Geschäftsführer von ABB E-mobility in Deutschland Michael Bültmann sieht ultraschnelles Laden nicht als Schlüssel für die Akzeptanz von Elektroautos. Im Interview mit Edison macht er deutlich, dass es vielmehr um das Gesamtsystem gehe. „Viel wichtiger ist das Ökosystem: Vehicle-to-Grid, intelligente Ladeparks, Zwischenspeicher. Das ist relevanter, als das Elektroauto drei Sekunden schneller zu laden“, betont er.
ABB E-mobility setze daher auf Zuverlässigkeit, Nutzerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Besonders im Schwerlastverkehr sieht Bültmann erhebliches Potenzial. Elektro-Lkw von MAN, Daimler Truck, Scania oder Volvo seien technisch weit entwickelt und könnten mit dem Megawatt-Charging-System in etwa 30 Minuten vollständig geladen werden. „E-Lkw haben einen etwas höheren Preispunkt, das ist schon klar. Aber wenn Sie die gesamten Kosten betrachten, inklusive Förderung bis hin zum Mautentfall, rechnet sich das für Speditionen durchaus schon heute“, erklärt er.
Um diesen Wandel zu ermöglichen, liefert ABB die passende Ladeinfrastruktur – sowohl für den Güterfernverkehr als auch für den öffentlichen Nahverkehr. Parallel setzt das Unternehmen auf modulare Lösungen im Pkw-Bereich. Während Wettbewerber wie Alpitronic im deutschen Schnellladenetz sichtbarer seien, verweist Bültmann auf internationale Projekte, etwa den Ladepark in Long Beach, Kalifornien, mit 40 ABB-Schnellladern des Typs A400. Für ihn geht es darum, Ladeangebote dorthin zu bringen, wo Menschen ohnehin unterwegs sind: „Wer möchte schon nachts ins Industriegebiet fahren müssen, um Strom zu ziehen? Viel charmanter ist es doch, beim Einkaufen oder Arztbesuch zu laden.“
Ein weiteres Problem sieht Bültmann in der Intransparenz der Ladekosten. Zwar könnten ABB-Geräte Tarife bereits beim Anstecken anzeigen, doch „nicht jeder hat ein Interesse daran, diese Preistransparenz zu zeigen“. Auch Kabeldiebstahl werde zunehmend zu einem Ärgernis, weshalb ABB an verstärkten Leitungen arbeite.
Zur oft kritisierten Störanfälligkeit von Ladepunkten nennt Bültmann mehrere Ursachen wie Netzschwankungen, Softwareprobleme oder Bedienfehler. Grundsätzlich steige die Zuverlässigkeit jedoch, wenn alte Anlagen ersetzt werden. „Wichtig ist, alte 50-kW-Säulen nicht künstlich am Leben zu halten, sondern Investitionen in moderne Technik vorzunehmen“, so der ABB-Manager.
Von der Politik fordert Bültmann vor allem Verlässlichkeit. Mit Blick auf das geplante Verbrenner-Aus 2035 warnt er vor wechselnden Kursen: „Unsicherheit ist das Schlimmste für Investitionen. Dieses Zickzack, das wir gerade erleben, ist komplett schädlich.“
Quelle: edison – „Wir brauchen klare Rahmenbedingungen für die Elektromobilität“