Tesla: HW3-Nachrüstungen oder Entschädigungen in Milliardenhöhe

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Maria Glaser
Maria Glaser
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Tesla könnte seine Hardware-Systeme für automatisiertes Fahren in ungefähr 4 Millionen bereits verkauften Elektroautos ersetzen oder deren Besitzer:innen entschädigen müssen, da die Technologie hinter den Versprechungen des Unternehmens zurückbleibt. Die Kosten für die Haftung könnten Electrek zufolge mehrere Milliarden Dollar betragen.

Bereits seit Jahren ist Tesla-CEO Elon Musk für seine optimistischen Vorhersagen in der Entwicklung seiner Produkte bekannt. Manchmal stellen sich diese Aussichten allerdings als etwas zu optimistisch heraus. So behauptete Tesla im Jahr 2016, dass all seine fortan produzierten Fahrzeuge über die gesamte Hardware verfügen werden, die für das Full Self-Driving (FSD) nötig sind.

Was genau das FSD umfasst, hat sich über die Jahre verändert. Die finale Idee war jedoch immer, dass die Elektroautos von Tesla letztendlich mit einem Software-Update zu autonomen Robotaxis nach SAE-Level 4 oder 5 werden können, wenn die Software weit genug entwickelt ist. Damit könnten die Tesla-Elektroautos schließlich vollautonom ohne Person am Steuer fahren. Derzeit ist das Fahrassistenzsystem von Tesla, der sogenannte Autopilot, erst im Level 2 angekommen und somit noch weit vom wirklich autonomen Fahren entfernt.

HW3 bleibt hinter Versprechungen zurück

Damit die Elektroautos von Tesla in der Lage sind, das autonome Fahren mit späteren Software-Updates auch in die Tat umzusetzen, wurden sie vorab bereits mit entsprechenden, weit entwickelten Hardware-Systemen ausgestattet. So zumindest die Theorie.

In der Praxis hat sich jedoch wiederholt herausgestellt, dass die Behauptungen von Tesla nicht stimmen. Die Hardware-Systeme bestehend aus Sensorik und Computer sind nicht in der Lage, die versprochenen Aufgaben zu erfüllen.

Seit 2017 hat Tesla das System Hardware 2.5 (HW2.5) verbaut, was mit Kameras, einem nach vorne gerichteten Radar sowie Ultraschallsensoren verbunden war. Darauf folgte das System HW3, zu dem HW2.5 kostenlos nachgerüstet werden konnte, weil sich herausgestellt hat, dass der HW2.5-Computer doch nicht leistungsfähig genug für das FSD war.

Seit 2023 stellt Tesla nun seine Neufahrzeuge auf das leistungsfähigere HW4-System um. Das Unternehmen hielt jedoch daran fest, dass HW3 weiterhin technisch in der Lage sein würde, die Robotaxi-Pläne umzusetzen. Im Januar 2025 musste Musk schließlich zugeben, dass die HW3-Computer nicht leistungsfähig genug sind, um autonomes Fahren zu ermöglichen.

Nachrüstungen bei FSD-Kund:innen

Mit den HW3-Systemen sind laut Electrek weltweit etwa 4 Millionen Teslas ausgestattet. In allen Modellen, die zwischen 2019 und 2022 gebaut wurden, war diese Technologie standardmäßig. Besitzer:innen dieser Elektroautos, die das FSD-Paket gekauft haben und entsprechend mit den Aussichten des Unternehmens gerechnet haben dürften, können nun mit Nachrüstungen oder Entschädigungen rechnen.

„Ich meine, die ehrliche Antwort ist, dass wir die Hardware-3-Computer derjenigen aufrüsten müssen, die das FSD gekauft haben, und das ist die ehrliche Antwort. Das wird schmerzhaft und schwierig sein, aber wir werden es hinbekommen. Jetzt bin ich irgendwie froh, dass nicht so viele Leute das FSD-Paket gekauft haben.“ – Elon Musk, CEO von Tesla

Die genauen Zahlen, wie viele FSD-Käufe es gegeben hat, die davon betroffen sind, sind nicht öffentlich. Tesla habe jedoch, so Electrek, bis Ende 2022 allein 400.000 FSD-Nutzer:innen in Nordamerika gehabt. In anderen Ländern könne man von geringeren Zahlen ausgehen, schätzungsweise weiteren 100.000 HW3-Teslas mit dem FSD-Paket weltweit. Damit liegt der Nachrüstungsbedarf von Tesla bei mindestens einer halben Million.

