Assistenzsysteme: Sinnvolle Helfer mit Grenzen

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ADAC

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 2 min

Ab 07. Juli müssen neu zugelassene Fahrzeuge in der EU über weitere Assistenzsysteme verfügen. Für neue Fahrzeugtypen sind sie bereits seit zwei Jahren verpflichtend.

Zu den neuen Systemen zählen unter anderem:

  • Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA): Das System warnt akustisch, optisch oder haptisch vor Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit.
  • Notbremslicht: Nachfolgende Fahrzeuge werden vor starker Verzögerung gewarnt.
  • Rückfahrassistent: Warnung des Fahrers vor hinter dem Fahrzeug befindlichen Personen und Objekten.
  • Notbremsassistent: Das System erkennt eine Gefahrensitutation selbstständig und veranlasst das Abbremsen des Fahrzeugs, um einen Zusammenstoß zu vermeiden oder abzumildern.
  • Spurhalteassistent: Greift ein, wenn das Fahrzeug die Fahrspur verlässt und ein Zusammenstoß drohen könnte.

Fahrerassistenzsysteme sind nach Ansicht des ADAC ein wichtiger und richtiger Ansatz zur Erhöhung der aktiven Sicherheit von Fahrzeugen. So hält der Mobilitätsclub zum Beispiel die Ausrüstung der Fahrzeuge mit einem Notbremsassistent für unerlässlich, um die Unfallzahlen zu reduzieren. Auch ein Spurhalteassistent kann die Sicherheit deutlich erhöhen. Das Abkommen von der vorgegebenen Fahrspur ist mit knapp 40 Prozent eine der häufigsten Unfallursachen, die von der ADAC Unfallforschung registriert werden.

Der ADAC stellt in seinen Tests allerdings regelmäßig auch Schwächen der Systeme fest. So zeigt sich zum Beispiel, dass Spurhaltesysteme in manchen Situationen gegen den Fahrerwunsch arbeiten. Rückfahrassistenten erkennen mitunter für den Betrachter offensichtliche Objekte (zum Beispiel Begrenzungspfosten) nicht und eine eventuell notwendige Notbremsung oder sonstige Fahrmanöver werden nicht eingeleitet. Auch der Intelligente Geschwindigkeitsassistent (ISA), der als unterstützendes System im Einzelfall hilfreich sein kann, ist nach Erkenntnissen des ADAC aktuell noch nicht ausreichend erprobt und ausgereift.

Zu viele Fehler, beispielsweise bei der Erkennung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, verbunden mit ständigen Warnungen oder unplausible Lenkeingriffe durch Spurhalteassistenten, senken die Kundenakzeptanz. Der Mobilitätsclub fordert die Hersteller daher auf, nur gut ausgereifte Systeme auf den Markt zu bringen. Regelmäßige Softwareupdates sollten dazu beitragen, die Systeme fortlaufend zu optimieren.

Gleichzeitig sei es wichtig, dass die Autohersteller Kunden umfangreich über die Funktionen der Assistenzsysteme informieren und Käufer diese schon bei einer Probefahrt ausprobieren. Verbraucher müssen die Fähigkeiten, aber auch die Grenzen der Systeme kennen und wissen, wann ein Eingriff übersteuert werden kann und sollte. Kundenakzeptanz bedeutet schließlich auch, dass während der Fahrt die Systeme aktiviert bleiben. Eine Abschaltroutine der Systeme beim Losfahren ist, trotz mancher Schwächen, nach Ansicht des ADAC ein verschenktes Sicherheitspotential.

Quelle: ADAC – Pressemitteilung vom 02.07.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Philipp:

Meine Kernprobleme mit Fernlichtassistenten:
– Kein Fernlichtassistent erkennt Fahrradfahrer und Fussgänger zuverlässig und brennt denen regelmäßig die Retina aus den Augen.
– Kein Fernlichtassistent schaltet das Fernlicht ab, wenn man auf einen Ort zufährt. Ich will nicht Anwohnern deren Schlafzimmer zum Tage machen, nur weil mein Auto das Haus mit Fenstern nicht erkennt.
– Beim Abbiegen, bei engeren Kurven oder vor Kuppeln versagen sie regelmäßig. Obwohl man am vorausscheinenden Licht erkennen kann, dass demnächst ein Auto zu sehen sein wird, schalten sie nicht ab.
– Und insbesondere: Auf Autobahnen blenden sie grundsätzliche immer den LKW-Gegenverkehr. Zutiefst schwache Leistung.

