Was hinter der Integration von Solarzellen beim Sono Sion steckt

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Sono Motors

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 6 min

Wie integriert man eigentlich Solarzellen in ein Elektroauto? Eine einfache Frage, doch die Lösung ist komplex. Besonders wenn sich die Solarzellen nicht nur auf dem Dach, sondern auch am Heck, den Türen, den Kotflügeln und der Motorhaube befinden, wie es beim Solar-Elektroauto Sion des Münchner Start-ups Sono Motors der Fall ist. Welche technischen Hürden es dabei zu meistern gilt und warum das Unternehmen dafür einen neuartigen Spannungskonverter entwickeln musste, erklärt Sono Motors in einem aktuellen Blogbeitrag.

Wenn jemand als Laie über die Integration von Solarzellen in ein Fahrzeug nachdenkt, dann erscheine das Prinzip sehr einfach: Solarmodule drauf, mit der Batterie verkabeln, fertig. Das klinge unkompliziert, sei in der Praxis allerdings sehr komplex. Besonders, wenn man Photovoltaikzellen nicht nur an einer, sondern mehreren Stellen der Fahrzeugkarosserie integriert. Die Bewältigung dieser Aufgabe erfordere ein hohes Maß an Expertise in einer Vielzahl von Bereichen, wie etwa Photovoltaik, Elektrotechnik und Fahrzeugdesign. All diese Kompetenzen habe Sono Motors in seinem Team vereint, um die effizienteste Lösung für den Sion zu entwickeln.

Zusammen mit seinen Partnern habe das Start-up nicht nur eine eigene, vollkommen neuartige Technologie zur Integration der Zellen entwickelt, sondern auch ein Gerät, das die Nutzung des Solarstroms überhaupt erst ermögliche. Dieses Gerät nennt das Unternehmen „MPPT Central Unit“. MPPT steht dabei für die in der Photovoltaik gängige Bezeichnung Maximum Power Point Tracking.

Damit die Solar-Integration für den Sion realisiert werden kann, mussten auch bei der Entwicklung des Sono Systems alles neu gedacht und sichergestellt werden, dass alle Fahrzeugkomponenten für die Integration der Solarkomponenten optimal vorbereitet sind. Eines sei dabei klar: Der Sion ist als Solarfahrzeug entwickelt worden. Jede Entscheidung in der Fahrzeugentwicklung, auch wenn sie noch so trivial erscheinen mag, werde immer auch in Hinblick auf die Effizienz des Photovoltaik Systems getroffen.

Die optimale Leistung für jede Zelle

Eine wichtige Rolle spielt dabei das MPPT. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, das die elektrische Belastung eines Solarmoduls so anpasst, dass die Zellen ihre optimale Leistung liefern können. Nicht jede Zelle liefert dieselbe Menge an Leistung, denn der Energielieferant, die Sonne, ist ständig in Bewegung. Außerdem zeigen nicht alle Solarzellen am Sion in die gleiche Richtung. Damit ändert sich zum Beispiel die Stärke der Einstrahlung und die Temperatur an den Photovoltaikmodulen. Bevor der erzeugte Strom also in die Batterie gespeist werden kann, müssen einige elektrische Anpassungen vorgenommen werden – und hier komme die MPPT Central Unit ins Spiel.

Es gibt verschiedene Schritte in der Konvertierung von Spannung. Die MPPT Central Unit vereinigt zuerst die unterschiedlichen Modulspannungen auf ein gemeinsames Niveau unter 60 Volt. Erst dann erfolgt die Umwandlung auf die Spannung der Hochvoltbatterie. Diese liegt zwischen 300 und 400 Volt.

Wie bei jeder Umwandlung von Leistung entstehen dabei elektrische Verluste. Die Aufgabe war es herauszufinden, wie effizient die Konvertierung unterschiedlicher Spannungslevel ist und wie sie optimiert werden kann. Denn am Ende zähle natürlich die Frage: Wie viel Prozent des in den Zellen erzeugten Stroms kommt in der Batterie an?

