Der Beginn einer Partnerschaft zwischen Scania und Northvolt im Jahr 2018 weckte große Hoffnungen. Gemeinsam wollte man Batterien herstellen, die nicht nur leistungsfähig, sondern auch nachhaltig produziert werden. Die Zusammenarbeit sollte die Abhängigkeit von asiatischen Zellherstellern verringern. Heute steht Scania vor einer schwierigen Entscheidung, denn Northvolt kämpft ums Überleben. Und Scania könnte der entscheidende Faktor für deren Überleben sein, wie das Manager-Magazin berichtet.
Northvolt konnte zahlreiche Großaufträge sichern, unter anderem von BMW und VW, und plante den Bau weiterer Fabriken in Schweden, Kanada und Deutschland. Doch hohe Kosten, Produktionsprobleme und der Verlust von BMW als wichtigem Kunden führten dazu, dass das Unternehmen im Herbst 2024 Insolvenz nach Chapter 11 des US-Rechts anmeldete. Trotz aller Schwierigkeiten hält Northvolt an seinem Ziel fest, sich als europäische Alternative zu den dominierenden Herstellern CATL, BYD und Samsung zu etablieren. Dafür benötigt das Unternehmen jedoch dringend neues Kapital. Bis 2027 wären etwa 1,2 Milliarden Euro erforderlich, doch jede Woche verbrennt Northvolt derzeit rund 30 Millionen Euro. Investoren sind skeptisch, neue Geldgeber müssen gefunden werden.
Während Audi bereits alternative Lieferanten nutzt, bleiben Scania und Porsche als Hauptkunden von Northvolt bestehen. Volkswagen, größter Anteilseigner von Northvolt, will momentan keine zusätzlichen Mittel bereitstellen. Vorstandschef Oliver Blume verlangt einen klaren Geschäftsplan, bevor neue Investitionen fließen. Damit richtet sich der Blick auf Scania, das bereits 2024 einen Kredit über 100 Millionen Euro an Northvolt vergeben hat. Innerhalb des Volkswagen-Konzerns gab es Widerstand gegen eine weitere Unterstützung, insbesondere vonseiten der Rechts- und Finanzverantwortlichen. Man befürchtete, sich zu lange in eine unsichere Situation zu verstricken.
Scania sieht sich in einer Zwickmühle. Sollte Northvolt endgültig scheitern, könnte dies teure Folgen haben. Fehlende Batteriezellen würden dazu führen, dass bestellte Elektro-Lkw nicht ausgeliefert werden können. Das Unternehmen kalkulierte mögliche Schäden in Milliardenhöhe, einschließlich entgangener Einnahmen, Imageverlust und Vertragsstrafen. Die Überzeugung, dass Northvolt gebraucht wird, setzte sich durch. Bereits rund 500 Millionen Euro hat Scania in das Projekt investiert. Andere Optionen wurden über die Jahre immer wieder diskutiert. 2020 stand zur Debatte, die im Volkswagen-Konzern entwickelte Einheitszelle zu nutzen. Dennoch blieb Scania bei Northvolt als einzigem Lieferanten.
Innerhalb der Traton-Gruppe gibt es keine einheitliche Strategie. MAN entschied sich für Batteriezellen von CATL, während der US-Truckhersteller Navistar auf Northvolt setzt – sofern Lieferungen möglich sind. Nun prüft Scania, ob ein Umbau der eigenen Lkw auf CATL-Batterien möglich wäre. Bis Ende 2025 könnte eine Lösung vorliegen, doch falls Northvolt bis dahin aufgibt, würde eine erhebliche Lücke entstehen.
Das neue Management von Northvolt versucht, das Unternehmen zu stabilisieren. Nach dem Rücktritt von Gründer Peter Carlsson übernahmen Matthias Arleth, Pia Aaltonen-Forsell und Scott Millar die Führung. Ihr Fokus liegt darauf, nicht-essenzielle Geschäftsbereiche zu veräußern, darunter Recyclingaktivitäten. Die Beteiligung am Joint Venture mit Volvo wurde bereits an den schwedischen Autobauer abgegeben. Parallel sucht Northvolt nach neuen Investoren und strategischen Partnern. Erste Gespräche mit Samsung und CATL führten jedoch nicht zu einer Einigung.
Entscheidend für die Zukunft von Northvolt bleibt die Produktionsqualität. Hohe Ausschussquoten sorgten in der Vergangenheit für Probleme, insbesondere bei Scania. Lange Zeit waren mehr als 50 Prozent der gelieferten Batteriezellen unbrauchbar. Inzwischen scheint sich die Qualität zu verbessern, sodass Scania keine Preisnachlässe mehr einfordert. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte, dass die aktuellen Zelllieferungen den Produktionsbedarf decken. Scania geht nun einen weiteren Schritt, um Northvolt zu stützen. Das Unternehmen übernimmt den Geschäftsbereich „Systems Industrial“, der auf Speicherlösungen für Spezialfahrzeuge fokussiert ist.
Quelle: Manager-Magazin – In der Zellfalle – warum Scania für Northvolt kämpft