Wüßte nicht, dass mein iX1 diese Probleme beherrscht, denn jeder Fernlichtassisten regelt nur ab wenn es direkte Lichter erkennt oder sich INNERHALB einer Ortschaft befindet. Der BMW ist hier genauso mangelhaft wie mein eGolf.

Mag andere geben, denen das Miteinander weniger wichtig ist. Ich bin für meinen Teil nicht so egoistisch.

Björn:

Vor allem unausgereifte Systeme, die vorschnell auf den Markt geworfen werden, nerven ungemein und sind tlw sogar gefährlich. Allen voran nenne ich hier die Verkehrszeichenerkennung.

Luni:

„Abblendautomatiken sind mir ein Gräuel“ in meinem 10 Jahre alten 5er funktioniert der Fernlichtassistent und das Adaptives Kurvenlicht einwandfrei. Mich hat bisher noch kein Gegenverkehr auf Blendung aufmerksam gemacht. Bei dem Abstandsassistenten stimme ich dir voll zu. Was mich nervt und direkt abgestellt wird ist die Start Stopp Automatik.

Marius:

Der Grundgedanke der Helfer erschließt sich mir ja schon weitestgehend, aber deren Umsetzung ist meines Erachtens teils stark verbesserungswürdig. Zum jetzigen Zeitpunkt finde ich sie sehr nervig und wenig hilfreich.
-Der Parkassistent piept in der Tiefgarage herum, obwohl weit und breit kein Hindernis ist.
-Der Querverkehrsassistent bremst beim Rückwärtsfahren abrupt ab, obwohl kein Fahrzeug in der Nähe war.
-Der Notbremsassistent piept laut und bremst stark ab, dabei ist kein Vordermann zu sehen (ggf. Kurvenfahrt).

Sehr fraglich, inwieweit man noch auf Warnsignale reagiert, wenn man diese ständig präsentiert bekommt, ohne dass eine echte Gefahr besteht. Ich finde das sehr zermürbend.

PhiGo:

Statistiken waren noch nie eine gute Entscheidungsgrundlage.

Sieht man ja z. B. am Beispiel der durchschnittlich 30km am Tag gefahrenen Kilometer, was diejenigen, die regelmäßig mehr fahren müssen, davon halten.
Das mag mathematisch zwar funktionieren, aber leider fallen alle Individualfälle aus der individuellen Betrachtung heraus.

Ob nun 0,7 oder 1,2 Tote pro 10.000 zugelassener Fahrzeuge (Fiktiver Beispielwert), das hilft den Hinterbliebenen überhaupt nicht und wird der gelebten Wirklichkeit einfach nicht gerecht.

Philipp:

– Unsere TFL mit Automatik funktionieren perfekt (eGolf und iX1), stehen grundsätzlich auf Automatik. Schlechte Implementierungen sind kein Grund die Regeln zu ändern, sondern die Implementierungen. Vielleicht passen die Tests nicht oder die Käufer sind zu ungeschickt diese zu berücksichtigen.

– Abblendautomatiken sind mir ein Gräuel, da gebe ich Dir voll Recht. In keinem meiner beiden Autos funktionieren die so, dass ich sie einschalten will.

– Die Koppelung der Verkehrszeicherkennung mit dem Tempomaten ist eine tolle Sache, habe ich mir beim iX1 extra hinzubestellt. Jetzt müßte nur die Verkehrszeicherkennung besser funktionieren und der Automat keine Amnesie haben. Da hast Du wahrlich Recht, dass dies eher abschreckend ist. Innerorts nur bedingt brauchbar und außerhalb wiederkehrend eine Katastrophe. Trotzdem funktioniert das im Zweifel besser als meine Aufmerksamkeit im Schilderwald die aktuelle Geschwindikeit mitzubekommen.

– Wenn es 50 sind, ist es 50. Wenn alle 55 fahren dürfen, dann bitte fordern das Tempolimit zu ändern, nicht den Assistenten. Eine Toleranz um die Toleranz des Tachos zu kompensieren, halte ich aber für sinnvoll, weil man sich dann immer noch an das Tempolimit hält. Also angezeigte 52, sind reale 50 (leicht darunter). Du willst schneller fahren, dann forder also ein entspechendes Tempolimit oder halte dich an die Regeln! Du kannst keine 52 selbt halten, dann nimm den Tempomaten oder fahre 48 mit den menschlichen Schwankungen.

Was mir aber fehlt ist ein verpflichtender Abstandswarner. Wer länger als z.B. 15s zu knapp hinter einem auffährt, sollte bitte zwingend akkustisch penetrant darauf hingewiesen werden und nach 40s eine Verzögerung eingeleitet werden. 3 Autos mit <10m Abstand bei 180 auf der linken Spur ist technisch zu verhindern. Das Hirn funktioniert bei solchen Fahrern ja nicht.

