Insolvenz: Northvolt beantragt Gläubigerschutz

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Northvolt

Michael Neißendorfer
Michael Neißendorfer
  —  Lesedauer 3 min

Die Northvolt Muttergesellschaft, Northvolt AB, ist insolvent und hat in den USA einen Antrag auf Restrukturierung nach Chapter 11 gestellt. Diese freiwillige Maßnahme, auch als Gläubigerschutz bekannt, soll dem Unternehmen dabei helfen, seine beträchtlichen Schulden umzustrukturieren, das Geschäft auf Basis der aktuellen Kundenbedürfnisse anzupassen und eine Wachstumsperspektive zu schaffen, so Northvolt in einer aktuellen Mitteilung.

Auch der Zugang zu neuen Finanzierungsquellen werde auf diese Art ermöglicht: 100 Millionen US-Dollar (gut 96 Millionen Euro) werden Northvolt von einem Kundenunternehmen, dem Lkw-Hersteller Scania, im Rahmen einer sogenannten DIP-Finanzierung (Debtor-in-possession) für den Geschäftsbetrieb zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um eine spezielle Art der Brückenfinanzierung für Unternehmen, die sich in einem Chapter 11-Verfahren in der Restrukturierung befinden. Darüber hinaus erhält Northvolt von Kreditgebern Zugang zu weiteren etwa 145 Millionen US-Dollar (139 Millionen Euro; sogenanntes Cash Collateral).

Zudem verkündete Northvolt-CEO Peter Carlsson einen Tag nach Bekanntwerden der Insolvenz seinen Rücktritt. Er bleibe aber im Aufsichtsrat des Unternehmens und fungiere als führender Berater, teilte das schwedische Unternehmen mit. Die Suche nach einem neuen Vorstandschef laufe bereits. Die Umorganisation soll innerhalb des ersten Quartals 2025 abgeschlossen sein.

Northvolt verfügt Gerichtsunterlagen zufolge derzeit nur noch über flüssige Mittel von 30 Millionen Dollar – was den Angaben nach für nur noch eine Woche reicht. Zugleich liege der Schuldenberg bei 5,8 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Monaten mit seinen Geldgebern über weitere Investitionen verhandelt, allerdings ohne Erfolg.

Das Verfahren nach Chapter 11 ist eine Regelung im US-amerikanischen Recht, die es Unternehmen ermöglicht, ihre Strukturen und Finanzen unter gerichtlicher Aufsicht neu zu ordnen. Dabei kann das Unternehmen einen Plan für nachhaltiges Wachstum entwickeln, häufig in enger Abstimmung mit seinen Partnern. Ziel ist es, das Unternehmen widerstandsfähiger zu machen und langfristig profitabel fortzuführen, während die laufenden Geschäftstätigkeiten erhalten bleiben. Der operative Betrieb in Schweden, etwa im Batteriezellwerk Northvolt Ett in Skellefteå, sei somit nicht betroffen, wie der Batteriehersteller betont.

„Das Bauvorhaben bei Heide ist und bleibt ein strategischer Grundpfeiler von Northvolt“

Northvolt Germany, die Tochtergesellschaft von Northvolt AB mit Projekten in Deutschland, wird demnach unabhängig von der Muttergesellschaft finanziert. Sie sei nicht Teil des Chapter 11-Verfahrens. „Das Bauvorhaben bei Heide ist und bleibt ein strategischer Grundpfeiler von Northvolt“, heißt es in der Mitteilung.

Northvolt Germany liegt derzeit mit dem Vorhaben seiner Zellfabrik in bei Heide laut eigener Aussage im gemeinsam mit Bundes- und Landesregierung festgelegten Zeitplan. Northvolt Germany sei sich seiner Verantwortung für die bereitgestellten Fördermittel bewusst. Es seien bisher keine Fördermittel in Anspruch genommen worden und Northvolt Germany werde, solange die Restrukturierung der Muttergesellschaft andauert, auch weiterhin keine Mittel abrufen.

Vor dem Hintergrund der Restrukturierung und des aktuellen Marktumfeldes plant Northvolt in der zweiten Jahreshälfte 2027 mit der ersten Zellmontage am Standort bei Heide zu beginnen und im Anschluss den Fabrikhochlauf zu starten, und somit mit mindestens einem halben Jahr Verspätung: Ursprünglich war die erste Zellmontage für Ende 2026 vorgesehen. Die Bauarbeiten bei Heide machen guten Fortschritt und laufen weiter, so das Unternehmen. Northvolt habe die Bundes- und Landesregierung über alle Entscheidungen unterrichtet und stehe in engem Austausch mit allen Akteuren.

Christofer Haux, CEO Northvolt Germany, kommentierte: „Die europäische Batteriezellindustrie befindet sich insgesamt in einer herausfordernden Lage. Northvolt will dem mit seiner strategischen Neuausrichtung gerecht werden. Wir haben seit dem Sommer zahlreiche Effizienzmaßnahmen umgesetzt, die bereits Wirkung zeigen. Mit dem nun erfolgten Schritt verbessern wir unsere finanzielle Situation und werben neues Kapital ein. In Dithmarschen schreiten die Bauarbeiten derweil weiter voran. Der Standort genießt höchste Priorität.

