Es ist ein hochbrisantes Thema, schon seit Monaten: Verteilnetzbetreibern soll es künftig erlaubt sein, in den Strombezug von E-Autos und Wärmepumpen bei einer drohenden Überlastung des Netzes eingreifen zu dürfen. Zu Übertreibungen neigende Zeitgenossen warnen deshalb vor leeren E-Auto-Akkus und eiskalten Wohnungen, obwohl schon unzählige Male klargestellt wurde, dass die Eingriffe nur im Notfall stattfinden sollen und wenn dann auch nur für kurze Zeit. Mit bidirektionalen Ladetechnologien sind E-Autos perspektivisch sogar dazu in der Lage, das Stromnetz zu stabilieren.
In einem aktuellen Interview mit dem Manager Magazin erklärt Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, wie es um die Regelung steht, mit der der gesetzliche Rahmen für Eingriffe seitens der Netzbetreiber ab 1. Januar 2024 abgesteckt werden soll. Demnach wertet die Bundesnetzagentur aktuell die Kommentare aus, welche die beteiligten Marktakteure auf den Regulierungsvorschlag von 2022 zurückgespielt haben. Noch vor der Sommerpause soll dann ein ausgearbeiteter Vorschlag veröffentlicht werden, der im Optimalfall im Herbst endgültig abgesegnet wird.
Das Ziel der Regelung sei klar: „Wir wollen den Anschluss von Wallboxen für E-Autos und Wärmepumpen ermöglichen“, sagt Müller. „Neue Anlagen müssen angeschlossen werden“, Netzbetreibern soll es untersagt werden, dies „mit Hinweis auf Netzprobleme“ zu verweigern. Müller stellt eine Regulierung in Aussicht, „die ganz klar das Ziel hat, die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung zu verwirklichen“ – zu denen auch die private Wärme- und Antriebswende gehört.
Allerdings müsse in der Regelung auch berücksichtigt werden, „dass die örtlichen Netze nicht überall so ausgebaut sind, dass sie eine hohe Gleichzeitigkeit der Nutzung ermöglichen“, sagt Müller. Es gelte, örtlichen „Netzüberlastungen vorzubeugen“, wenn „alle nach Hause kommen und nach der Arbeit ihr E-Auto aufladen wollen“. Das schwierige dabei sei, dass nicht absehbar ist, ob und wie stark „das in Zukunft zum Problem wird“, etwa wegen der zunehmenden Verbreitung von Homeoffice. „Wir wissen also gar nicht, wie oft und wann die Menschen ihre E-Autos tatsächlich laden wollen“, so der Chef der Bundesnetzagentur.
Die Regulierung allerdings müsse „alle Eventualitäten vorbereitet sein“ und daher sollten Netzbetreiber „die Möglichkeit erhalten, den Verbrauch der Stromkunden zu dimmen“. Dies soll aber nur dann auch erlaubt sein, „wenn nachweisbar die Stabilität des jeweiligen Netzbereichs in Gefahr ist“. Es gehe „ausdrücklich nicht darum, dass ein E-Auto gar nicht laden kann“, sondern lediglich darum, dass der Akku dann etwas langsamer lädt. Wer Abends um 18 Uhr nach Hause kommt und am nächsten Tag um 8 Uhr wieder ins Auto steigt, hat ohnehin 14 Stunden Zeit zum Laden. Der Ladevorgang kann ohne weiteres auch in die Nachtstunden verlegt werden. Einen leeren E-Auto-Akku muss also wirklich niemand fürchten.
Netzdienliches Laden, wie Fachleute es nennen, soll sogar finanziell belohnt werden, wie Müller in Aussicht stellt: „Im Gegenzug erhalten die Stromkunden eine Ermäßigung bei den Netzentgelten“, stehe im Regulierungsvorschlag. Gleichzeitig sollen die Netzbetreiber in die Pflicht genommen werden, „jene Netze, in denen es zu Problemen kommt, unverzüglich auszubauen“. Müller verweist darauf, „einen verbraucherfreundlichen Vorschlag zur Diskussion“ gestellt zu haben. Der Vorschlag beschränke mögliche Einschränkungen „auf das absolut Notwendige, um Netzprobleme zu verhindern. Das dürfte in unser aller Interesse sein“, so Müller.
Quelle: Manager Magazin – „Ein E-Auto-Fahrer kann den Akku etwas langsamer laden“