PhiGo:

Mag im Gesamtdurchschnitt so sein, aber hier wurden in den letzten beiden Jahren mehr Radfahrer auf der Landstraße angefahren als jemals zuvor.
Leider gab es auch mehrere Tote.
Es gibt keine Radwege zwischen den Gemeinden und erst jetzt haben sie die erlaubte Geschwindigkeit auf 70km/h gesenkt, hält sich nur kaum jemand dran.
Und natürlich werden die Radfahrer weiterhin auch in unübersichtlichen Kurven oder bei Gegenverkehr überholt.

Das beste Assistenzsystem sitzt immer noch zwischen den Ohren und da hapert es bei vielen.
Auto fahren bedingt nun einmal permanente Aufmerksamkeit, Vorausschauen und Rücksichtnahme.

Leider führte das „Screenager“-Dasein in vielen Fällen zu physiologischen Veränderungen, die so niemand voraussehen konnte.
Die meisten heutigen jüngeren Fahrer:innen haben deutliche Defizite in der breiten Wahrnehmung, sind aber sehr gut im Fokussieren und haben ein gutes Reaktionsvermögen, verglichen mit Älteren, die analog aufgewachsen sind.
Dazu kommt eine erhebliche Reduktion der Aufmerksamkeitsspanne und eine erhöhte Reiztoleranz.
Dies sind Veränderungen, die sich überwiegend negativ auf die Fähigkeit ein Fahrzeug sicher zu führen auswirken.

Mit diesem Hintergrund sind Assistenzsysteme wohl leider notwendig.

Peter:

Und die Unfallstatistik gibt halt Recht, noch nie gab es so viele Fahrzeuge und gleichzeitig so wenig Unfälle.

brainDotExe:

Volle Zustimmung!

PhiGo:

Eigentlich mag ich technische Neuerungen, aber bei den Fahrassistenzsystemen trifft dies absolut nicht zu.

Ich habe das Gefühl, viele Fahrer:innen verlassen sich zu sehr auf die Assistenten.
In den letzten 30 Jahren bin ich noch nie so häufig Fahrzeugen begegnet, die bei schlechten Sichtbedingungen oder in der Dämmerung ohne Licht bzw. nur mit TFL fuhren.
Warum bleibt z. B. das Cockpit nicht dunkel, bis man das Licht einschaltet?
Das hat anscheinend früher besser geklappt, wenn auf dem Tacho nichts zu erkennen war, das Licht einzuschalten.

Auch das automatische Abblenden des Fernlichts scheint bei manchen Fahrzeugen nicht sehr gut zu funktionieren oder das automatische Licht schaltet beim Durchfahren eines Waldstücks immer Ein und Aus, sobald es etwas lichter oder dichter wird.
Zuerst dachte ich, der Fahrer tritt ständig auf die Bremse.

Das Fahren in der Mitte auf Landstraßen ohne Mittellinie oder in Schlangenlinien hat deutlich zugenommen.
Zumindest auf unseren regionalen Landstraßen fehlen sehr häufig die Fahrbahnmarkierungen und klar gekennzeichnete Seitenränder.
Da ist es kein Wunder, wenn die Systeme herumzicken.
Allerdings haben immer noch sehr viele Fahrer:innen beim Fahren das Handy in der Hand oder am Ohr, vielleicht auch weil sie sich zu sehr auf die Assistenten verlassen?

Die Beschilderung von Tempolimits ist auch oft unvollständig oder fehlerhaft, es fehlt z.B. häufig innerorts das Schild zum Ende einer Geschwindigkeitsbegrenzung.
Es soll ja Leute geben, die mit Tempomat und gekoppelter automatischer Verkehrszeichenerkennung in der Stadt fahren, da sage ich nichts weiter zu.
Die warten wahrscheinlich auf voll autonomes Fahren.

Und dann sind da noch die nervigen Warntöne oder Sprachhinweise, die bei jedem Fahrzeugstart wieder entschärft werden müssen.
Wenn ständig innerorts bei 51km/h ein Alarm losbimmelt, würde ich wahnsinnig werden.
Es fehlt sehr oft die Möglichkeit, eine Toleranz (z. B. bis 10%) einstellen zu können.
Selbst die Polizei fährt innerorts mit mind. 55km/h!

Ich kaufe daher bevorzugt ältere Fahrzeuge, in denen so wenig Assistenzsysteme wie möglich verbaut sind.

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