In Heide will Northvolt künftig pro Jahr Batteriezellen für bis zu eine Million Elektroautos bauen. In der Fabrik in Schleswig-Holstein sollen 3000 Jobs entstehen. Bund und Land fördern die 4,5 Milliarden Euro teure Batteriefabrik mit rund 700 Millionen Euro. Hinzu kommen mögliche Garantien über weitere 202 Millionen Euro.

Quelle: Northvolt – Pressemitteilung vom 21.11.2024

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Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer

Michael Neißendorfer ist E-Mobility-Journalist und hat stets das große Ganze im Blick: Darum schreibt er nicht nur über E-Autos, sondern auch andere Arten fossilfreier Mobilität sowie über Stromnetze, erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit im Allgemeinen.
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DoDo:

Den Natrium Ionen Akku braucht momentan niemand. Der war interessant als die Preise noch hoch waren. LFP ist mittlerweile sehr günstig geworden, das lohnt für die Herstellung nicht die eher niedrige Energiedichte der Natrium Ionen Akkus in Kauf zu nehmen.

Frank2:

An wen die Zölle gezahlt werden ist klar – aber auch klar muss sein, WER diese Zölle zahlt.

Das sind Sie und ich und nicht der Hersteller in China!
Ich dachte das wurde im Zuge der Wiederwahl von Herrn Trump ausreichend thematisiert und erklärt – oder ?

Peter Bigge von Berlin:

Zölle in der EU werden grundsätzlich an die EU gezahlt, und von dort sollten diese, wenn sie schon unvermeidbar erscheinen, sinnvoll investiert werden.

Frank2:

Naja – ganz so einfach ist es aber auch wieder nicht – diese Investition macht (durch die Pleite) leider keinen Sinn mehr – auch nicht auf lange Sicht.

Diese Steuergelder sind an irgendwen geflossen der jetzt gerade Urlaub auf den Malediven macht – soweit verstehe ich den Aerger von Bingo.

Frank2:

Ihnen ist aber schon klar, dass „Zölle auf Chinaautos“ von den Kunden hier in D bezahlt werden – oder?
Zölle sind nichts anderes als eine zusätzliche Steuer, die von den Konsumenten aufzubringen ist.
Ihre Forderung lautet also – zusätzliche Steuern um damit Forschung und Entwicklung zu fördern!

Frank2:

Hab ich jetzt nicht ganz verstanden!
Was will CDU/CSU genau nochmal bremsen?

Glauben Sie wirklich das wird schlimmer als bei der jetzigen D Regierung?

Schauen wir mal – vielleicht denken ja viele so – jede Bevölkerung bekommt die Regierung die es verdient :-)

Goofy:

Was hattest du denn stattdessen mit deinem Steuergeld sonst vor? Du hast darüber sowieso keine Verfügung, interessiert dich auch nicht, außer wenn du dich künstlich aufregst wie hier. Diese Investitionen machen auf lange Sicht sinn. Wenn man allerdings nicht länger als seine Nasenlänge denkt ärgert man sich natürlich grün und blau.

Peter Bigge von Berlin:

Batterien müssen europäisch werden und in Europa produziert werden, mit oder ohne aussereuropäische Unterstützer.
Nur so kann aus vergurkten Energie- und Verkehrswende ein Schuh werden.
Batterien werden zukünftig eine maßgebliche Rolle nicht nur bei den Autoherstellern spielen, sondern auch in den Energienetzen.
Und wer will schon gerne wichtige Punkte einer Wertschöpfungskette ausser Haus geben.
Forschung, Entwicklung und Produktion müssen aktiv gefördert werden, z. B. von den Zöllen auf Chinaautos.

Sledge:

Welcher europäische Automobilhersteller verwendet günstige LFP aus China? Von den Deutschen auf jeden Fall keiner.

Das Projekt sollte imho größer aufgezogen werden. Auch die Maschinenbauer müssten mit einbezogen werden. Es sollte nicht nur die Zellfertigung umfassen sondern auch das dazu gehörige Produktionsequipment, das sich momentan auch fest in asiatischen Händen befindet.

Wir Europäer haben leider eine komplette Technologie verschlafen, mit allem was dazu gehört.

Stefan:

Das ist Nothvolt doch…nur müssen mehr eAutos aus EU Produktion dort ihre Zellen bestellen und in ihren Akku Block bauen.Tun sie aber nicht, sondern nehmen die günstigen LFP aus China. Die EU hat einen Fonds im Zuge des Greendeal aufgesetzt. Der sollte einspringen. Wenn Nothvolt den Natrium Iinene Akku fertig bekommt, wird dieser als Hausakku für Stückzahlen sorgen und auch weltweit Konkurrenz fähig.

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