Autonomes Fahren ist einer der zentralen Zukunftstrends der Mobilität der Zukunft. Aber die Akzeptanz variiert zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Deutschland. Das zeigt eine Kooperationsstudie von YouGov und CAM, die die Akzeptanz der Technologie in Deutschland unter die Lupe genommen hat.
Werden Robo-Taxis und autonome Shuttles in Deutschland bald zu wichtigen Verkehrsmitteln in Deutschland? In den US-amerikanischen Städten San Francisco und Phoenix befördern autonome Taxis ohne Sicherheitsfahrer bereits Fahrgäste. Mercedes-Benz ist der erste Automobilhersteller weltweit, der für seine Luxusfahrzeuge autonomes Fahren z.B. auf Bundesautobahnen anbieten darf. Erstmals ist damit der Automobilhersteller für die Fahraufgabe verantwortlich und die Fahrer:innen können sich anderen Sachen widmen, etwa sogar legal Filme schauen oder Mails beantworten. Die Entwicklungsbestrebungen der Automobilbranche zeigen: Langfristig werden Kraftfahrzeuge vollautonom fahren, und der Mensch wird in vielen Alltagssituationen zum Passagier. Doch wie werden diese Entwicklungstrends von den Konsument:innen wahrgenommen?
Eine aktuelle Befragung der internationalen Data & Analytics Group YouGov in Kooperation mit dem Center of Automotive Management (CAM) hat ergeben, dass die deutsche Bevölkerung autonomen Fahrzeugen noch recht skeptisch gegenübersteht. Knapp die Hälfte der repräsentativ Befragten (49 Prozent) kann sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht vorstellen, vollautonome Fahrzeuge etwa in Form von Robo-Taxis zu nutzen. Immerhin kann sich fast jede:r fünfte Proband:in die Nutzung autonomer Fahrzeuge sehr gut (18 Prozent) und 27 Prozent vielleicht vorstellen.
Insgesamt zeigt sich, dass jüngere Altersgruppen den autonomen Fahrzeugen deutlich positiver gegenüberstehen: Rund 63 Prozent der 18- bis 34-Jährigen können sich die Nutzung „sehr gut“ (28 Prozent) oder „vielleicht“ (35 Prozent) vorstellen. Demgegenüber wächst mit dem Alter der Befragten die Skepsis: Die Generation der über 55-Jährigen spricht sich mit 61 Prozent gegen die Nutzung etwaiger Angebote aus, während die Gruppe der 35- bis 54-Jährigen der Nutzung bereits deutlich offener gegenübersteht.
Die Studienteilnehmenden sehen die Faktoren Zeitersparnis (27 Prozent) und Sicherheit (26 Prozent) als wichtigste Vorteile autonomer Fahrzeuge. So können Passagiere während der Fahrt die Aufmerksamkeit auf andere Tätigkeiten wie die Arbeit, Freizeitaktivitäten (z.B. Lesen) oder Erholung (z.B. Schlaf) lenken und die Fahraufgabe dem autonom operierenden Fahrzeug überlassen.
Die Tatsache, dass ein autonomes Fahrzeug in weniger Unfälle als von Menschen gesteuerte Pkw verwickelt ist und damit die Sicherheit der Insassen erhöht, unterstreicht das Vertrauen, welches knapp über ein Viertel der Befragten in die neue Technologie setzt. Weitere Vorteile sehen die Studienteilnehmenden in einer erhöhten Effizienz und Umweltverträglichkeit (19 Prozent), günstigeren Unterhaltskosten (19 Prozent) sowie einem bedarfsorientierten und kurzfristig verfügbaren Mobilitätsangebot (19 Prozent bzw. 18 Prozent).
Allerdings zeigt sich auch eine hohe Skepsis: 29 Prozent Befragten geben an, dass sie keine Vorteile von autonom fortbewegenden Fahrzeugen erkennen. Hierzu tragen vor allem die Bedenken der Generation 55+ bei (42 Prozent), während jüngere Bevölkerungsschichten durchaus Vorzüge mit der Nutzung autonomer Fahrzeuge verbinden.
