Fords Elektroauto-Strategie für Europa und Deutschland

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Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 6 min

Gleichzeitig mit der Entwicklung hin zu einem vollelektrischen Fahrzeugportfolio will sich der Autohersteller Ford in Europa neu und eindeutig positionieren und alle kommenden Produkte sollen dies eindrucksvoll widerspiegeln. Die Marke durchläuft nach den Worten von Dr. Christian Weingärtner, Geschäftsführender Direktor für Ford Deutschland, Österreich und die Schweiz sowie Geschäftsführer Marketing und Sales der Ford-Werke GmbH, derzeit die größte Transformation ihrer fast 120-jährigen Unternehmensgeschichte. Der Schlüsselbegriff sei dabei „Adventurous Spirit – Lust am Abenteuer“.

Weingärtner sagte Anfang Dezember bei einem mehrtägigen Medienevent in Kitzbühel (Österreich): „Wir bei Ford in Europa setzen auf Werte wie Freiheit und Abenteuer sowie auf hochemotionale, ikonische Fahrzeuge wie zum Beispiel den Mustang, den Ranger oder den Bronco. Wir wollen unseren Kunden ein Freiheits- und Lebensgefühl vermitteln, das im Kleinen wie im Großen ‚on the road‘ erlebt werden kann. Wir liefern das, was nur Ford liefern kann: authentische und glaubwürdige Produkte“.

Im Rahmen der „Adventurous Spirit“-Veranstaltung verdeutlichte Ford Journalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an den Beispielen des neuen Ranger Raptor, der Nordamerika-Version des neuen Ford Bronco und des nordamerikanischen, vollelektrischen F-150 Lightning, wie sich das Unternehmen in Europa künftig neu positionieren will. Die neue Generation des Ranger Raptor – das Top-Modell von Europas erfolgreichstem Pick-up –, wird in diesen Tagen an die ersten Kunden ausgeliefert. Der Ford Bronco wird voraussichtlich ab Mitte 2023 in Deutschland bestellbar sein.

Der vollelektrische F-150 Lightning wird bis auf weiteres allerdings in Europa nicht angeboten werden, zumal Features wie zum Beispiel die Ladeanbindung, die Stromspannung und verschiedene Technik-Module an europäische Verhältnisse angepasst werden müssten. Der F-150 Lightning unterstreiche aber, so das Unternehmen in einer aktuellen Mitteilung, dass Ford bei der Elektromobilität „all in“ geht und dass auch vollelektrische Fahrzeuge die neue „Adventurous Spirit“-Markenpositionierung des Unternehmens authentisch verkörpern können.

„Wir werden unser Pkw-Geschäft neu denken“

Ford sei in Europa im Pkw-Bereich, gemessen an den Stückzahlen, ein eher kleinerer Anbieter, so Weingärtner. „Daher werden wir unser europäisches Pkw-Geschäft neu denken und künftig deutlich pointierter auftreten. Wir werden deutlich spannender und emotionaler und uns auf Produkte konzentrieren, die nur Ford kann“. Ford produziere seit 1925 in Deutschland, mittlerweile seien über 47 Millionen Fahrzeuge von den Fließbändern im Inland gerollt. „Wir haben also eine lange und erfolgreiche Tradition in Deutschland. Unsere Wurzeln liegen aber ganz klar in den USA und wir sind heute der größte verbliebene amerikanische Hersteller auf europäischem Boden“. Bei Amerika denke man positiv an den „Adventurous Spirit“, also an Freiheit, Abenteuer, Outdoor. „Daher wollen wir uns eben genau mit solchen Produkten platzieren, die positive Emotionen hervorrufen und die eben keine mehr oder weniger beliebig austauschbaren Allerweltautos sind“.

Im Geschäft mit leichten Nutzfahrzeugen stelle sich die Situation dagegen ganz anders dar, so sagte Weingärtner. Hier sei Ford in Europa eine starke Volumenmarke. In Deutschland liege Ford auf Rang drei, aber in Europa insgesamt sei Ford die Nummer eins, und zwar in allen drei Hauptsegmenten: im Nutzlast-Segment bis eine Tonne, im Nutzlast-Segment bis zwei Tonnen und im Pick-up-Segment. Der Ford-Manager: „Wir haben in Europa unseren Marktanteil mit den Baureihen Courier, Connect, Custom, Transit und Ranger in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Allein der Ranger hat in Europa einen Marktanteil von fast 50 Prozent und ist damit Marktführer in seinem Pick-up-Segment. Auch in den USA sind wir seit 40 Jahren mit Abstand die Nummer 1, denken Sie nur an die ikonische F-Serie“. Weingärtner zeigte sich überzeugt davon, den Ford-Marktanteil im Nutzfahrzeuggeschäft weiter ausbauen zu können, da man dank Ford Pro die richtigen Produkte, Dienstleistungen und Services anbieten könne.

