Wie ElectricBrands auf die XBus-Plagiatsvorwürfe reagiert

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TYN-e

Sebastian Henßler
Sebastian Henßler
  —  Lesedauer 3 min

Anfang Februar hat ElectricBrands beim Amtsgericht Darmstadt einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt – wir berichteten. Demnach arbeite das Unternehmen daran, eine vollständige Sanierung der Gesellschaft zu erzielen. Davon betroffen sind schlussendlich auch der modulare E-Transporter XBus sowie der Microlino-Marktbegleiter Evetta.

„Es geht weiter, schon in den nächsten Wochen bringen wir ein neues Leichtfahrzeug auf den Markt“, sagte Max Brandt, Vorstandvorsitzender von ElectricBrands, zu den Zukunftsaussichten des Unternehmens. Das neue Leichtfahrzeug soll als kleinerer Elektrotransporter mit der Bezeichnung XBus S auf die Straße kommen. Und sorgt nun schon im Vorfeld der Vorstellung und Markteinführung für Verstimmungen.

Die Geschäftsführung des Marktbegleiters TYN-e hat Bedenken angemeldet, da der XBus S ihrer Meinung nach ein Plagiat ihres eigenen Modells darstellt, des TYN-e TX2. Besonders brisant sei, dass auf den von XBus verbreiteten Bildern des XBus S-Prototypen im Hintergrund sogar ein TYN-e TX1 zu erkennen sei. Markus Graf, der Geschäftsführer von TYN-e, betont gegenüber EAN: „TYN-e hat die exklusiven Rechte für den europäischen Markt. Diese Rechte können nicht von XBus erlangt werden“. Man werde gegen ElectricBrands rechtliche Schritte einleiten, wie aus der zugehörigen Pressemitteilung von TYN-e hervorgeht.

ElectricBrands hat bereits Stellung zu den Vorwürfen bezogen. In entsprechender Mitteilung heißt es, dass das Unternehmen Shandong Horche Intelligent Automobile als Auftragsfertiger für ElectricBrands tätig sei. In Zusammenarbeit mit diesem sei ein Leichtfahrzeug der L7e-Klasse entwickelt worden. Dieses Fahrzeug, benannt als XBus S, basiere auf einem bereits bestehenden Modell. Gemäß der Planung soll der XBus S ab August 2024 exklusiv durch ausgewählte Agenturpartner vertrieben werden. Ferner bestehe eine verbindliche Vereinbarung, die die Exklusivität für Homologation und Vertrieb des Fahrzeugs in der L7e-Klasse in Europa und weiteren Weltregionen sicherstellt.

Was den XBus S von TYN-e unterscheidet

Eine klare Abgrenzung zum Ansatz von TYN-e erwähnt das Unternehmen hinter dem XBus ebenfalls: „TYN-e importiert das Fahrzeug des Herstellers nicht als Leichtfahrzeug, sondern als Fahrzeug der N1-Klasse, was gewöhnlichen kommerziellen Fahrzeugen entspricht. Da die Fahrzeuge von TYN-e allerdings nicht den neuen Sicherheitsregulationen der GSR II (ab 1.7.2024) entsprechen, können diese nur in begrenzter Stückzahl (max. 1500 Einheiten/Jahr in der EU) und nur über Einzelabnahmen abgesetzt werden.“ ElectricBrands verfolge mit dem XBus S als L7e-Fahrzeug ein anderes Konzept als TYN-e und sieht sich daher rechtlich auf der sicheren Seite.

TYN-e

Wie das Unternehmen hinter dem XBus hat sich auch TYN-e auf die Entwicklung leichter Elektroautos spezialisiert. TYN-e betont, dass die eigenen Entwicklungen seriös und eigenfinanziert vorangetrieben werden, ohne auf Anzahlungen von Händlern oder Endkunden angewiesen zu sein. Hinter TYN-e stehen Firmen wie Albert Weber International und ShareX, die in die Entwicklung der Elektrofahrzeuge investieren. ElectricBrands sieht den eigenen Ansatz eher als Vorteil: „Außerdem haben wir bereits seit Jahren ein erstklassiges Vertriebsnetz mit 800 Händlern über ganz Europa aufgebaut, was auf der innovativen Idee eines L7e-Fahrzeugs mit dem typischen XBus-Gesicht, welches auch der XBus S trägt, basiert. „

Die ersten Prototypen des TYN-e TX1 und TX2 wurden bereits der Öffentlichkeit vorgestellt, die Serienproduktion ist angelaufen. Die ersten Serienautos werden demnach bald an Kunden ausgeliefert, die bereits Verträge abgeschlossen haben.

