Mercedes will Steer-by-Wire 2026 einführen

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Mercedes-Benz

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 4 min

Das Lenkrad ist weit mehr als ein x-beliebiges Bauteil des Autos: Mit ihm sind Fahrerin und Fahrer über die Reifen mit der Straße verbunden. Über das Lenkrad erhalten sie Rückmeldung über das Fahrverhalten, spüren Unebenheiten auf der Straße oder mussten in früheren Zeiten ohne Servolenkung kräftig kurbeln, um in Parklücken zu manövrieren. Bald beginnt für Mercedes‑Benz Kundinnen und Kunden eine neue Ära der Fahrzeugbedienung: Als erster deutscher Automobilhersteller will das Unternehmen ab 2026 einen Serien-Pkw mit Steer-by-Wire anbieten, so Mercedes-Benz in einer aktuellen Mitteilung.

Diese Technologie verzichtet auf eine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderrädern. Stattdessen wird der Lenkwunsch von Fahrerin oder Fahrer über eine elektrische Leitung, also „by wire“, schnell und direkt übertragen. Das gänzlich neuartige Lenkgefühl bringe im Fahralltag Vorteile mit sich: Die Fahrdynamik profitierte davon, Manövrieren sowie Einparken sollen leichter von der Hand gehen. Denn der Kraftaufwand kann weiter verringert werden, das Umgreifen am Lenkrad entfällt.

„Steer-by-Wire ist ein weiterer großer Schritt auf dem Weg zur Mobilität von morgen, und wir sind stolz darauf, dass wir 2026 ein solches System auf den Markt bringen werden. Die Technologie ermöglicht ein einzigartiges Kundenerlebnis, das über das reine Lenken weit hinaus geht. In Kombination mit hochautomatisiertem Fahren des SAE-Levels 3 wird es mittelfristig eine noch immersivere Entertainment-Erfahrung ermöglichen, denn perspektivisch stört kein Lenkrad mehr den Blick auf beispielsweise Streamingangebote“, sagt Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, Chief Technology Officer, Entwicklung & Einkauf.

Die Fahrwerksspezialistinnen und -spezialisten können die Lenkübersetzung variabel wählen und flexibel an unterschiedliche Situationen anpassen. Dadurch können gleichzeitig Fahreigenschaften, die bisher in einem Zielkonflikt standen, mit Steer-by-Wire optimiert werden: Sportlichkeit und Komfort etwa können so besser vereint werden. Ebenso lassen sich Fahrstabilität und Queragilität steigern. Dies wird möglich durch das optimale Zusammenspiel mit der Hinterachslenkung mit einem Lenkwinkel von bis zu zehn Grad. Von Fahrbahnunebenheiten verursachte Stöße, die bisher als Störungen über das Lenkrad auf Fahrerin oder Fahrer übertragen wurden, können nahezu vollständig unterbunden werden.

Das Individualisierungspotenzial ist groß, denn die elektronische Lenkung lässt sich den Kundenvorlieben anpassen. Einzelne Marken oder bestimmte Modelle innerhalb einer Baureihe können unterschiedliche Lenkcharakteristika erhalten. Auch in der Gestaltung neuer Architekturen schafft Steer-by-Wire durch die Entkopplung von Lenkrad und Lenkgetriebe neue Potenziale. Zudem ermöglicht die Technologie zukünftig neuartige, immersive Gaming-Möglichkeiten während einer Fahrpause.

Steer-by-Wire wird Realität bei Mercedes-Benz: völlig neuartiges Lenkgefühl kombiniert mit maximaler Sicherheit
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Darüber hinaus führt Steer-by-Wire zu mehr Flexibilität im Interieurdesign: Das Lenkrad kann flacher gestaltet werden, was ein großzügigeres Raumgefühl und einen besseren Blick aufs Fahrerdisplay bewirkt. Auch der Ein- und Ausstieg fällt leichter, weil es durch das unten abgeflachte Lenkrad mehr Platz gibt. In Kombination mit künftigen hochautomatisierten Fahrsystemen ließe sich langfristig eine neue, noch entspanntere Sitzposition des Fahrers realisieren.

