Herbert Diess: Elektromobilität wird fast kostenlos

Cover Image for Herbert Diess: Elektromobilität wird fast kostenlos
Copyright ©

Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 4 min

In einer neuen Ausgabe von „eMobility Insights“, dem Podcast von electrive, diskutierte Peter Schwierz, Herausgeber des Portals, mit Herbert Diess, ehemaliger VW-Chef und nun Verwaltungsratsvorsitzender bei The Mobility House, und Jörg Heuer, CEO von EcoG, über das bidirektionale Laden von Elektroautos. Diese Technologie ermöglicht es, Strom aus dem E-Auto bei Bedarf ins Haus oder ins Netz zurückzuspeisen.

Herbert Diess betonte, dass das bidirektionale Laden mehr als nur die „Kirsche auf der Torte“ der Energiewende ist. Er sieht darin eine potenzielle Wunderformel, die nicht nur das Autofahren emissionsfrei und bei den Treibstoffkosten nahezu kostenlos machen könnte, sondern auch erheblich zur Netzstabilität und zum Ausbau erneuerbarer Energien beitragen würde.

Diess hob hervor, dass das Elektroauto durch das bidirektionale Laden zu einem integralen Bestandteil des Energiesystems eines Hauses werden kann. Durch die Nutzung der überschüssigen Kapazitäten der Autobatterien können Stromkosten gesenkt und die Netzauslastung optimiert werden. Diese Technologie könnte dazu führen, dass Elektroautos letztlich umsonst fahren, was ein signifikanter Vorteil für die Nutzer wäre. Diess formulierte es so: „Das ist wirklich eine, wenn Sie so wollen, eine Wunderformel dieses bidirektionalen Ladens, weil sie dazu führen kann und auch wird, dass Elektrofahren elektrisch Autofahren umsonst wird.“

Bidirektionales Laden: Autohersteller, Netzbetreiber und Verbraucher müssen Hand in Hand arbeiten

Ein weiteres zentrales Thema war die Komplexität der Implementierung dieser Technologie. Diess erläuterte, dass dafür eine enge Zusammenarbeit zwischen Autoherstellern, Netzbetreibern und den Verbrauchern notwendig sei. Die Autos und Wallboxen müssen bidirektional fähig sein, und es bedarf regulatorischer Rahmenbedingungen, die diese Technologie unterstützen. Trotz der technischen und regulatorischen Herausforderungen sieht Diess die Voraussetzungen als gegeben, dass bidirektionales Laden in den kommenden Jahren in vielen Haushalten Realität werden könnte.

„Man braucht die Erlaubnis, in die Netze einspeisen zu dürfen, also die Netzbetreiber. Und das ist komplex. Man braucht die Hardware dafür, die Autos müssen bidirektional können und auch die Ladeboxen müssen bidirektional sein. Deswegen gibt es den Traum schon seit 15 Jahren… aber jetzt kommt die Zeit, weil jetzt kommt die Hardware“, erklärte Diess.

Ein besonders interessanter Punkt des Gesprächs war die Rolle der Automobilindustrie. Diess erklärte, dass die Nutzung der Autobatterien für bidirektionales Laden für Autohersteller attraktiv ist, da die Batterien eine hohe Zyklusfestigkeit aufweisen und die Kosten für Elektroautos weiter senken könnten. Zudem könnten Autobatterien als Stromspeicher in Regionen mit instabilen Stromnetzen zur Versorgungssicherheit beitragen. „Für den Autobauer ist es schon auch ein großartiges Konzept, das auch noch mal das Produkt sehr viel attraktiver machen kann“, so Diess. Er betonte auch, dass durch neue Batterietechnologien wie LFP (Lithium-Eisenphosphat) die Lebensdauer der Batterien weiter erhöht wird, was die Nutzung als stationäre Speicher noch attraktiver macht.

Jörg Heuer von EcoG ergänzte die Diskussion mit Einblicken in die Interoperabilität zwischen E-Autos und Ladeinfrastruktur. Er betonte, dass die Standardisierung und die Testprozesse zwischen Fahrzeug- und Ladeinfrastrukturherstellern gut vorankommen und es bereits erste marktfähige Lösungen gibt. Jedoch sei die Anbindung an das Stromnetz noch nicht vollständig standardisiert, was eine weitere Herausforderung darstellt.

