Deutsche Zulieferer unter Druck: Tausende Jobs bedroht

Cover Image for Deutsche Zulieferer unter Druck: Tausende Jobs bedroht
Copyright ©

shutterstock / 2136751455

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min  —  0 Kommentare

In der Autozulieferindustrie zeichnet sich eine kritische Entwicklung ab. Allein im Jahr 2024 kündigten Unternehmen an, insgesamt 54.000 Arbeitsplätze abzubauen. Diese Stellenstreichungen sollen in den nächsten zwei bis fünf Jahren erfolgen. Der europäische Automobilzulieferer-Verband Clepa berichtet, dass diese Zahl sogar den Verlust der beiden Pandemiejahre 2020 und 2021 übertrifft, in denen 53.700 Arbeitsplätze wegfielen. Seit 2019 summieren sich die angekündigten Stellenstreichungen in der Branche auf 145.000. Gleichzeitig wurden nur 51.000 Arbeitsplätze neu geschaffen. Clepa warnt, dass dieser Trend anhalten könnte, sollten sich Nachfrage und Wettbewerbsfähigkeit in Europa nicht deutlich verbessern.

Vor allem deutsche Unternehmen sind stark betroffen. ZF Friedrichshafen plant bis 2028 den Abbau von bis zu 14.000 Arbeitsplätzen. Schaeffler streicht in Europa rund 4700 Stellen, davon 2800 in Deutschland. Continental baut weltweit 7150 Arbeitsplätze ab, vor allem in den Bereichen Verwaltung sowie Forschung und Entwicklung. Bosch kündigte an, im Mobility-Bereich 3800 Stellen an deutschen Standorten zu streichen. Leichter wird es nicht in den kommenden Jahren, etwa durch die Zollpolitik, die US-Präsident Donald Trump zu verfolgen scheint.

Die Branche leidet unter einem Rückgang der Fahrzeugproduktion in der EU. Im Vergleich zu 2023 sollen laut GlobalData 2024 etwa 700.000 Autos (alle Antriebsarten) weniger hergestellt werden. Im Vergleich zu den Produktionszahlen vor der Pandemie bedeutet das einen Rückgang von sogar 3,2 Millionen Einheiten. Als Hauptgrund nennt Clepa die gestiegenen Energie- und Produktionskosten sowie eine sich schwächer als erwartet entwickelnde Nachfrage nach E-Autos.

GlobalData erwartet für 2025 einen Aufschwung. Der Anteil von E-Autos und Plug-in-Hybriden an der gesamten Fahrzeugproduktion könnte auf bis zu 27 Prozent steigen. Dennoch bleiben Zulieferer skeptisch. Eine Clepa-Umfrage aus Oktober zeigt, dass 65 Prozent der Mitglieder glauben, der Marktanteil von E-Autos werde bis 2030 unter 50 Prozent bleiben. Die Investitionen in E-Auto-Komponenten sind 2024 stark eingebrochen. Während diese 2022 mit 18,15 Milliarden Euro ihren Höhepunkt erreichten, sanken sie 2024 auf 5,64 Milliarden Euro. Dies ist der niedrigste Stand seit 2019. Der Rückgang wird auf die schwache Nachfrage nach E-Autos zurückgeführt, die viele Unternehmen dazu brachte, Projekte zu verschieben oder aufzugeben. Mindestens acht europäische Batterieprojekte wurden 2024 entweder gestoppt oder verzögert.

Clepa-Generalsekretär Benjamin Krieger fordert klare politische Maßnahmen, um die Branche zu stabilisieren. Er plädiert für eine Überarbeitung der CO₂-Regelungen, die technologieoffen gestaltet sein sollten. Ziel müsse es sein, Forschung und Entwicklung in allen Bereichen zu stärken. Krieger sieht die Dekarbonisierung der Energieversorgung als Schlüssel für eine wettbewerbsfähige Industrie. Ein Fonds für den industriellen Wandel könnte Risiken bei Investitionen in Spitzentechnologien abfedern.

Quelle: Automobilwoche – Clepa: Zulieferer kündigen Abbau von 54.000 Jobs an

worthy pixel img
Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

Artikel teilen:

Teile deine Gedanken zu diesem Beitrag
S

Stefan

24.1.2025

Es sind im Handwerk bei den PV- Santär- und Heizungsbetrieben zig tausende Stellen offen. Zig tausende Meisterbetriebe finden keine Nachfolger, deren Inhaber in Rente gehen. Zig tausende Facharbeiter werden in der Rüstungsindustrie gesucht. Technologie Offenheit gerne, solange dabei keine Abgase entstehen. Das Jahrhundert der toxischen Luftverschmutzung und damit gebilligten Krankheiten bei Menschen, neigt sich dem Enden zu.