Entschädigungen in Milliardenhöhe denkbar

Außerdem ist es möglich, dass Tesla nicht nur den Besitzer:innen mit FSD-Paket Rechnung tragen muss, sondern auch allen anderen. Das Unternehmen hatte ja ursprünglich allen, die seit 2016 einen Tesla gekauft haben, die Option für FSD versprochen. Was auf gut 4 Millionen Fahrzeuge zutreffen würde.

Diese vorausschauenden Formulierungen im Bezug auf HW3 seien zwar im letzten Jahr auf der Website von Tesla verändert worden, jedoch gibt es bereits einen Präzedenzfall, der hohe Entschädigungszahlungen wahrscheinlich macht. Im Jahr 2022 wurde richterlich entschieden, dass Tesla ein Hardware-Paket kostenlos aufrüsten muss, damit diese Person Teslas FSD ohne zusätzliche Kosten nutzen kann. Bereits vor Musks öffentlichem Eingeständnis gab es mehrere Klagen gegen Tesla wegen der Behauptungen über selbstfahrende Autos.

Dass also alle Besitzer:innen von Tesla-Elektroautos mit HW3 Anspruch auf Entschädigung haben könnten, liegt im Wesentlichen an der falschen Werbung des Unternehmens. Nicht alle seit 2016 produzierten Elektroautos von Tesla haben eben eine ausreichende Hardware für das FSD, wie es eigentlich versprochen wurde.

Ob Tesla schließlich tatsächlich nachrüsten wird oder eher auf Entschädigungen setzt, bleibt abzuwarten. In jedem Fall wird dem Unternehmen sein Optimismus jedoch ziemlich zu Buche schlagen. Bei Entschädigungen schätzt Electrek mit mehreren Milliarden Dollar. Außerdem sinkt, nachdem Versprechen bei der Hardware-Ausstattung wiederholt nicht eingehalten werden konnten, das Vertrauen in künftige Technologie, insbesondere das aktuelle HW4-System.

Quelle: Electrek – Tesla (TSLA) has to replace computer in ~4 million cars or compensate their owners

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Maria Glaser

Maria Glaser

Aus dem geisteswissenschaftlichen Bereich kommend, verbindet Maria Glaser bei Elektroauto-News.net seit 2023 ihre Liebe zum Text mit fachlichen Inhalten. Seit ihrem Studium in Berlin und Wien arbeitet sie im Bereich Lektorat, Korrektorat und Content Writing, vor allem zu Mobilität.
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Mla:

Wenn man kein FSD benötigt, ist man mit HW3 bis auf die höher auflösenden Cameras, besser bedient. HW3 hat den doppelten RAM und Storage und benötigt weniger Energie, was sich im Sentry Mode bemerkbar macht. Durch den doppelten RAM läuft das ganze System auch stabiler. Also nach 1,5 Jahren ist mein MY System noch nie abgestürzt. Weiß nicht, wie das mit HW4 aussieht, beim zocken und Ähnlichem.

Hiker:

Du kannst es drehen und wenden soviel Du willst. Keiner, wirklich kein einziger Hersteller schafft was Tesla kann. Und hört endlich auf damit zu prahlen weil Mercedes sein armseliges Level 3 System zertifizieren konnte. Mehr als ein Marketing Gag ist dieser Witz von einem System nämlich nicht. Ich bitte Dich, was soll ich mit einem System anfangen welches ich nur auf bestimmten Autobahnen, nur hinter einem vorausfahrenden Fahrzeug, nur Tags, nur bis 90kmh, nicht bei Regen, Nebel oder Schnee, nicht Nachts, nicht in Tunnels und noch dazu das ich innerhalb von 10 Sekunden übernehmen muss anfangen? Soll das etwa fortschrittlich sein? Die ganze Level Geschichte ist nichts als ein grosser Witz. Es sagt nichts darüber aus zu was ein System fähig ist. Es ist lediglich eine ziemliche fragwürdige Einteilung die nur aus rein bürokratischen Gründen erfunden wurde.