Politik muss klaren Rahmen für bidirektionales Laden schaffen

Diess ging auch auf die politischen Rahmenbedingungen ein. Er kritisierte, dass die politischen Entscheidungsträger oft nicht die Bedeutung des bidirektionalen Ladens erkennen und forderte mehr Unterstützung und klare Regulatorien, um diese Technologie voranzubringen. Besonders betonte er, dass Deutschland in diesem Bereich eine Pionierrolle einnehmen könnte, wenn die richtigen politischen Maßnahmen ergriffen würden. „Das Thema ist eigentlich erforscht. Wir brauchen jetzt die Politik, um das Umfeld zu schaffen, damit die Unternehmen das tun können. Die Unternehmen wissen, was zu tun ist“, sagte Diess und fügte hinzu: „Es bleibt kompliziert, aber das ist natürlich auch der Grund, warum ich mich dafür einsetze.“

Zum Schluss des Podcasts warf Diess einen Blick auf die Zukunft der Elektromobilität und betonte die Notwendigkeit, Deutschland als Leitmarkt für Elektromobilität zu etablieren. Er warnte davor, dass Deutschland sonst Gefahr laufe, den Anschluss an führende Märkte wie China zu verlieren, die massiv in Klimaschutztechnologien investieren. „Man hat jetzt schon versäumt, den Markt Deutschland zu einem Leitmarkt für Elektromobilität zu machen. Man muss jetzt in China sein, um gute Elektroautos wirklich mit den neuesten Batterien machen zu können“, warnte Diess.

Quelle: Electrive.net – eMobility Insights #9 – Bidirektionales Laden mehr als die Kirsche auf der Torte?

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

Artikel teilen:

Schreib einen Kommentar und misch dich ein! 🚗⚡👇


Wolfbrecht Gösebert:

„Wie soll der Laternen[-]Parker an dem System [t]eilnehmen[]?“

Ganz einfach: Über einen *preiswerten* 11-kW-AC-Anschluß, von dem es in großurbanen Umgebungen, Tiefgaragen und auf Arbeitgeber-Parkplätzen leicht Zehntausende geben kann … wie JNeuberg im Posting vom 15.7.24 schon schrieb! Da könnte ein einziger BiDi-AC-Lader im Auto schon an *mehreren Orten* netzdienlich laden/einspeisen, wenn er auf öffentlichen Ladeplätzen, auf privatem Parkplatz oder Tiefgarage steht, auch beim Arbeitgeber tagsüber und am Wochenende am kleinen Grundstück oder Schrebergarten …

Wolfbrecht Gösebert:

„DC-Bidi Wallboxen werden in der Größenordnung von unter einem PV-WR mit 10 kVA kosten.“

Gibt’s diesen Satz auch in „verständlich und nachvollziehbar“ ?-)

Jennss:

Müsste dann nicht vielleicht die Akkugarantie reduziert werden? Der Akku hat damit dann ja mehr Zyklen./Verschleiß.

Patrick:

Dynamischer Steomtarif kann schon ein Vorteil sein..,

Patrick:

Ehrlich gesagt beobachte ich das grade bei uns. Wenn ich Mittags sagen wir 40kwh Strom zu -1 Cent in das Auto laden und Abends zu 13 Cent verlaufen könnte (Spot Börsen Preise ohne Entgelte) hätte ich mit Ladeverlusten knapp 4 Euro dazu gewonnen. Dieses Szenario findet an vielen Tagen die Woche statt.

Mein Auto steht derweilen ungenutzt rum da dies eben nicht möglich ist.

Alleine weil mit Netzentgelten die Rechnung nicht aufgeht. Aber eventuell sollte man die Netzentgelte auch überdenken wenn netzdientlich Strom gespeichet wird?

Muss ein Kraftwerk Netzentgelte je kwh zahlen?

E. Wolf:

Seien Sie froh, er kostet nur und hat für sie keine Vorteile.

Sie werden in ihren täglichen Abläufen nur 100% transparent.

