Sachsens Wirtschaft hängt stark am Auto: Viele Betriebe liefern Teile, Maschinen und Service. Die Industrie schwächelt jedoch, die Hersteller verkaufen weniger E-Autos als erwartet. Das trifft viele Standorte im Freistaat, erste Firmen streichen Schichten und Stellen. Die Unsicherheit wächst. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) traf die Spitze von Volkswagen Sachsen in Lichtenstein im Landkreis Zwickau und forderte dort unter anderem niedrigere Strompreise, wie die Nachrichtenagentur DPA berichtet. Nur bezahlbare Energie stärke den Absatz von E-Autos, findet er. Er setzt zudem auf mehr Ladepunkte, denn ohne flächendeckendes Netz bleiben Käufer:innen skeptisch. Politik und Wirtschaft sollen gemeinsam handeln.
Kretschmer sieht Zwickau als industriellen Kern Ostdeutschlands. Er verlangt Lösungen, die Arbeit und Kompetenz sichern. „Volkswagen ist in der Pflicht“, sagt er. Das Land will helfen und stellt rund 100 Millionen Euro für die Transformation bereit. Diese Mittel sollen Prozesse modernisieren, Qualifizierung fördern und neue Technologien anstoßen. Die Unternehmen vor Ort sollen davon möglichst schnell profitieren, heißt es.
Sachsens Regierungschef verknüpft die Lage von VW mit dem Zustand der deutschen Wirtschaft. Er spricht von fehlender Wettbewerbsfähigkeit: Energie koste zu viel, Lohnnebenkosten stiegen, Betriebe bräuchten flexiblere Regeln im Arbeitsrecht, während zu viele Detailvorgaben Investitionen ausbremsten. Kretschmer nutzt das Bild vom gefesselten Gulliver und meint damit eine Vielzahl kleiner Vorschriften, die zusammen große Wirkung entfalten können. Entferne man die Fesseln, entstehe Spielraum für Investitionen und Innovation.
Er adressiert auch die Bundesregierung in Berlin: Schwarz-Rot müsse den Auto-Standort Sachsen politisch absichern. Günstiger Strom, verlässliche Rahmenbedingungen und mehr Tempo bei Genehmigungen bilden aus seiner Sicht die Hebel dafür. Das Land könne zwar auch fördern, doch die großen Weichen müsse die Bundesregierung stellen. Kretschmer fordert daher klare Entscheidungen, die Planbarkeit schaffen. Unternehmen brauchen eine bessere Sicht auf Kosten und Nachfrage, bevor sie Produktionspläne anpassen.
Ladeinfrastruktur muss wachsen und günstiger werden
Für die Elektromobilität nannte er bereits zuvor zwei Stellschrauben: Erstens mehr Ladeinfrastruktur an Wohnorten sowie entlang von Pendelstrecken und an Knotenpunkten. Zweitens niedrigere Tarife, damit das Laden günstiger als Tanken bleibt. So entstehe Vertrauen bei Käufern. Gleichzeitig seien aber auch die Hersteller gefordert. Sie müssen Modelle anbieten, die weitere Zielgruppen erreichen, Basisvarianten sollten zu attraktiveren Preisen angeboten werden. Mittelklasse-Autos brauchen solide Reichweiten und transparente Gesamtkosten, fordert Kretschmer.
Die Lage in Sachsen zeigt, wie eng Politik, Energiepreise und Industrie zusammenhängen: Hohe Kosten schwächen die Nachfrage und eine geringere Nachfrage zwingt Konzerne zu Drosselungen. Diese Kette belastet Beschäftigte und Kommunen. Eine koordinierte Strategie aber kann gegensteuern. Das Land liefert Anschub mit Fördergeld. Der Konzern prüft Produktionsprogramme. Der Bund setzt Rahmen für Energie und Arbeit. In diesem Zusammenspiel kann sich der Markt stabilisieren.
Am Ende bleibt das Ziel klar: Sachsen soll Automobilland bleiben. Zwickau, Chemnitz und Dresden verfügen über Know-how und Infrastruktur, darauf kann man aufbauen. Sinkende Strompreise und ein dichteres Ladenetz dürften weitere Käufer:innen von Elektroautos überzeugen, während Unternehmen Planungssicherheit gewinnen und die Regionen Wertschöpfung und Jobs halten können.
Quelle: Vision Mobility – E-Auto-Krise: Kretschmer mahnt zu niedrigeren Strompreisen / Wirtschaftswoche – „Wir müssen uns ehrlich machen: Deutschland lebt über seine Verhältnisse“