Handelsstreit eskaliert: EU und China im Clinch um Elektroauto-Zölle

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Hannes Dollinger
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Die Europäische Union und China liefern sich einen zunehmend schärferen Handelsstreit um die Zölle auf chinesische Elektroautos. Nachdem die EU im Juli vorläufige Strafzölle von bis zu 37,6 Prozent auf importierte Elektroautos aus China verhängt hat, reichte Peking nun offiziell Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Dieser Schritt markiert eine weitere Eskalation in den ohnehin angespannten Handelsbeziehungen zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken.

Die EU-Kommission begründet die Einführung der Zölle mit dem Schutz der heimischen Elektroautoindustrie vor unfairer Konkurrenz. Nach Ansicht Brüssels profitieren chinesische Hersteller wie BYD, SAIC und Geely von staatlichen Subventionen, die ihnen einen Wettbewerbsvorteil auf dem europäischen Markt verschaffen. Tatsächlich stehen chinesische Elektroautos in Europa gerade jetzt vor Beginn der Strafzölle vor Zulassungsrekorden. Ein Sprecher der Kommission betonte: „Die Kommission ist überzeugt von der WTO-Konformität ihrer Untersuchung und der vorläufigen Maßnahmen.“

China weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Das chinesische Handelsministerium erklärte, die Schlussfolgerungen der EU-Untersuchung entbehrten jeder faktischen und rechtlichen Grundlage. Peking fordert Brüssel auf, „das Fehlverhalten umgehend zu korrigieren“ und die wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie die Stabilität der Lieferketten für Elektroautos zu wahren.

Die Spannungen gehen inzwischen sogar über den Automobilsektor hinaus. China hat bereits Vergeltungsmaßnahmen gegen europäische Landwirte und Flugzeughersteller angedroht und eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen die französische Spirituosenindustrie eingeleitet. 

Experten sehen den praktischen Nutzen einer WTO-Beschwerde skeptisch. Henry Gao, Rechtsprofessor an der Singapore Management University, erklärt: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Nutzen eines WTO-Verfahrens begrenzt, da der Fall wahrscheinlich mindestens zwei Jahre bis zum Abschluss benötigt. Selbst wenn China am Ende gewinnt, wird es für seine Elektroautos schwierig sein, die verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen.“

Die EU-Zölle treffen chinesische Hersteller unterschiedlich hart. SAIC Motor Corp. muss mit 37,6 Prozent den höchsten Aufschlag hinnehmen, während für Geely und BYD Zusatzabgaben von 19,9 Prozent beziehungsweise 17,4 Prozent fällig werden. Diese Zölle kommen zu den bereits bestehenden 10 Prozent Einfuhrzoll hinzu.

Alle Seiten betonen Bereitschaft zum Dialog

Auch die USA haben Zölle von über 100 Prozent auf chinesische Elektroautos erhoben, Kanada erwägt ähnliche Schritte. China hat seinerseits eine WTO-Beschwerde auch gegen die US-Subventionen für Elektroautos eingereicht, die es als diskriminierend betrachtet.

Trotz der zunehmenden Spannungen betonen alle Seiten ihre Bereitschaft zum Dialog. Die EU-Kommission erklärte, sie werde alle Details des chinesischen WTO-Antrags sorgfältig prüfen und gemäß den WTO-Regularien reagieren. Die Untersuchung der mutmaßlichen Subventionen werde währenddessen fortgesetzt.

Quellen: Reuters – EU executive confident its Chinese EV measures comply with WTO, says probe continues / BNN Bloomberg – China Challenges EV Tariffs Imposed by Europe With WTO Complaint / Reuters – EU’s EV preliminary ruling violate WTO rules, China ministry says

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Hannes Dollinger

Hannes Dollinger

Hannes Dollinger schreibt seit Februar 2023 für Elektroauto-News.net. Profitiert hierbei von seinen eigenen Erfahrungen aus der Welt der Elektromobilität.
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MWG:

Die überheblichen Europapolitiker legen sich tatsächlich mit China an.

Spiritogre:

Dazu sollte man sich erstmal überlegen, wieviel Kohlestrom in China für den Bau eines Autos aufgewendet wird und wieviel hier. Wenn man alle Werte ganz genau vergleicht, dann kann man eine Aussage trefen. China ist und bleibt aktuell das Land mit dem größten CO2 Ausstoß, Tendenz, trotz aller Bemühungen, Jahr für Jahr steigend!

Wenn also hier die Autos mit wesentlich weniger umweltschhädlicher Energie produziert werden können, sehe ich nicht, wieso man in China produzieren soll? Im Gegenteil, das wäre dem Gedanken hinter dem E-Auto, umweltfreundlich zu sein, völlig abträglich.

Peter Bigge von Berlin:

Wer wird hier vor wem geschützt?

Die Umwelt oder die Verbrennerpläne europäischer Hersteller.
Der Käufer oder die Verbrennerhersteller.
Bezahlbare Elektroautos oder die ewiggestrige Verbrennerkultur.
Chinesische Entwicklung oder altbackende Autobauer.

In China wird bald keiner mehr Verbrenner fahren wollen, in Europa ist die Entwicklung eher als gegenläufig zu bezeichnen, so in etwa wie „vom Auto zum Fahrrad“ oder Strom aus dem Kohlekraftwerk.

Eine maßvolle Förderung von Elektroautoherstellern zum Nutzen der Käufer wäre ganz angebracht, bevor mit Zöllen die Verbrennerindustrie gefördert wird.

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