Chery prüft Autoproduktion in VW-Werk in Deutschland

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Volkswagen

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
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Der chinesische Automobilhersteller Chery plant eine stärkere Präsenz in Europa und prüft aktuell, ob eine Produktion in Deutschland wirtschaftlich sinnvoll ist. Dabei geht es offenbar um eine mögliche Nutzung eines Werks, das derzeit zur Volkswagen-Gruppe gehört, wie Automotive News Europe berichtet. Offiziell bestätigt Chery lediglich Gespräche über eine Fertigung in Deutschland, ohne dabei einen konkreten Partner zu nennen.

Charlie Zhang, Vizepräsident von Chery International, erklärte demnach bei einem Treffen mit Händlern und Medienvertretern in Wuhu, dass die Entscheidung noch von vielen Faktoren abhänge. Dazu zählten etwa die Kostenstruktur, bestehende Lieferketten, rechtliche Rahmenbedingungen und der Umgang mit Gewerkschaften. Laut Zhang ist die Lage in Deutschland komplex, weshalb zunächst eine detaillierte Machbarkeitsprüfung notwendig sei.

Hintergrund der Überlegungen ist auch ein Bericht, demzufolge chinesische Autohersteller Interesse an zwei VW-Werken in Dresden und Osnabrück haben. Diese Standorte könnten im Rahmen eines größeren Sparprogramms geschlossen werden. Für Volkswagen könnte die Ansiedlung eines chinesischen Produzenten eine Lösung sein, um den Unmut der Belegschaft über Werksschließungen abzufedern. Gleichzeitig könnte Chery auf diesem Weg Zölle umgehen, die beim Import von E-Autos aus China in die EU anfallen.

Der Schritt würde auch zum globalen Wachstumskurs von Chery passen. Vor wenigen Tagen hat das Unternehmen die neue Marke Lepas vorgestellt. Unter diesem Namen sollen vor allem umgebaute SUVs auf Basis der beliebten Tiggo-Reihe angeboten werden. Für Europa sind zunächst zwei kompakte SUVs sowie ein mittelgroßes Modell geplant. Die Autos sollen in verschiedenen Antriebsvarianten erscheinen – rein elektrisch, als Plug-in-Hybrid oder mit klassischem Verbrenner.

Bereits seit dem vergangenen Jahr ist Chery über ein Gemeinschaftsprojekt mit dem spanischen Unternehmen Ebro in Europa aktiv. Produziert wird in einem früheren Nissan-Werk in Barcelona. Dort wird derzeit ein Plug-in-Hybrid auf Basis des Tiggo 7 montiert. Weitere Elektroversionen für die Marken Omoda und Jaecoo sind geplant. Um das Produktionsvolumen zu steigern, soll die Anlage ausgebaut werden. Ziel ist es, bis Jahresende die volle Kapazität zu erreichen. Laut Zhang kann die Fabrik jährlich bis zu 200.000 Autos herstellen.

Die Wertschöpfung in Europa soll erhöht werden

Momentan liefert Chery lackierte Karosserien mit bereits ausgestatteten Innenräumen aus China nach Spanien. In Barcelona werden dann Achsen, Antrieb, Fahrwerk und Räder eingebaut. Für die neuen E-Modelle von Jaecoo und Omoda strebt Chery jedoch einen höheren Anteil an in Europa hergestellten Komponenten an. Damit soll der Eindruck vermieden werden, dass lediglich Montagearbeiten ausgeführt werden, um Handelsbeschränkungen zu umgehen. Zhang nennt eine Zielmarke von 50 Prozent an Bauteilen, die nicht aus China stammen. Eine Möglichkeit wäre, Batterien aus anderen Ländern zu importieren. Damit will das Unternehmen die Vorgaben der EU erfüllen und den Zugang zum europäischen Markt sichern.

Derzeit ist Chery der größte Autoexporteur Chinas. Im ersten Quartal 2025 wurden mehr als 255.000 Autos ins Ausland geliefert. Das Unternehmen verfolgt eine Strategie, bei der bestehende Werke in anderen Ländern übernommen und für die Montage genutzt werden. So ist Chery auch in Russland aktiv, wo frühere Standorte westlicher Hersteller nach dem Rückzug aus dem Markt übernommen wurden. Für Europa verfolgt Chery ambitionierte Ziele. Die Marken Omoda und Jaecoo sollen bald in 19 Ländern erhältlich sein – aktuell sind es sieben. Auch Frankreich und Deutschland stehen auf der Liste. In Deutschland plant Chery, noch in diesem Jahr rund 100 Händler für den Vertrieb zu gewinnen.

Quelle: Automotive News Europe – China’s Chery reportedly near deal to build cars at German VW factory

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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