Ein halbes Jahr vor den nächsten Betriebsratswahlen in der Tesla-Fabrik Grünheide verschärft sich der Ton zwischen der IG Metall und dem US-amerikanischen Elektroautohersteller. Jan Otto, Leiter des IG-Metall-Bezirks Berlin, Brandenburg und Sachsen, kündigte an, den Druck auf Tesla deutlich zu erhöhen. Ziel sei ein Tarifvertrag, der die Interessen der Beschäftigten absichert. „Wir werden bei Tesla über kurz oder lang einen Tarifvertrag bekommen“, sagte Otto gegenüber der FAZ und machte damit klar, dass die Gewerkschaft den Konflikt nicht scheut.
Tesla hält dagegen an seiner Linie fest, Gewerkschaften außen vor zu lassen. „Wir haben noch nie mit der IG Metall verhandelt und werden das auch in Zukunft nicht tun“, erklärte Werkleiter André Thierig. Selbst bei einem Wahlsieg der Gewerkschaft wäre das Unternehmen rechtlich nicht verpflichtet, in Tarifgespräche einzutreten. Die ablehnende Haltung ist Teil der Konzernphilosophie, die auf unternehmerische Unabhängigkeit setzt.
Die Bedeutung der bevorstehenden Wahl ist groß. Bei der ersten Abstimmung 2022 spielte die IG Metall noch keine Rolle. Zwei Jahre später holte sie bereits knapp 40 Prozent der Stimmen. Die Mehrheit blieb jedoch Listen vorbehalten, die dem Management nahestehen. Ende 2024 beantragte die Gewerkschaft vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/Oder, die aktuelle Betriebsratsvorsitzende wegen Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz abzuberufen. Das Verfahren läuft, ein neuer Termin ist für Mai 2026 angesetzt. Otto machte deutlich, dass die Gewerkschaft den Vorsitz nach der nächsten Wahl übernehmen wolle.
Um das Ziel eines Tarifvertrags zu erreichen, braucht die IG Metall mehr Mitglieder im Werk. Rund 11.000 Menschen arbeiten inzwischen in Grünheide. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich eine deutliche Mehrheit bei uns organisiert“, sagte Otto. In der Fabrik produziert Tesla derzeit etwa 5000 Autos pro Woche, vor allem das Model Y.
Tesla: Aufschub bei Verbrenner-Aus sei keine Option
Die Auseinandersetzung um Arbeitnehmerrechte wird durch politische Differenzen verschärft. Werkleiter Thierig kritisierte die jüngsten Äußerungen der Gewerkschaft zum geplanten Verbrenner-Aus 2035. IG-Metall-Chefin Christiane Benner hatte sich für flexiblere Klimaziele ausgesprochen, zugleich aber mehr Unterstützung für die Elektromobilität gefordert. „Man kann nicht gleichzeitig den Hochlauf der Elektromobilität fordern und einen Aufschub beim Verbrenner-Aus verlangen“, entgegnete Thierig. Die Position der Gewerkschaft sei mit Teslas Unternehmenszielen nicht vereinbar.
Auch beim Thema Kommunikation gehen die Sichtweisen auseinander. Die IG Metall wirbt laut Werkleitung damit, dass sie sich für ein Weihnachtsgeld einsetze. „Es gibt keine Gespräche darüber, und von der Forderung haben wir aus der Zeitung erfahren“, sagte Thierig. Die Gewerkschaft sieht das anders und spricht von einer positiven Resonanz ihrer Kampagne.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Bezahlung. Thierig behauptet, dass Tesla-Mitarbeiter im Vergleich zu tariflich gebundenen Unternehmen besser verdienen würden. Er verweist auf Berechnungen, wonach ein tariflich organisiertes Unternehmen etwa 4500 Euro weniger an Einstiegsgehalt zahle. Die IG Metall widerspricht. Nach ihren Schätzungen liegen die tariflichen Einkommen im Schnitt rund 20 Prozent über dem Tesla-Niveau.
Trotz der Spannungen sieht sich Tesla in Grünheide gefestigt. Die Anfangsphase der Fabrik sei überwunden, die Produktion laufe stabil, erklärte Thierig. Die Gewerkschaft nutzt diese Phase, um ihre Präsenz auszubauen. Ihre Aktionswochen und Informationsstände sind inzwischen fester Bestandteil des Werksalltags. Jan Otto will die Auseinandersetzung zu einem zentralen Thema seiner Amtszeit machen. Er gilt als Stratege mit Erfahrung in schwierigen Arbeitskämpfen und kündigte an: „Wir werden die Gangart bei Tesla verschärfen.“ Der Konzern verweist hingegen auf andere Standorte, an denen Tarifbindung keine Arbeitsplatzsicherheit garantiert habe. „Ich habe selbst bei Ford gearbeitet. Ein Tarifvertrag hat den Kollegen dort gar nichts geholfen“, sagte Thierig.
Die unterschiedlichen Positionen bleiben damit unvereinbar. Während die IG Metall auf Mitbestimmung und tarifliche Sicherheit setzt, sieht Tesla in gewerkschaftlicher Einflussnahme eine Gefahr für seine Flexibilität.
Quelle: FAZ – „Wir werden die Gangart bei Tesla verschärfen“