Vor wenigen Tagen hat Ford-Chef Jim Farley im Montagewerk in Louisville, Kentucky, einen der größten Umbauten der Unternehmensgeschichte angekündigt – eine „Neuerfindung“, wie er es selbst nennt, aber auch „eine Wette“. Dabei investiert der Traditionshersteller fünf Milliarden US-Dollar, etwa 4,3 Milliarden Euro, in eine neue Elektroauto-Plattform sowie in den Umbau von Werken in den USA. Doch selbst Farley räumt der Süddeutschen Zeitung zufolge ein: „Ich kann Ihnen nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass das alles gutgehen wird.“
Ford kämpft seit Jahren mit Problemen im Elektroautogeschäft. Allein im jüngsten Quartal verbuchte die E-Auto-Sparte ein Minus von 1,3 Milliarden US-Dollar, im Jahr 2024 waren es insgesamt 5,1 Milliarden, sprich: Jedem der im Vorjahr knapp mehr als 100.000 verkaufen E-Autos steht ein Verlust von fast 50.000 US-Dollar gegenüber. Zahlen, die sich dringend ändern müssen, doch Besserung ist mit der bisherigen Strategie nicht in Sicht. Im ersten Halbjahr 2025 setzte der Konzern in den USA nur rund 39.000 Elektroautos ab – bei insgesamt 1,3 Millionen verkauften Fahrzeugen. Zum Vergleich: Tesla brachte im gleichen Zeitraum 271.000 Einheiten an die Kundschaft.
Auch in Deutschland läuft es nicht besser: In Köln baut Ford zwar inzwischen ausschließlich Elektroautos wie den Capri und den Explorer, doch die Nachfrage bleibt verhalten – zu groß, zu teuer, und dafür zu mittelmäßig, sagen Kritiker. Dabei war Ford einst vor allem aufgrund seiner kleinen, günstigen und qualitativ hochwertigen Fahrzeuge beliebt. Die Krise in Deutschland führte bereits zu Stellenstreichungen, Standortdebatten und Streiks, weitere 2900 Arbeitsplätze sollen bis 2027 entfallen. Manche halten es sogar für gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass Ford hierzulande künftig gar keine Autos mehr baut.
Mit der neu entwickelten Ford Universal Platform will das Unternehmen das Blatt nun wieder zum Guten wenden. Entwickelt von einem kleinen, innovativen „Skunkworks“-Team in Kalifornien soll die Architektur eine neue Generation von erschwinglichen, softwaredefinierten Elektroautos ermöglichen. Farley spricht sogar von einem „Model-T-Moment“, in Anlehnung an die Einführung der Fließbandproduktion bei Ford vor ziemlich genau 111 Jahren, die das Model T deutlich günstiger machte und somit für die breite Masse erschwinglich.
Ford will E-Autos für gut 25.000 Euro anbieten
Das erste Serienmodell soll 2027 starten: ein mittelgroßer, viertüriger Elektro-Pick-up mit einem Basispreis von 30.000 US-Dollar, was etwa 25.500 Euro entspricht. Weitere Bauarten, darunter ein SUV, eine Limousine und ein Van sollen folgen. Um Produktionskosten zu senken, setzt Ford auf eine völlig neue Fertigungslogik. Anstelle des klassischen Fließbands entsteht ein „Assembly Tree“, eine Baumstruktur, bei der drei Submodule – Front, Kabine und Heck – parallel gefertigt und später zusammengefügt werden, was die Produktion um gut 40 Prozent beschleunigen soll.
Unterstützt wird das Konzept durch den Einsatz großer Gussbauteile und einer strukturellen Batterie. Dazu kommen Lithium-Eisenphosphat-Zellen (LFP) in Zusammenarbeit mit CATL, die deutlich günstiger sind als herkömmliche Akkus auf Nickel-Mangan-Kobalt-Basis (NMC). Laut Farley soll das die Kosten für die Batterie – das mit Abstand teuerste Bauteil eines E-Autos – um gut 30 Prozent verringern, ohne Abstriche bei der Reichweite.
Die Transformation fällt in eine politisch schwierige Zeit: Unter Präsident Donald Trump werden Anreize für E-Autos in den USA eingedampft, hinzu kommen die Strafzölle, die Ford eigenen Angaben zufolge allein 2025 rund drei Milliarden Dollar kosten. Gleichzeitig spart der Hersteller durch den Wegfall von CO2-Strafzahlungen aber auch Milliardenbeträge ein. Ob Farleys Milliardenwette aufgeht? Das werden wir frühestens 2027 erfahren.
Quelle: Süddeutsche Zeitung – Selbst der Ford-Chef zweifelt, ob das alles gutgeht / Yahoo – Ford’s cheaper, simpler $30K electric vehicles are how ‚we can make money on EVs,‘ CEO says