Drei Monate nach der Einführung von Importzöllen durch den damaligen US-Präsidenten Donald Trump läuft die Autoproduktion in den USA, Kanada und Mexiko weiter – wenn auch mit kleinen Einschränkungen, wie Automotive News berichtet. Zwar hatten Branchenvertreter zunächst einen schnellen Stillstand der Werke befürchtet, doch dazu kam es nicht. Grund dafür ist eine Kombination aus gezielten Ausnahmeregelungen und politischen Reaktionen auf den Druck der Industrie.
Im April hatte Trump 25-Prozent-Zölle auf Autoimporte eingeführt. Ursprünglich sollten auch Bauteile betroffen sein. Doch nach einer einmonatigen Frist wurden Komponenten, die den Anforderungen des Handelsabkommens USMCA entsprechen, von den Abgaben ausgenommen. Diese Regelung betraf einen Großteil der in Nordamerika genutzten Teile und reduzierte die wirtschaftliche Belastung spürbar. Auch für Teile aus den USA, die in kanadischen oder mexikanischen Autos verbaut werden, gelten Ausnahmen. Nur Komponenten mit Ursprung außerhalb Nordamerikas unterliegen den Zöllen. Diese Ausnahmeregelungen sorgten dafür, dass ein großflächiger Produktionsstopp ausblieb. Lieferanten in Kanada und Mexiko konnten weitgehend weiterarbeiten.
Flavio Volpe von der kanadischen Teileindustrie-Organisation APMA hatte frühzeitig vor den Folgen direkter Zölle gewarnt. Die Kosten für die Zölle hätten direkt an die Hersteller weitergegeben werden müssen – mit entsprechenden Folgen für Preise und Produktion. Auch Michael Robinet von S&P Global Mobility betont, dass die eingeführten Zölle weniger tief griffen als zunächst befürchtet. Hätte man auf Teile aus aller Welt durchgehend Zölle erhoben, wären Lieferketten ins Wanken geraten. Doch so kam es lediglich zu vereinzelten Verzögerungen, nicht zum befürchteten Dominoeffekt. Für viele Zulieferer wäre ein direkter Zoll auf ihre Produkte kaum tragbar gewesen.
Die Hersteller selbst reagierten flexibel. Sie reduzierten Ausstattungen ihrer Modelle, passten Rabattaktionen an und gaben einen Teil der Kosten an die Käufer:innen weiter. Auf größere Investitionen oder neue Modellprojekte verzichteten sie jedoch zunächst. Die Planungsunsicherheit bremste langfristige Entscheidungen. Sam Fiorani von AutoForecast Solutions vermutet, dass genau diese möglichen Folgen die US-Regierung zum Umdenken bewegt. Die Autoindustrie ist zentral für die Wirtschaft in Nordamerika. Ein harter Kurs hätte nicht nur den Handel belastet, sondern auch Jobs gefährdet – auf beiden Seiten der Grenze.
Dennoch bleibt die Lage angespannt. Im Juli drohte Trump erneut mit einem 35-Prozent-Zoll auf kanadische Importe. Zwar soll dieser Schritt nur Produkte betreffen, die nicht dem USMCA-Abkommen entsprechen. Doch eine endgültige Entscheidung steht noch aus. Branchenkenner warnen: Sollte es zu weiteren Verschärfungen kommen, könnten die bestehenden Lieferstrukturen zusammenbrechen. Viele Werke arbeiten mit Just-in-time-Lieferungen. Schon kleine Störungen können zu Produktionsausfällen führen.
Gleichzeitig schieben viele Hersteller derzeit größere Projekte auf. Neue Modelle werden verschoben, Investitionen gestreckt. Laut Robinet könnten dadurch bis zu eineinhalb Jahre an Entwicklung und Wachstum verloren gehen. Das bremst nicht nur die Unternehmen, sondern auch den technischen Fortschritt in der Branche. Ein neues Handelsabkommen zwischen Kanada und den USA könnte die Lage beruhigen. Und dann wäre da noch Europa, wo eine entsprechende Einigung auch noch aussteht.
Quelle: Automotive News – Auto executives warned tariffs would shut down the industry. Why haven’t they?