Der fast sechs Meter lange Lademeister hat mächtig Verspätung und konnte letztlich selbst den zigfach verschobenen Tesla Cybertruck nicht mehr abfangen. Große Teile der amerikanischen Pick-Up-Fans warten seit langem auf den elektrischen Chevrolet Silverado. Er soll den Vorsprung des Ford F-150 Lightning aufholen.
Knapp zwei Jahre hat er Vorsprung – der sehr erfolgreich gestartete Ford F-150 Lightning und damit die Elektroversion des nach dem Toyota Corolla meistverkauften Autos der Welt. Nicht nur bei den in den USA so beliebten Pick-Ups ist der F-150 seit Jahrzehnten die unangefochtene Nummer eins – es gibt auch eine klare Nummer zwei: den Chevrolet Silverado. Und der kommt in den kommenden Monaten in den USA endlich auch als lang erwartete Elektroversion zu den Kunden gesurrt. Er soll den aktuell lahmenden Elektromarkt in den USA wieder auf die Überholspur bringen, nachdem der Tesla Cybertruck schon aufgrund seines Designs kaum das Zeug zu einem Bestseller hat.
Optisch ist der 5,92 Meter lange Chevrolet Silverado EV – ausschließlich als Crew Car zu bekommen – klar als Mitglied der erfolgreichen Silverado-Familie zu erkennen. Details an Front und Heck zeigen jedoch sehr eindeutig, dass unter der Motorhaube weder Sechs- noch Achtzylindern werkeln, sondern nach Lightning-Vorbild ein über 300 Liter großer Laderaum untergebracht ist, in dem Gerätschaften transportiert und aufgeladen werden können.
Ähnlich wie der Ford F-150 mit Stecker wird auch der E-Silverado in einem breiten Modellspektrum zwischen Nutzfahrzeug und Edellaster verfügbar sein. Die Topversion ist dabei ein 554 kW / 754 PS starker Allradler, der Dank seines stattlichen Drehmoments von 1068 Nm auf seiner Ladefläche nicht allein Gegenstände bis zu einem Gewicht von 590 Kilogramm transportieren, sondern auch Anhänger bis zu einem Gewicht von mehr 4,5 Tonnen ziehen kann. Wenn es der Fahrer darauf anlegt, spurtet der mehr als 2,5 Tonnen schwere Elektro-Pick-Up aus dem Stand in 4,6 Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h.
Das gewerblich orientierte Basismodell WT3 leistet als sogenanntes Work Horse 375 kW / 510 PS und ein maximales Drehmoment von immer noch immensen 835 Nm. Im Laufe des Jahres soll eine besonders rustikale Version folgen, die Anhänger bis zu einem Gewicht von neun Tonnen ziehen soll. „GM Fleet bietet seinen Kunden seit langem großartige Produkte und Dienstleistungen, ein außergewöhnliches Kundenerlebnis und innovative Lösungen für ihre individuellen Geschäftsanforderungen”, so Ed Peper, bei General Motors verantwortlich für das Flottengeschäfte, „wir freuen uns, den Silverado EV auf den Markt zu bringen und unseren Kunden damit ein wirklich arbeitsfähiges Nutzfahrzeug zur Verfügung zu stellen, das den Übergang zu einer elektrischen Flotte erleichtert und sie dabei unterstützt, ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.“
Das Akkupaket im Unterboden bietet je nach Version Reichweiten von 500 bis 720 Kilometern beim Silverado EV 4WT. Der deutliche Zeitverzug hat beim Ladetempo einen nennenswerten Vorteil, denn während der Hauptkonkurrent Ford F-150 Lightning bis maximal 200 Kilowatt nachladen kann, ermöglicht das 800-Volt-Bordnetz des im Werk Detroit-Hamtramck produzierten Chevy eine Ladegeschwindigkeit von bis zu 350 kW, was die Ladestopps nennenswert reduziert. In zehn Minuten lädt der Pick-Up an einem Hypercharger für weitere 160 Kilometer nach.
Technisch ist der Chevrolet Silverado EV mit einem Radstand von stattlichen 3,70 Metern eng mit der Neuauflage des elektrischen Hummer verwandt. Beide sind auf der Ultium-Plattform von GM unterwegs, die nicht allein Allradantrieb, sondern bei Versionen wie der edlen RST First Edition unter anderem auch eine Allradlenkung (Wendekreis: 12,90 Meter) und eine variable Luftfederung ermöglicht, die die Bodenfreiheit von knapp 23 Zentimetern um bis zu fünf Zentimeter variieren kann. „Chevrolet hat den Silverado immer wieder revolutioniert, um ihn zu dem Kraftpaket zu machen, das er heute ist”, erläutert Steve Hill, Vizepräsident von Chevrolet, „die Ultium-Plattform ist ein entscheidender Faktor für die Leistung eines Pick-Ups der nächsten Generation, sowohl für Flotten- als auch für Privatkunden, unabhängig davon, ob sie derzeit einen Silverado fahren oder zum ersten Mal einen Pick-Up in Betracht ziehen.“
Im Innenraum unterscheidet sich der elektrische Silverado nicht deutlich, aber allemal spürbar, von den Versionen mit Verbrennungsmotor. So gibt es nicht nur viel Platz für fünf Personen und eine umlegbare Rückbank und nicht allein eine elf Zoll große Instrumenteneinheit, sondern auch ein farbiges 14-Zoll-Head-Up-Display sowie einen zentralen 17-Zoll-Infotainmentbildschirm in der Mitte der Armaturentafel.
Wie von anderen Modellen aus dem General-Motors-Konzern bietet auch der Silverado das Fahrerassistenzsystem Super Cruise, bei dem der Pilot auf mehr als 320.000 Kilometern auf nordamerikanischen Highways die Hände vom Steuer nehmen kann. Die Chevrolet Silverado EV RST First Edition kostet auf dem US-Markt 105.000 US-Dollar (ca. 96.000 Euro); das sonstige Preisspektrum liegt zwischen 50.000 (45.800 Euro) und 80.000 Dollar (73.200 Euro). Ein Start auf dem europäischen Markt ist erst einmal nicht geplant – ist jedoch langfristig kaum ausgeschlossen.