Mit einem Festhalten am Verbrenner würde Deutschland ökonomisch ins Aus steuern, warnt der Verkehrsforscher Helmut Holzapfel, Leiter des Zentrums für Mobilitätskultur in Kassel. In einem Interview mit dem Portal Klimareporter sagt er mit Blick auf den in den kommenden Jahren stetig steigenden CO2-Preis, dass dieser „bei vielen Haushalten bald Schocks auslösen dürfte“.
Ähnliches gelte für jene, die sich heute noch eine Gastherme in den Keller stellen, und künftig immer höhere Abgaben für den fossilen Brennstoff zahlen müssen. „Das wird auch beim Auto bald nach hinten losgehen“, mahnt Holzapfel. Hinzu komme, dass Städte nun damit anfangen, Verbrenner auszusperren: Stockholm habe „als erste Kommune von der EU die Erlaubnis erwirkt, in Teilen der Stadt Verbrenner ganz zu verbieten“, sagt der Verkehrsforscher und verweist auf Pläne zahlreicher weiterer Städte in Europa, die dies ebenfalls einführen wollen: „Entsprechende Verbote sind jetzt schon in Vorbereitung“.
Der Verbrenner „hat keine Zukunft“, sagt Holzapfel, was bei vielen Verbraucher:innen aber noch nicht angekommen sei. Warum? „Es fehlt an Aufklärung dazu. Sonst würde sich die Nachfrage schon jetzt stärker ändern“. Hinzu komme, dass „diverse Lobbygruppen, die dem Verbrenner weiter anhängen“, wie etwa die Ölindustrie, die einen „gewaltigen Einfluss auf die Politik“ habe, „eine völlig abseitige Propaganda gegen Elektroautos“ steuere: „Da werden dumme Gerüchte gestreut, etwa, im Winter funktioniere ein E‑Auto nicht“.
Holzapfel kritisiert auch tendenziöse CO2-Vergleiche, „die beim E‑Auto die Vorketten aller Bauteile beinhalten, beim Verbrenner den Beitrag von Ölförderung, -verarbeitung und -transport aber nicht“, wie er sagt. „Die Bilanz wäre sonst für Benziner und Diesel verheerend“. Auch die deutsche Autoindustrie trage eine Mitschuld, da sie „zu langsam bei der Entwicklung von E‑Autos“ gewesen sei. Nun sei es so, dass im Massenmarkt für bezahlbare Elektroautos chinesische und europäische Hersteller vor den deutschen lägen. „Das ist schade – und gefährlich für letztere, weil Kunden abzuspringen drohen“, warnt er.
Deutschland drohen Strafzahlungen an die EU
Der Verkehrsforscher verweist auch darauf, dass die Diskussion um eine Aufweichung des Verbrenner-Endes ab 2035 in Europa eine sehr deutsche Debatte sei. Was große Gefahren mit sich bringe, da andere Länder, etwa Frankreich und Italien „wohl daran festhalten wollen. Sie könnten den Termin schaffen und Deutschland dann als Nachzügler brandmarken, der in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zudem Strafzahlungen an die EU leisten müsste“.
Holzapfel fordert im Klimareporter-Interview abschließend ein klareres Bekenntnis zum Elektroauto: „Die Politik muss, statt Illusionen über E‑Fuels zu erzeugen, klar das betonen, was auch die Wissenschaft sagt: Es gibt keine Alternative zum Elektroauto“. Aber nicht nur die Politik müsse handeln, um den Markt in Schwung zu bringen: „Jedes Unternehmen muss umgehend Ladesäulen für die Beschäftigten aufstellen, Supermärkte oder Hotels ohne Ladesäulen darf es nicht mehr geben“, fordert er.
Quelle: Klimareporter – „Eine Förderung von Autos ist generell fragwürdig“