Ford bekennt sich zur Elektromobilität

Die Zukunft von Ford ist elektrisch”, betonte Weingärtner. Das Unternehmen werde die Elektrifizierung seines Produktangebots mit Macht vorantreiben. „Wir gehen bei der Elektromobilität ‚all in‘“, so Weingärtner. Dies sei für Ford eine große Chance: „Wir nutzen die Elektrifizierung, um uns mit den künftigen Produkten stärker vom Wettbewerb zu differenzieren“.

Ford wird nach Weingärtners Worten bis 2024 drei neue vollelektrische Pkw-Modelle und vier neue vollelektrische Nutzfahrzeug-Modelle in Europa auf den Markt bringen. Zwei dieser drei neuen Pkw-Modelle – ein mittelgroßes, fünfsitziges Crossover und ein Sport-Crossover – werden ab 2023 beziehungsweise ab 2024 im Cologne Electrification Center (CEC) von den Bändern rollen, das derzeit am Standort Köln-Niehl entsteht.

Auf den ersten Elektro-Ford aus deutscher Produktion gab kürzlich Ford-Manager Martin Sander einen kleinen Ausblick: Leider ist aber nur die vordere linke Ecke eines ansonsten mit einer Plane verdeckten Fahrzeugs zu sehen. Das Modell, das auf Basis des MEB-Baukastens von Volkswagen entsteht, soll 2023 starten.

Bei dem dritten Modell handelt es sich um eine vollelektrische Version des Ford Puma, die auf einer eigenen Plattform ab 2024 im Werk Craiova (Rumänien) gebaut werden wird. Diese neuen, vollelektrischen Modelle werden die neue Ausrichtung der Marke sichtbar verkörpern. „Das sind superspannende Produkte, die perfekt in unsere neue Marken-Ausrichtung passen“, so Weingärtner.

Ab 2030 nur noch vollelektrische Ford-Pkw in Europa

Ab 2026 wird Ford in jeder Pkw-Baureihe mindestens ein Plug-in-Hybrid- oder ein vollelektrisches Modell im Angebot haben. Ebenfalls ab 2026 will Ford in Europa jedes Jahr bereits mehr als 600.000 Elektrofahrzeuge -– Pkw und Nutzfahrzeuge – verkaufen. Ab 2030 wird das Pkw-Angebot des Unternehmens in Europa nur noch aus rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen bestehen.

Ähnlich ehrgeizig sind die Elektrifizierungsziele für den Nutzfahrzeugbereich. Ab 2024 sollen Weingärtner zufolge alle Ford-Nutzfahrzeuge in Europa entweder als vollelektrische Versionen oder als Plug-in-Hybride angeboten werden. Ab 2030 sollen elektrifizierte Varianten bereits zwei Drittel der Ford Nutzfahrzeug-Verkäufe ausmachen.

Global gesehen, sollen bis Ende 2023 rund 600.000 Elektrofahrzeuge produziert worden sein: 270.000 Mustang Mach-E für Nordamerika, Europa und China; 150.000 Ford F-150 Lightning für Nordamerika; 150.000 E-Transit-Nutzfahrzeuge für Nordamerika und Europa; 30.000 Einheiten eines komplett neuen, vollelektrischen Crossovers für Europa, dessen Produktionsrate im Jahr 2024 weiter gesteigert werden soll.

Um diese ambitionierten Ziele erreichen zu können, so sagte Weingärtner in Kitzbühel weiter, investiere die Ford Motor Company bis 2026 mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Elektrofahrzeuge. Ford erwarte eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von mehr als 90 Prozent für seine Elektrofahrzeuge bis 2026 – mehr als doppelt so viel wie globale Prognosen für die gesamte Branche vorhersagten. Und bis 2030 soll mehr als die Hälfte der globalen Ford-Produktion aus Elektrofahrzeugen bestehen. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte Ford in den USA 27.140 Elektroautos verkauft.

Quelle: Ford – Pressemitteilung vom 12.12.2022

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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