Solarmodule zur Integration in ein Fahrzeug zu entwickeln ist eine Sache, doch diese dann am Fahrzeug optimal auszurichten und den Strom für die Batterie und den Vortrieb bereitzustellen, das könnte man als die Königsdisziplin bezeichnen, so Sono Motors in seinem Beitrag. Den ersten Prototypen des Geräts, das bei Sono Motors genau für diese Aufgabe entwickelt wurde, wurde Anfang des Jahres getestet.

Forschung und Entwicklung für ein gemeinsames Ziel

Die MPPT Central Unit sei in einer sehr engen Zusammenarbeit mit ausgewählten Partnern entstanden. Um alles perfekt für den Anwendungszweck im Fahrzeug abzustimmen, war es eine der wichtigsten Aufgaben, die richtige elektronische Architektur für das Gerät zu entwerfen, die Schaltpläne zu überprüfen und passende Bauteile auszuwählen, die für den Einsatz in Straßenfahrzeugen zugelassen sind.

Die erfolgreiche Konzeption und Integration innerhalb des Fahrzeugs ist eine Aufgabe, die das Team besonders antreibe, da Sono Motors das erste Unternehmen sei, das einen solchen Solar-Konverter nicht allein zu Forschungszwecken, sondern zur Verwendung in einem Serienfahrzeug etabliert.

Um ein solches Projekt zum Erfolg zu führen, brauche es daher nicht nur die Expertise innerhalb des Teams, sondern auch kompetente Partner. Die Firma Tecnalia aus Bilbao, Spanien, sei einer davon. Das private Forschungsinstitut gehöre im Bereich der regenerativen Energien zu den größten Einrichtungen seiner Art und unterstützt auch Sono Motors beim Entwickeln und Testen der MPPT Central Unit. Die erfolgreiche Testphase des Prototypen mache Sono Motors bereits jetzt sehr zuversichtlich, die gesteckten Ziele zu erreichen.

Die ersten Testergebnisse hätten die Erwartungen sogar übertroffen. Das beziehe sich besonders auf die Konverter-Effizienz. Sie beschreibt das Verhältnis der erreichbaren Ausgangs- zur Eingangsleistung und ist damit ein Maß für die entstandenen Verluste. Der bei den ersten Tests über verschiedene Szenarien erreichte Mittelwert von 94 Prozent sei schon jetzt Topniveau. Mit etwas mehr Feinjustierung will Sono Motors sogar noch bessere Ergebnisse erzielen können.

Sono Motors

Maximale Leistung von den Solarmodulen bis zur Batterie

Die Integration der Solarzellen habe Auswirkung auf jeden Bereich der Fahrzeugentwicklung. Besonders Fahrzeugdesign und Solarintegration müssen sich eng miteinander abstimmen. Ein gutes Beispiel seien Türgriffe: Wie genau platziere ich sie an der Karosserie, damit die Solarmodule ideal integriert werden können? Ändert sich hier ein Parameter, ändert das die komplette Leistungsrechnung, also auch die Spannungslevel, die die MPPT Central Unit umwandeln muss. Intern sei deshalb eine kontinuierliche Abstimmung zwischen Ingenieuren und Designern notwendig.

Insgesamt 248 Solarzellen sind nahtlos in die gesamte Karosserie des Sion eingearbeitet. Dafür habe Sono Motors ein eigenes VIPV (Vehicle-Integrated Photovoltaics) Team zusammengestellt. Hier stimme das Start-up jede Entwicklungsentscheidung und deren Auswirkungen auf die Photovoltaik-Integration miteinander ab, beispielsweise auch die Verkabelung der Fahrzeugkomponenten. Daher müsse die komplette Übertragungsstrecke von den Solarpaneelen bis zur Batterie auf maximalen Ertrag getrimmt werden.

Je mehr die Batterie mit Solarstrom geladen wird, desto effizienter ist das Gesamtsystem. Deshalb soll der Sion immer laden, ob stehend oder fahrend, und auch bei diffusem Licht. Die MPPT Central Unit sei so verschaltet, dass der Solarstrom ohne Umwege für Motor und Hilfsaggregate genutzt werden kann. Der Vortrieb werde beim Sion also direkt mit Energie der Sonne unterstützt.