In der erwähnten Mitteilung greift TYN-e auch Folgendes auf: „Kenner der Szene vermuten, dass die Firma mit diesem Manöver kurzfristig Investoren anlocken und so dringend benötigte neue Finanzmittel generieren will.“ Diese „Kenner der Szene“ werden durch das Unternehmen selbst nach Nachfrage nicht näher eingeordnet.

Wir jedenfalls sind schon gespannt, wie „Kenner der Paragrafen“ die Angelegenheit rechtlich beurteilen werden.

Quelle: TYN-e – Pressemitteilung vom 09.02.2024 / ElectricBrands – Per Mail

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Sebastian Henßler

Sebastian Henßler

Sebastian Henßler hat Elektroauto-News.net im Juni 2016 übernommen und veröffentlicht seitdem interessante Nachrichten und Hintergrundberichte rund um die Elektromobilität. Vor allem stehen hierbei batterieelektrische PKW im Fokus, aber auch andere alternative Antriebe werden betrachtet.

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Paul Feusi:

absehbar war das von Anfang an…x bus ok. Aber dann nimmt man das Geld und entwickelt parallel eine evetta, etc.
kann nicht gut gehen.
Man wollte einfach ein Zwischending konstruieren, dass dann das fehlende Geld für den x bus einbringt.

Never ever, sowas hat noch nie funktioniert!

Kommt dann noch ein Stabdortwechsel, div. Mieten dazu, die Belegschaft hat zig mal gewechselt, von den Abfindungen möchte ich gar nichts wissen, etc.

So kann man kein Geschäft führen.

Und jetzt? Jetzt möchte man eine „gewinnbringende“ Zwischenlösung ala Evetta in Form von einem Plagiat…sorry, aber wie dilettantisch ist es?

Bernd:

Tyn-e GmbH ist nicht der Importeur dieser Fahrzeuge, sondern der Hersteller.
Das Fahrzeug basiert (in der Rohkarosse) auf dem Chenshi 01 aus China, richtig, ist aber nicht der Chengshi 01 aus China. Da ist technisch so viel anders, auch, um die Homologation in Europa zu schaffen.

Wolfbrecht Gösebert:

Zitat Alex Thal :
„Für mich […] interessant, weil der XBus die Batterie über Solarzellen auf dem Dach lädt. Hier fehlt die Alternative und ich wünsche mir sehr, dass der XBus kommt.“

Vorweg: Ja, ich würde den XBus auch gern „auf der Straße“ sehen!

Was den Nutzen einer Solar-Bedachung angeht, so ist (und ich komme aus dem Fachbereich Fahrzeugtechnik/Elektronik) so hängt ihr jew. *tatsächlicher* Nutzen über den Jahresverlauf v.a. SEHR von der sorgfältig/effizienten Integration in „die Tiefen“ der Fahrzeug-Elektronik ab.

Im Vergleich zu Aptera (ja, auch zu ex. Lightyear + Sion …) hatte und habe ich da zum XBus da leider am wenigsten Vertrauen. Von Anfang an hatten ebussy/XBus im Vergleich zu ansatzweise minimalen Akkukapazitäten wirklich extreme Reichweitenangaben (AFAIR wurden bis zu 600 km genannt) – nach meiner techn. Einschätzung (und ich fahre seit 10 Jahren rein elektrisch) waren die jew. angegebenen Werte eher auffällig unrealistisch.

In der jetzigen Konkurs-in-Selbstverwaltungs-Situation – in der plötzlich eine Einfach-Transporter-Variante (XBus-S) anscheinend binnen Wochen aus China-Fertigung „aus dem Hut gezaubert“ werden soll – *könnte* man auf die Idee kommen, dass die XBus-Konstruktion (inzwischen?) selbst auch auf einer (sehr?) ähnlichen China-Plattform basiert (ohne dass das m.W. je kommuniziert wurde) und v.a. die Umrüst-Fähigkeiten mit den div. Aufbauten die hauptsächliche – hier erbrachte – Leistung werden soll.

Grundsätzlich ja nicht verwerflich – nur sehe ich da die reale Chance einer echten Integration in »die Tiefen« der Fahrzeug-Elektronik wirklich eher als *gering* an!

Sorry, Alex:
Ein Vertrauen zu einer wirklich *nützlichen, effizienten* Ladung des Fahrakkus aus der PV des XBus habe ich nun noch weniger!

Sebastian Henßler:

Morgen früh um acht Uhr gibt’s bei EAN ein Podcast mit Max Brandt von XBus. Wirft ein leicht anderes Licht darauf. Dennoch gilt es in der Tat Taten statt Worte zu bewerten.