Sven Janson:

Ganz ehrlich… Jeder Schuljunge konnte bei dem Kauf des Tesla-Fahrzeuges schnell feststellen, dass die Hardware für FSD noch lange nicht funktionieren wird. Und VORAB ein solches Angebot (FSD) zuzukaufen ist einfach peinlich. Wer isst einen Apfel, der nicht reif ist.

Frank2:

Jeder!
Wenn es daran liegt dass die betroffenen Systeme nicht den Zertifizierungsvorgaben entsprochen haben!

Jüngstes Beispiel waren z.B. die 737max Abstürze von Ethopian Airlines und Lion Air in Indonesia.

Oder auch der Zwischenfall von Alaska Air bei dem die Tür aus dem Rumpf geflogen ist – da gab es zwar keinen Absturz, aber die Strafzahlungen gegen Boeing sind mindestens in 3-stelliger Millionenhöhe.

eDriver:

Und welcher Flugzeug Hersteller übernimmt die Garantie, wenn sein Flugzeug abstürzt?

Frank2:

Diese Vergleiche hinken aber gewaltig Peter.
Keiner der von dir angesprochenen Marken/Modelle hat jemals behauptet, dass sein Auto FSD macht.

Fakt ist, dass es derzeit keinen einzigen Tesla gibt (und die HW ist da völlig wurscht), der auch nur Level 3 zertifiziert ist.

Dass das „ganz gut funktioniert“ mag sein, aber „ganz gut“ ist halt weit weg von „es funktioniert so gut, dass ich als Hersteller die Haftung übernehme wenn es nicht funktioniert!“ – wie das z.B. bei Mercedes der Fall ist.

Um das mal zu verdeutlichen:
Kein Mensch würde in einen Airbus oder Boeing einsteigen, bei dem das mit dem Fliegen „ganz gut funktioniert“.
Diese Hersteller müssen der FAA und EASA nachweisen, dass diese Flugzeuge zuverlässig funktionieren und vor allen Dingen auch dass kritische Systeme redundant ausgelegt sind.
Wenn es dann trotzdem zu einem Unfall kommt – durch technischen Defekt – schlechte Verarbeitung oder fehlerhaftes Design – dann ist der Hersteller am Haken.

Peter:

Wer hat den den Dreck der Überreste von Sono Motors aufgeräumt, die haben bestimmt Erfahrung damit.

Peter:

Ist das so, ich habe noch kein ID. 3,4,5,7 in den USA oder in Europa fahren sehen wie es die Teslas mit HW 4 in den USA können, z.B. sehr gut zu sehen bei AI Driver, der ID.7 (2025) auf Probefahrt letzten Samstag kann mit Travel Assist nichtmal allein auf der Autobahn fahren wenn die kurven zu eng sind, mein Kia EV 6 (2024) kann dies ebenfalls nicht, bei beiden Fahrzeugen muss man in „engeren“ Kurven oder nach dem autom. Spurwechsel mitlenken da diese öfters die Spur verlieren…komischerweise mein altes Model Y (2022) konnte die gleiche Strecke ohne Eingriff fahren, der Kia gibt nichtmal nen Signal wenn er nicht mehr lenken kann er graut einfach das Symbol aus…wobei man natürlich sagen muss als ich den EV 6 Facelift gefahren bin war dies schon deutlich besser aber nichtmal annähernd nah am Tesla.

EDriver:

Seltsam das es in den USA bereits mit HW 4 funktioniert.
Schau dir mal die YouTube Videos von „Tesla Tobi“ an.

EDriver:

Habe mir 2024 extra einen gebrauchten Tesla Model 3 mit AMD Ryzon Prozessor gekauft, aber aufgrund der schlechteren Kammeras immer noch HW 3.

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