Die Funktionsweise von Steer-by-Wire im Detail

Abhängig von Fahrgeschwindigkeit und Fahrsituation gibt ein Aktuator am Lenkrad (Steering Feeback Unit; SFU) das Lenksignal des Fahrenden an das Lenkgetriebe (Steering Rack Unit; SRU) weiter, das die Räder lenkt. Die SFU erzeuge zudem das Mercedes‑Benz typische Lenkgefühl, so der Hersteller. Durch die mechanische Entkopplung von Lenkrad und Rädern entfällt die direkte Gegenkraft. Stattdessen wird der Reifen-Fahrbahn-Kontakt mithilfe der Rückstellkräfte der gelenkten Räder modellbasiert berechnet und entsprechend erzeugt.

Über eine Million Testkilometer hat das neue Steer-by-Wire-System von Mercedes-Benz bereits auf Prüfständen absolviert, hinzu kamen in der gleichen Größenordnung noch Erprobungs-Kilometer auf Testgeländen und bei der Gesamtfahrzeug-Absicherung im Straßenverkehr. Seinem hohen Sicherheitsanspruch folgend setze Mercedes-Benz neben hochpräzisen Sensoren und leistungsfähigen Steuergeräten auf eine redundante Systemarchitektur. Das bedeutet, dass es grundsätzlich zwei Signal-Pfade und dadurch die doppelte Anzahl der erforderlichen Aktuatoren gibt. Die fahrzeugseitige Daten- und Spannungsversorgung ist ebenfalls redundant ausgeführt. Dadurch sei die Lenkfähigkeit stets sichergestellt. Selbst im unwahrscheinlichsten Fall eines Komplettausfalls sei zudem dank Hinterachslenkung und mit Hilfe gezielter radindividueller Bremseingriffe über das ESP weiterhin eine Querführung möglich.

Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 22.04.2025

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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Talis:

Der Marder knabbert am Kabel, während der Wagen über die Landstraße gefahren wird? Sachen gibt’s…

Hiker:

Du kennst echt noch die RO 80 Zeiten? Aber es ist vom Prinzip her genau dieselbe Denkweise die jedes mal von den Menschen kommt, die Neues erst einmal vehement ablehnen. Mit rationalen Argumenten ist einer solchen Denkweise nicht beizukommen. Diese Menschen werden ein Smartphone erst dann benutzen, wenn nichts anderes mehr hergestellt und verkauft wird. Ist deren gutes Recht und ich kann damit leben. Schade ist nur, dass solche Menschen jedem Fortschritt im Wege stehen. Andererseits ist das manchmal auch gar nicht nur schlecht.

Smartino:

Ich kaufe auch keinen Mercedes, egal ob mit oder ohne Steer-by-Wire. Für mich stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht.

Krauer Bruno:

Ich würde keinen Mercedes mehr kaufen mit Steer-by Wire.

Philipp:

Ob ein Kabel angeknabbert wurde, lässt sich problemlos an elektrischen Eigenschaften der Leitung messen. Außerdem werden solche Systeme natürlich redundant ausgelegt und wenn links anders liefert als rechts, dann erzwingt das den Zustand: Anhalten.

Die Servounterstützung kann prinzipiell genauso blockieren und eine Stange von den Rädern zum Lenkrad zu Deiner Brust ist im Frontalcrash auch nicht gerade beruhigend (auch wenn die geknickt ausgelegt sind).

Ich verstehe die Verunsicherung, aber bitte erst einmal die genauen technischen Details sich erklären lassen.

Denn: Deine Batterie brennt ja auch nicht dauernd beim Laden ab und die Batterie friert auch nicht sofort bei unter 0°C ein, wie es einem der Stammtisch immer weiß machen will, bzw. zeigst Du anderen eAutofahren mit Fingern an, die wievielte Batterie Du inzwischen fährst, so wie die NSU Ro 80-Fahrer es beim Wankelmotor immer machen?

heinr:

Dann doch besser gleich einen Joystick in die Mittelkonsole und die Pedale auch weg lassen.

Daniel W.:

Mir ist bei der Lenkung eine massive Metallverbindung zu den Rädern lieber als ein lappriges Kabel.

Kommt der Mader und knabbert am Kabel, dann lande ich im Graben oder an einem Baum.

Sowas sollte nur im Premiumsegment kommen, die vertragen einen Unfall besser.

Und Graf von Protzens Autotraum endet jäh an Maiers altem Apfelbaum.

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