R

Robert

24.1.2025

finde es schon komisch das jetzt Deutschlandweit gejammert wird als damls Altmaier Rösler un Co über 80.000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie und weitere 20.000 in Windradindustrie zerstört haben hat das niemanden interessiert

M

Melvin

24.1.2025

Es ist befremdlich zu sehen, wie sich zumindest gegenüber der Presse bei der Ursachenanalyse scheinbar rein auf die Elektromobilität und die schwächer als erwartete Nachfrage fokussiert wird.
Es wird so getan, als wären E-Autos hauptschuldig an der Misere der deutschen Automobilindustrie. Dabei bin ich mir sicher – sie sind ein Weg aus dieser heraus.
Deutsche OEMs stellen immer noch zu über 90% Verbrenner her – der weitaus größere Hebel für die negative Entwicklung liegt also vermutlich eher darin, dass die Nachfrage nach Verbrennern weltweit zurückgeht, die Nachfrage nach deutschen Autos im Allgemeinen in bedeutenden Märkten rückläufig ist (z. B. China) und deutsche OEMs viel zu lange gebraucht haben, um technisch wettbewerbsfähige Elektrofahrzeuge anzubieten – die dann für viele Märkte wiederum viel zu teuer sind. Selbst in Deutschland ist der hohe Kaufpreis immer noch Hemmnis Nummer 1.

Vielleicht gibt es ja andere Faktoren, die das Ganze maßgeblich beeinflussen? Verminderte Kaufkraft seit Corona und Ukraine-Krieg, gestiegene Zinsen, dadurch auch schlechtere Leasingkonditionen, mehr Fokus auf ausländische Marken aufgrund nachlassender Qualität bei deutschen OEMs, verfehlte Modellstrategien (looking at you Ford) – allesamt sicherlich ein größeres Thema für die Branche, als eine schwächelnde BEV-Nachfrage auf dem deutschen Markt.
Denn nimmt man Deutschland (und Italien) raus, steigen die BEV-Zulassungen unaufhörlich. Sie sind also eher eine Chance, aus der Abwärtsspirale rauszukommen und gleichzeitig mehr oder weniger mühelos die gesetzten Ziele zu erreichen.
Vielleicht sollte man aufhören, über die gemeinsam (also auch von der Automobilindustrie!) gesetzten Ziele zu jammern, und mehr dafür tun diese Ziele zu erreichen. Straffreie Zielverfehlung bringt nur weitere Zielverfehlungen. Und das große Ziel dahinter ist ja eigentlich, die Welt nicht immer weiter immer schneller zu verbrennen, sondern diesen Prozess zu verlangsamen und irgendwann vielleicht aufzuhalten.
Wenn wir jetzt anfangen, die Meilensteine auf dem Weg dorthin immer wieder zu verschieben oder gar aufzuheben, können wir uns vom Hauptziel ebenfalls verabschieden.

Außerdem ist es ein echt komischer Take, dass eine in Zukunft eintretende Emissionsgrenzwertreduktion und angeblich fehlende Technologieoffenheit (trotz geplanter Ausnahmen für E-Fuels, die angeblich so großen Potenziale beim Verbrenner noch CO2 zu reduzieren und Gleichberechtigung für H2) die Verkäufe der letzten Jahre negativ beeinflusst hätte.
Die Leute können heute so viele Verbrenner kaufen wie sie wollen, bei wem sie wollen.
Natürlich müssen die OEMs auch heute schon Flottengrenzwerte einhalten, aber bei den aktuellen Werten gleicht ein verkauftes BEV die Emissionen von ca. 4 neuen Verbrennern aus. Den „normalen“ Neuwagenkäufer trifft das also rein gar nicht. Nur vielleicht bei hochmotorisierten CO2-Schleudern, die eben weniger einfach auszugleichen sind und daher in der Stückzahl etwas reduzierter sein müssen. Gekauft werden sie trotzdem, siehe MB GLx AMG, BMW X-irgendwas M etc.
Die treffen wiederum das große Absatzvolumen auch nicht, denn das trifft eher die reichere Oberschicht, die sich hier in den meisten Fällen ohne Probleme auch ein entsprechendes BEV leisten könnten – wenn sie denn wollten. Zur Miete ohne eigenen Stellplatz wohnen vermutlich auch die wenigsten Fahrer solcher Autos, sodass diese Ausrede größtenteils ebenfalls wegfiele.