Weitere Tests für optimierte Leistung

Die erste Entwicklungsstufe der MPPT Central Unit sei bereits abgeschlossen. Die nächsten Wochen und Monate will Sono Motors nutzen, um die elektrische Architektur und das mechanische Design des Gerätes weiter zu optimieren. Auch wichtig seien nun weiterführende Tests im Hinblick auf die elektromagnetische Verträglichkeit, also einerseits die Bestimmung der Aussendung ungewollter Signale und andererseits der Störfestigkeit gegenüber Einflüssen von außen.

Außerdem soll die MPPT Central Unit im Volllastbetrieb über einen längeren Zeitraum hohen Umgebungstemperaturen ausgesetzt werden, um zu sehen, wie sie performt. So will das Start-up diejenigen Bauteiltemperaturen identifizieren, die das Fahrzeugsystem jederzeit genau im Blick behalten muss, um einen sicheren und effizienten Betrieb des Geräts über viele Jahre gewährleisten zu können.

Sobald sich die aktuelle Lage aufgrund des Coronavirus wieder entspannt, sollen auch die Test-Benches am Standort in München noch weiter ausgebaut werden. Dann sollen PV-Simulatoren auch das Verhalten der Solarzellen bei unterschiedlichen Temperaturen und Lichteinfall für die Feinjustierung der MPPT Central Unit simulieren.

Der Ausbau der Benches, die Fertigung der neuen Prototypen – dieses Jahr werde aufregend und extrem arbeitsintensiv, schließt Sono seinen Beitrag. Das Ziel aber rücke immer näher: Eine klimafreundliche Ladelösung, die das Potenzial hat, den Markt langfristig vollkommen zu verändern.

Quelle: Sono Motors — Pressemitteilung vom 04.05.2020

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.

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Sono Motor:

120 Wp kann man bestimmt noch innerhalb des Autos, oberhalb armaturenbrett installieren.

Strauss:

Bei leerer Batterie einfach im Auto warten bis man wieder Power hat? Wenn eine Wolke kommt, reicht Dir eine volle Kaffeekanne aber nicht…….Auch mit Optimizern musst Du das Auto von Hand ins Licht rücken.
Ah, Du willst ja auch noch bidirectional anderen Strom geben… Falls es dann mit vielleicht mal mit 5 Km Ladung vor dem Feierabend doch nicht mehr zum nächsten Gasthof reicht, im Auto schlafen, oder nicht doch besser gleich den teuren Abschleppdienst………………..

Giovanni Failla:

Jeder, der schon mit Photovoltaik zu tun hatte, hätte hier auf DC-Optimizer mit MPPT gesetzt. Insofern nichts besonders. Jede teilverschattete oder Balkon-Solaranlage wird heute so gebaut, entweder mit DC-Optimizern oder gleich mit Mikrowechselrichtern mit einem eigenen MPP-Tracker für jedes Modul.

Was ich allerdings nicht so ganz verstehe ist, wieso man um die Solarzellen herum dann nicht auch gleich ein möglichst effizientes Fahrzeug gestaltet hat, mit einem Verbrauch von 6-8 kWh/100 km? Dann hätte man auch mehr von der Solar-Leistung, als wenn das Fahrzeug gleich das Doppelte verbraucht, wie die meisten anderen Mitbewerber auf dem Markt leider auch! Nur mal als Vergleich: einen Aptera gibt es auch als Solarauto, dort liegt der kWh-Verbrauch allerdings bei 5 kWh/100 km! Klar, Letzteres ist im Luxussegment angesiedelt und wirbt dank 100 kWh Akku mit absurden Reichweiten von 1.600+ km, aber wenigstens ein bisschen sparsamer hätte man den Sion schon gestalten können. Dass selbst kastenförmige Autos einen besseren cw-Wert als der Sion haben können, zeigt zum Beispiel der Daihatsu Cuore. Wie war das nochmal mit der Kompetenz…?