E. Wolf:

DC-Bidi Wallboxen werden in der Größenordnung von unter einem PV-WR mit 10 kVA kosten.

Und wenn mir 4,2 kVA (§14a !!!) reichen, dann nochmals günstiger.

Wenn bundesdeutsche Hersteller nicht in die Gänge kommen, Asiaten werden es schon tun !!

Hans Wurst:

Ich glaube nicht machbar so lange es Lobbyismus gibt außer es gibt wirklich einen großen Zusammenschluß mit Automobil und Batterie Herstellern um einen vernünftigen Standard zu bekommen. Wenn jeder hier sein eigenes Süppchen kocht wird das nix.

Dylofix_GER:

Bidirektionales Laden, super Sache, leider wieder zu spät, es ist quasi bereits nach 12

Wir brauchen nicht über’s Land Kreuz und Quer verteilt teure und große Akkuspeicher die die Regenerativen Ausgleichen, Bidirektionales Laden würde reichen.
(Von diesem System Profitieren wieder nur die Netzbetreiber)

Auch hier würden wieder mal nur diejenigen Profitieren(vom der Stromstabilität Profitieren allerdings alle) die ein ein oder zwei Familien Haus(also mit Auffahrt und Wallbox) haben, leider.

Wie soll der Laternen Parker an dem System Teilnehmen ?

panibodo:

Das bidirektkonelle Laden wird ganz sicher kommen, weil die EU schon dafür sorgen wird.
Vor dem Hintergrund ist es MIR völlig schleierhaft, dass mein Messstellenbetreiber bei mir partout kein „Intelligentes Messsystem“ einbauen will, sondern nur einen digitalen Zähler ohne Smartmeter .

Ähnliche Artikel

Cover Image for Renaults Klassiker R4, R5 und Twingo im E-Zeitalter

Renaults Klassiker R4, R5 und Twingo im E-Zeitalter

Sebastian Henßler  —  

Renault belebt mit R5, R4 und bald dem Twingo Ikonen neu und verbindet Retro-Design, moderne Technik sowie europäische Fertigung zu einer klaren E-Strategie.

Cover Image for Elektrische Ikone: Wie viel G steckt im Mercedes G 580 wirklich?

Elektrische Ikone: Wie viel G steckt im Mercedes G 580 wirklich?

Sebastian Henßler  —  

Vier Motoren, 587 PS, 3,1 Tonnen: Der G 580 mit EQ-Technologie beeindruckt und irritiert zugleich – Mythos trifft hier auf Moderne. Wir sind ihn gefahren.

Cover Image for Diese 7 E-Autos mit mehr als fünf Plätzen sind gut für Reisen

Diese 7 E-Autos mit mehr als fünf Plätzen sind gut für Reisen

Daniel Krenzer  —  

Mit Kind und Kegel in den Urlaub, auch das ist mit Elektroautos inzwischen entspannt möglich. Wir haben ermittelt, welche Modelle sich besonders gut eignen.

Cover Image for Exklusiv: Opel kippt strikte Elektroauto-Vorgabe für 2028

Exklusiv: Opel kippt strikte Elektroauto-Vorgabe für 2028

Henning Krogh  —  

Exklusive Bestätigung: Opel prüft seine E-Mobilitätspläne. Statt reinem E-Portfolio ab 2028 bleibt Raum für Verbrenner und Hybride bis ins nächste Jahrzehnt.

Cover Image for USA-Autozölle: Einigung ja, Entlastung noch nicht

USA-Autozölle: Einigung ja, Entlastung noch nicht

Sebastian Henßler  —  

USA und EU einigen sich im Zollstreit, doch für Europas Autoindustrie bleibt vorerst alles beim Alten – 27,5 Prozent Abgaben gelten weiterhin unverändert.

Cover Image for ADAC: Mehrheit überzeugt vom Fahren mit Elektroautos

ADAC: Mehrheit überzeugt vom Fahren mit Elektroautos

Sebastian Henßler  —  

Größere Modellauswahl und bessere Akkus gelten laut ADAC-Umfrage als wichtigste Gründe für das wachsende Interesse an Elektroautos in Deutschland.