Eine Überarbeitung von Flottengrenzwerten und Zwischenzielen zum großen Ziel der Klimaneutralität bis 2045 wird keine Besserung bringen. Der Verbrennermarkt wird trotzdem weiter zurückgehen.
Das Angebot muss verbessert werden – hier ist immerhin Besserung in Sicht. Dazu muss die Nachfrageseite für BEV positiv angeregt und von CO2-intensiven Fahrzeugen weggelenkt werden. Sei es über eine Kaufprämie (je nach Ausführung nicht so gut), günstigeren Ladestrom, Steueranreize, CO2-Abgaben bei Neuzulassung oder oder oder. Dann wird das auch was.

N

Niklas Maurus

24.1.2025

Zulieferer und andere Firmen sind immer noch private Unternehmen, in denen Führungskräfte Entscheidungen treffen.

Die meisten haben als Zulieferer in den letzten Jahren eben Fehlentscheidungen getroffen und sich nicht dem verändert Markt angepasst. Das hat weder was mit Politik oder Käuferstreik oder sonst was zu tun. Es sind privatwirtschaftliche Fehlentscheidungen vom Unternehmen und ihren CEOs

R

Rolando

24.1.2025

Falsch! Die Privatwirtschaft orientiert sich an den Vorgaben der Politik. Laviert diese oder sie macht gar nix (Merkel) oder die Rahmenbedingungen sind zu lasch dann passiert es das die Unternehmen falsch entscheiden.

S

S. Eckardt

25.1.2025

Die Politik hat meines Wissens zu keiner Zeit e-Autos verboten!
(Weder die Entwicklung noch die Herstellung!)

S

Samsun

24.1.2025

Sie schreiben selber das Unternehmen falsch entscheiden. In China gibt es politische Vorgaben in der westlichen Welt nicht. Hier entscheidet nicht der Bundeskanzler ob Elektroautos SUVs oder braun sein müssen. Es sind Entscheidungen der Zulieferer und Autohersteller, die eben FEhlentscheidungen mit Wasserstoff und Diesel gesetzt haben.

Ähnliche Artikel

Cover Image for Lithiumprojekt von Vulcan Energy geht in nächste Phase

Lithiumprojekt von Vulcan Energy geht in nächste Phase

Sebastian Henßler  —  

Vulcan Energy erhält in Landau die letzte Baugenehmigung für seine kombinierte Geothermie- und Lithiumanlage – ein wichtiger Schritt für das Projekt G-LEP.

Cover Image for Enges Feld beim Formel-E-Test in Spanien

Enges Feld beim Formel-E-Test in Spanien

Sebastian Henßler  —  

Edoardo Mortara fährt in Valencia die Bestzeit und setzt mit Mahindra Racing ein starkes Zeichen für den Formel-E-Saisonstart 2025/26 in São Paulo.

Cover Image for Alpine 390 GTS: Blaue Banane im Doppelpack

Alpine 390 GTS: Blaue Banane im Doppelpack

Wolfgang Gomoll  —  

Alpine bringt mit dem A390 einen Kurvenkünstler, der zwar nicht so agil wie ein Porsche Macan ist, aber enormen Fahrspaß bietet und deutlich weniger kostet.

Cover Image for Ex-VW-Chef: „Wir erleben ein Job-Massaker in der Autoindustrie“

Ex-VW-Chef: „Wir erleben ein Job-Massaker in der Autoindustrie“

Sebastian Henßler  —  

Müller fordert einen pragmatischen Kurs in der Mobilität: Hybrid- und E-Fuels-Lösungen statt Verbrennerverbot – sonst drohten gesellschaftliche Spannungen.

Cover Image for GM kürzt Elektroauto-Produktion und streicht Jobs

GM kürzt Elektroauto-Produktion und streicht Jobs

Sebastian Henßler  —  

General Motors kürzt die Elektroauto- und Batterieproduktion in den USA drastisch – über 1700 Arbeitsplätze fallen weg, darunter 550 in Ohio.

Cover Image for Xpeng-Deutschlandchef: Verbrennerverbot war „Schnellschuss“

Xpeng-Deutschlandchef: Verbrennerverbot war „Schnellschuss“

Laura Horst  —  

Der Geschäftsführer von Xpeng Deutschland bezeichnet das Verbrennerverbot ab 2035 als „Schnellschuss“. Dennoch sieht er Elektroautos als die Zukunft.