verzögerungen beim Produktionsstart, und es fehlen Fachkräfte, die die Komplexität der Batteriezellfertigung durchdringen“, mahnt Kampker.

Das Whitepaper skizziert daher zunächst die organisatorischen und technischen Hürden, die mit dem Hochlauf einer Batteriefabrik verbunden sind, und bietet anschließend Einblicke, wie sie sich überwinden lassen und der Ramp-up-Prozess effektiv gesteuert werden kann.

Ramp-up-Phase als Risiko für die gesamte E-Mobilität

Ausschussraten von 15 bis 30 Prozent in den ersten Jahren sind der Veröffentlichung zufolge in der Batteriezellproduktion üblich. Selbst nach fünf Jahren seien die Ausschussraten mit rund zehn Prozent immer noch hoch. Jeder Prozentpunkt koste etwa 30.000 Euro pro Tag und etwa zehn Millionen Euro pro Jahr. Eine Ausschussquote von 30 Prozent bedeute bei voller Auslastung demnach Kosten von rund 900.000 Euro pro Tag.

Es ist eine Bedrohung für die gesamte europäische Elektromobilität, wenn die hiesigen Batteriezellhersteller durch Probleme beim Fabrikhochlauf ihre Produktionskapazitäten nicht erhöhen können“, warnt Kampker: „Werden diese Hürden nicht überwunden, steigen die Gewinneinbußen.

Eine systematische Untersuchung der Ursachen ermöglicht es dem Whitepaper zufolge, essenzielle Herausforderungen auf Produkt- und Produktionsebene rechtzeitig zu identifizieren und zu bewältigen. Der erfolgreiche Ramp-up einer Fabrik für die Batteriezellenproduktion basiert laut den Autoren auf mehreren Säulen. Neben einer Begleitung durch erfahrene Fachforschende sei die Nutzung geeigneter Wissensdatenbanken entscheidend. Im Fall von Fraunhofer FFB und PEM seien diese durch eine mehrjährige Projektarbeit mit Partnern aus der Batterie-Industrie entstanden – mit dem Ergebnis eines breit gefächerten Know-hows zu Fertigungstechnologien, Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, Kosten und Energieverbräuchen ebenso wie zu optimalen Fertigungsparametern, Anlagenherstellern und Marktdaten.

Ramp-up-Batteriefabrik-Whitepaper
Aufbau einer typischen, modularen Batteriezellen-Produktionslinie (7–10 GWh/a) und deren Fehlerrisiko. Eine Batteriezellenfabrik verfügt über mehrere solcher Module/Linien. / Fraunhofer FFB

Weiterhin sei die Entwicklung von Digitalisierungslösungen, die eine schnellere Fabrikrealisierung und eine verlässliche Erkennung von Fehlern in der Produktion ermöglichen, entscheidend. So seien vor allem eine Qualitätssicherung und Rückverfolgbarkeit auf digitaler Basis dazu in der Lage, Ausschussraten und dadurch auch Kosten frühzeitig und deutlich zu reduzieren.

Reale Fallstudien, Datenanalysen und bewährte Verfahren

Hilfreich sei zudem die Inanspruchnahme einer möglichst ausgeprägten Infrastruktur mit moderner Anlagentechnik und Produktionslinien, wie sie mit dem Bau der FFB PreFab entstanden sei und mit der künftigen FFB Fab (siehe Visualisierung Titelbild) innerhalb des Projekts Forschungsfertigung Batteriezelle weiterhin entstehe. Dies ermögliche wertvolle Erkenntnisse zum effizienten Ablauf von Ramp-up-Prozessen.

Das Whitepaper von Forschenden der Fraunhofer FFB und des Lehrstuhls PEM der RWTH Aachen stützt sich auf reale Fallstudien, Datenanalysen und bewährte Verfahren. In der Veröffentlichung und darüber hinaus stellen die Fraunhofer FFB und der Lehrstuhl PEM sowohl ihr Branchenwissen als auch Datenbanken, Digitalisierungslösungen und Infrastruktur bereit, um Hersteller bei der Bewältigung des Fabrikhochlaufs zu unterstützen.

Quelle: Fraunhofer FFB – Pressemitteilung vom 17.10.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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adson:

Leider sind WIR hier in Deutschland Weltmeister darin, zu sagen was NICHT geht.
Wenn es daraufhin keiner probiert, wundert man sich später wieso wir schon wieder ein Abhängigkeit entwickelt haben.

Roland:

Ohne hohe Automation geht gar nichts

Daniel W.:

Eine schöne Idee, aber vermutlich wird sie an hohen Batteriepreisen durch einen Mangel an günstigen Rohstoffen und am Fachkräftemangel scheitern.

Bei Natrium-Ionen-Batterien ist der Rohstoff günstig, das gilt auch für Firmen in China, es bleiben hohe Kosten für Energie und Löhne plus Fachkräftemangel.

Wenn dann die wenigen Fachkräfte von der 4-Tage-Woche träumen, kann man erfolgreiche Batteriefabriken in Deutschland und in der EU vergessen.

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