Andreas E.:

Normale Autos versucht man deswegen bewusst NICHT in der Sonne zu parken.
Aber als Investor dürfen Sie natürlich gerne weiter träumen ;)
Ich würde mich freuen das Auto auf der Straße zu sehen, aber inzwischen sind die Leute von Sono einfach viel zu spät dran.
2018 oder 2019 wäre das bei 30-35.000,- € vielleicht noch gut gegangen. Aber bis bzw. wenn er wirklich mal auf die Straße kommt ist die Konkurrenz zu groß.

Waldemar:

Gut, dass normale Autodächer in der Sonne nicht heiß werden und sich die Innenräume aufheizen können. Puh, nochmal Glück gehabt!

Jeff:

Da sind Sie falsch informiert. Für den Sion ist eine handelsübliche Anhängerkupplung vorgesehen. Lässt sich auf der Sono Motors Homepage nachlesen. Auf jede handelsübliche AHK lässt sich auch ein Fahrradträger montieren. Ich erachte den Sion aus vielerlei Gründen keineswegs für ein unausgegorenes Projekt, im Gegenteil: Dieses Fahrzeug wird weltweit das Erste sein, das in der Lage ist seinem Besitzer jährlich tausende Kilometer Reichweite zu generieren ohne weitere Kosten, auch bei regional bedingt überwiegend diffusen Lichtverhältnissen. Das Ganze wird irgendwo bei 20.000,- bis 22.000,-€ liegen nach Förderung, oder knapp darüber. Wenn ich jemals noch einmal so viel Geld für ein neues Auto bezahle, dann für den Sion, eine Fahrzeuganschaffung mit echtem Mehrwert.

Andreas E.:

Solarzellen erzeugen vielleicht keine Abwärme im wörtlichen Sinne, aber Sie erwärmen sich. Ob das nur von der Sonneneinstahlung kommt oder auch ein Nebeneffekt der Stromerzeugung ist, hab ich im einzelnen nicht recherchiert. Tatsache ist, durch Messungen an meiner Balkon-PV-Analge ermittelt und nachweisbar, dass Solarmodule auf der Rückseite eine höhere Temperatur haben als die Umgebungstemperatur. Auch eine Tatsache, dass bei kühleren Temperaturen die Leistung steigt bzw. bei höheren sinkt. Die Temperatur auf der Rückseite bei diesen eingebauten muss also irgendwohin abgeleitet werden. Daraus folgt, dass die PV-Module am Auto zum einen wärmer werden als normale auf Hausdächern, die durch Hinterlüftung einen Großteil der Wärme abführen können, und zum anderen dazu beitragen das innere des Fahrzeugs zu erwärmen.

Waldemar:

Moin Kollegen, Solarzellen erzeugen keine Abwärme – wo lernt man denn so etwas! Im Gegenteil, sie wandeln schließlich einen Teil der Sonnenenergie in Elektrizität um (zumindest in meiner Generation wurde so etwas noch im Physikunterricht vermittelt…) Ein anderer Punkt: Warum sollte man auf die Anhängerkupplung keinen Fahrradträger montieren können? Naja, jeder setzt seine Prioritäten anders. Die Anhängerkupplung vom Sono finde ich nett, das kostenlose Aufladen unabhängig jeglicher Ladeinfrastruktur ist mir persönlich aber wichtiger… Nie wieder Liegenbleiben, Auto einfach 1-2 Tage draußen stehen lassen! Ich sehe kein anderes Unternehmen so mutige Schritte gehen, ich habe den Jungs und Mädels mein Geld gerne anvertraut. Meine Enkel waren auch schon drin gesessen.

Strauss:

Andreas, spare deine Fantasien für dich auf. Sonst könnte man dich auch noch an Sono vermitteln. Gerade haben sie ja wieder einen solchen Gesundbeter entlassen. Texte schreiben können die, aber von der Automobiltechnik………………..

Eugen Hofer:

Super, genau die Richtige Antwort!

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