Frank:

Lieber Alex – Ich glaube Sie haben Ihre Frage selbst beantwortet :-)

Es gibt keine Alternativen zum XBus – und es wird auch keinen XBus geben – auch wenn Sie sich den noch so sehr wünschen.

Robert hat in seinem Beitrag die Parallelen zu Sono erwähnt – genauso wird es auch den XBus Kunden gehen, die jetzt evtl. in Vorkasse gehen oder Anzahlungen machen.

Man kann sich vieles „wünschen“ – aber leider werden Menschen die dabei die Realität aus den Augen verlieren von rückschtslosen Geschäftsmännern ausgenommen.

Das war der Kern meines ursprünglichen Postings – diese „Firma“ verkauft keinen Autos, sondern Illusionen und damit kann man leider nicht zur Arbeit fahren.

Robert:

genau so ist es bei sono Motors abgelaufen ein glück das ich beschlossen zu warten bis der Sion serienfertig zu kaufen gibt. sonst wäre ich jetzt um die Anzahlung ärmer

Alex Thal:

Wo kann ich woanders kaufen, wenn ich wollte? Für mich ist der XBus interessant (der XBus S ist es nicht), weil der XBus die Batterie über Solarzellen auf dem Dach lädt.

Hier fehlt die Alternative und ich wünsche mir sehr, dass der XBus kommt.

Lightyear: eingestellt
Sion von Sono Motors: eingestellt
Toyota Prius: Solarzellen optional und für Nebenverbraucher wie Klimaanlage
VW ID Buzz: Solarzellen optional und Fläche im schlechten Verhältnis zum Fahrzeuggewicht – die paar „Sonnenkilometer“ im Jahr kann man sich dann auch schenken.

Daniel W.:

—–
In entsprechender Mitteilung heißt es, dass das Unternehmen Shandong Horche Intelligent Automobile als Auftragsfertiger für ElectricBrands tätig sei.
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Wenn der XBUS jetzt nur noch ein „Made in China“ werden soll, warum dann das ganze XBUS-Startup-Theater vorher?

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Wo und ab wann wird der X-Bus produziert?

Ursprünglich war geplant, am Standort in Itzehoe eine Produktion für den XBUS aufzubauen – was laut Unternehmen bis zu 1000 Arbeitsplätze gebracht hätte. Zum Leidwesen der Region wurde der Plan jedoch wieder verworfen. Electric Brands suchte zunächst bundesweit einen Auftragsfertiger, der die Produktion von XBUS und Evetta übernehmen kann. Fündig wurde man letztlich bei VDL Nedcar in den Niederlanden, …
(Quelle: adac.de – 28.07.2023)
—–

Das Ganze dürfte vermutlich sowieso darauf hinaus laufen, dass deutsche „Autofirmen“ nur noch Markenlogos auf günstige E-Autos „Made in China“ kleben.

Wolfbrecht Gösebert:

Sollte sich das jetzt eine Art (Jahre dauernde?) Wiederholung von privatrechtlichen (Dreiecks-)Auseinandersetzungen – hier (zwischen dem Hersteller (Shandong Horche Intelligent Automobile Co., Ltd. – China) und zwei dt. Importeuren geben – ähnlich wie schon „damals“ zwischen Artega (Karo) und der Schweizer Micro Mobility Systems (Microlino) um das „Erbe“ der italienischen Tazzari-Entwicklung zum elektrischen Isetta-Nachfolger?

Und das Ganze um einen Kleintransporter mit gerade mal 10-kWh-Akku … wie ich der „Made-in-China“-Plattform entnehme?

Frank:

Ich glaube das passende Wort hier ist ——— unseriös :-)

Eine Firma die pleite ist, „arbeitet“ daran eine „vollständige Sanierung“ zu erzielen.

Ich übersetze das mal in Deutsch für diejenigen die bei solch einer Aktion noch nie dabei waren:

Die vergangenen Geschäftsaktiivitäten haben dazu geführt, dass man Lieferanten, Miete, Betriebsstoffe, Mitarbeiter und Unterhaltskosten nicht mehr bezahlen kann.
Jetzt sucht man Dumme, die nochmals Geld in die Firma schiessen, damit die Exitstrategie der Führungsriege und der ursprünglichen Investoren geschmeidig über die Bühne geht.

Danach wird man in ca. 6-8 Monaten vermelden, dass trotz der unermüdlichen Anstrengungen der Firmenführung Umstände eingetreten sind, die leider nicht vorhersehbar waren und man jetzt gar kein Geld mehr hat.

Mein Rat an alle Mitarbeiter: Run as fast as you can!
Mein Rat an potentielle Kunden: Kauft woanders!

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