Um die Akzeptanz von Robo-Taxis zu erhöhen, müssen die existierenden Vorbehalte berücksichtigt werden. So lösen autonome Fahrzeuge Ängste und Unsicherheiten aus. Rund die Hälfte der Befragten (48 Prozent) zweifelt an der grundsätzlichen Sicherheit von Fahrzeugen, bei denen kein Mensch mehr für die Steuerung verantwortlich ist. 39 Prozent haben dabei Angst, in Unfälle verwickelt zu werden. Gleichzeitig wird das Cyber Security Risiko als Problem gesehen, also die Angst vor Hacker-Angriffen bzw. der möglichen Manipulation von Fahrzeugen (40 Prozent).
Rund ein Drittel der Teilnehmenden (31 Prozent) geht zudem davon aus, dass die Nutzung autonomer Fahrzeuge aufgrund der notwendigen Technik an Bord mit höheren Anschaffungskosten verbunden ist. Zu den weiteren Bedenken zählen etwa die Sorge vor Überwachung von Fahrrouten und Passagieren (21 Prozent) sowie die Unsicherheit im Falle einer Pannensituation (19 Prozent). Nur 5 Prozent geben an, keine Bedenken bei der Nutzung autonomer Fahrzeuge zu haben. Der Bedenken-Anteil ist innerhalb der Altersgruppen homogen verteilt, sodass selbst die junge Generation mindestens einen Zweifel am autonomen Fahren hegt.
Die Befragung zeigt, dass die Offenheit gegenüber dem autonomen Fahren in der deutschen Bevölkerung noch recht verhalten ist. Jüngere Menschen tendieren derzeit eher zur Nutzung autonomer Dienste, während die Skepsis bei der Generation der Über-55-Jährigen deutlich stärker ausgeprägt ist. Hierbei dürfte die generelle Technologieaffinität der Generation Y und Z eine gewichtige Rolle spielen. Während bei den empfundenen Nachteilen insgesamt große Überschneidungen festzustellen sind, fällt es den Probanden schwer, klare Vorteile durch die Nutzung autonomer Fahrzeuge zu benennen.
Die größten Zweifel rühren von einem grundsätzlich unsicheren Gefühl her sowie von verschiedenen Ängsten vor Hacker-Angriffen oder Unfällen. Die Menschen, die beim autonomen Fahren Vorteile wahrnehmen, haben ein insgesamt stärkeres Vertrauen in die Technologie und fühlen sich daher sicherer als in einem menschlich gesteuerten Fahrzeug. Darüber hinaus haben die Faktoren Zeitersparnis, Umweltverträglichkeit sowie Unterhaltskosten eine große Bedeutung.
„Autonomes Fahren ist zwar ein großes Technologieversprechen der Auto- und Mobilitätsindustrie, die mit der Vision von weniger Unfällen, mehr Komfort und geringeren Fahrtkosten einhergeht. Allerdings fehlt bei breiten Bevölkerungsschichten noch die Akzeptanz für die Technologie“, sagt Studienleiter Stefan Bratzel. Er rät Unternehmen aus der Automobilbranche, künftig einerseits stärker den Kundennutzen dieser Innovationen zu adressieren und andererseits durch Transparenz und Heranführung an die Technologie die Skeptiker einzufangen. „Große Teile der jungen Generation erscheinen sehr empfänglich und können als Wortführer und Unterstützer gewonnen werden“, so Bratzel.
Die vorliegenden Auswertungen sind erste Ergebnisse des Mobility Services Report 2022 (MSR), der gesamthaft im November vorgestellt werden soll. Darin sollen sich u.a. weitere Ergebnisse der Entwicklungstrends des autonomen Fahrens und dessen Akzeptanz in der Bevölkerung wiederfinden.
Quelle: CAM – Pressemitteilung vom 01.08.2022