Mercedes-Benz Trucks geht frühzeitig in die Praxiserprobung seines batterieelektrischen schweren Fernverkehrs-Lkw. Der Versandriese Amazon und das Logistikunternehmen Rhenus wollen den eActros LongHaul schon ab 2023 im Realbetrieb testen, so der Nutzfahrzeughersteller in einer aktuellen Mitteilung. Die beiden Unternehmen haben dafür jeweils eine Absichtserklärung mit Mercedes-Benz Trucks unterzeichnet.
Der E-Lkw beim Logistikdienstleister Rhenus werde in vielen unterschiedlichen Geschäftsfeldern zum Einsatz kommen, um möglichst vielfältige Erfahrungen sammeln zu können. Hierzu soll das Fahrzeug unter anderem im Transport von Seecontainern und mit einem Planen-Auflieger auf seine Funktionalität und Einsatztauglichkeit im Alltag getestet werden. Erste Prototypen des E-Lkw durchlaufen bereits intensive Tests und noch in diesem Jahr wird der eActros LongHaul auch auf öffentlichen Straßen erprobt. Die Serienreife ist für das Jahr 2024 geplant.
Der eActros LongHaul soll mit einer Batterieladung über eine Reichweite von etwa 500 Kilometer verfügen und das Hochleistungsladen ermöglichen – das sogenannte Megawatt-Charging. Ein „Konzept-Prototyp“ des eActros LongHaul werde das Messe-Highlight von Mercedes-Benz Trucks auf der diesjährigen IAA Transportation im September in Hannover sein, teilt der Hersteller mit.
„Wie bei all unseren E-Trucks setzen wir auch beim eActros LongHaul auf frühzeitige Praxistests bei Kunden. So können unsere Ingenieure die wertvollen Erkenntnisse aus dem Realbetrieb – insbesondere auch im Hinblick auf das Hochleistungsladen – direkt in die Entwicklung des Serienfahrzeugs einfließen lassen. Wir freuen uns sehr über die geplanten Partnerschaften mit Amazon und Rhenus.“ – Michael Scheib, Leiter Produktmanagement Mercedes-Benz Trucks
„Amazon hat sich dazu verpflichtet, bis 2040 im gesamten Unternehmen CO2-neutral zu werden, also Netto-Null. Der Transportbereich ist zentral auf diesem Weg“, sagt Andreas Marschner, Vice President, Amazon Transportation Services. Wegen der bestehenden Reichweitenbeschränkungen von Batterien sei der Ladeprozess hierbei eine zentrale Herausforderung, die angegangen werden muss. „Der Aufbau von Lösungen zum Hochleistungsladen ist ein vielversprechender Ansatz und wir freuen uns, ihn gemeinsam mit unseren Partnern zu testen“, so Marschner.
„Natürlich bildet das sogenannte Depot-Laden die Basis für den Einsatz batterieelektrischer Nutzfahrzeuge“, erklärt Sascha Hähnke, Geschäftsführer Rhenus Transport. „Aber wenn wir in Deutschland zukünftig deutlich höhere Stückzahlen flächendeckend und vor allem auch auf weiteren Distanzen einsetzen wollen, werden wir jede weitere Ladealternative nutzen müssen. Und dazu gehört selbstverständlich auch das Hochleistungsladen unterwegs und im besten Fall in den gesetzlich festgelegten Ruhezeiten. Nur so können optimale Kapazitätsauslastungen der Lkw erreicht werden.“
Praxiseinsatz Teil des Projekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“
Amazon und Rhenus planen den eActros LongHaul als Teil des Versuchsprojekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (HoLa) unter der Schirmherrschaft des VDA zu testen. Ziel von HoLa ist der Aufbau, Betrieb und die wissenschaftliche Begleitung einer Hochleistungs-Ladeinfrastruktur für den batterieelektrischen Fernverkehr. Am Projekt sind neben Daimler Truck weitere Konsortialpartner aus Industrie und Forschung beteiligt.
An mehreren Standorten entlang der A2 zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen werden dafür zunächst CCS-Ladesäulen installiert. Im weiteren Projektverlauf sollen die Standorte mit Ladesäulen ausgestattet werden, die das Megawatt-Charging-System (MCS) unterstützen. Daimler Truck ist umfassend beteiligt an der Entwicklung des neuen MCS-Ladestandards als aktives Mitglied von CharIN – dem globalen Verband für die Standardisierung von Ladeinfrastruktur.
Die Ladepunkte von HoLa sollen an mehreren Standorten entlang der A2 installiert werden. Diese befinden sich sowohl direkt an der Autobahn als auch in Logistikzentren. So kann das System unter realen Bedingungen getestet und authentische Nutzungserfahrungen gesammelt werden. Ein Fokus liegt bei der Erprobung auf dem Schnellladen von E-Lkw: Die batterieelektrischen Fahrzeuge sollen innerhalb der gesetzlichen Pausenzeit von 45 Minuten mit hoher Leistung geladen werden können.
Kundenfahrerprobung integraler Bestandteil bei der Entwicklung von E-Lkw
Im gesamten Projektzeitraum werde ein auf Kundenfahrerprobung spezialisiertes Team von Mercedes-Benz Trucks die Kunden begleiten. Die E-Lkw-Fahrer erhalten eine umfangreiche Einweisung für den Umgang mit Fahrzeug und Ladesystem. In Form von regelmäßigen Interviews und Fragebögen sollen die Rückmeldungen der Fahrer konsolidiert und für die Weiterentwicklung der Prototypen und der Ladetechnologie ausgewertet werden. Außerdem werden Messinstrumente in die E-Lkw eingebaut, die während der Fahrt Daten erheben und sie an Mercedes-Benz Trucks zur Auswertung übermitteln. Ausgewählte Daten sollen im Anschluss beteiligten Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.
Der eActros LongHaul für den lokal CO2-neutralen Fernverkehr
Im eActros LongHaul kommen Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Zelltechnologie (LFP) zum Einsatz. Diese zeichnen sich vor allem durch eine hohe Lebensdauer und mehr nutzbare Energie aus. Die hohe Reichweite mit einer Batterie-Aufladung in Verbindung mit dem Megawatt-Laden soll Gesamtreichweiten auf dem Niveau konventioneller Lkw und damit den Einsatz im Zweischichtbetrieb ermöglichen. Die Batterien des eActros LongHaul lassen sich in der Serie an einer Ladesäule mit etwa einem Megawatt Leistung in deutlich unter 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufladen.
Das Fahrzeug zeichne sich zudem durch einen ausbalancierten Antrieb für ein angenehmes Fahrerlebnis aus. Darüber hinaus verfügt der eActros LongHaul über zahlreiche Sicherheitsinnovationen des Herstellers. Kern des Konzepts von Mercedes-Benz Trucks für den batterieelektrischen Fernverkehr ist, Kunden eine gesamtheitliche Transportlösung aus Fahrzeugtechnologie, Beratung, Ladeinfrastruktur und Services zu bieten. Der eActros LongHaul soll so für Kunden die richtige Wahl in Sachen Profitabilität, Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit sein.
Quelle: Mercedes-Benz – Pressemitteilung vom 15.09.2022